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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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Raddampfer die Schaufelräder oder das Mittel der Bewegung sich über dem
Wasser, und zwar je eines aus jeder Flanke oder Langseite des Schiffes be¬
findet, während beim Schraubendampfcr das Triebinstrument zumeist unter
der Wasserfläche, und zwar am Hintertheil des Fahrzeugs angebracht ist.
Durch jenes Arrangement wird der Naddampfer behindert, seine Artillerie auf
den langen Schiffsseiten zu entwickeln, nicht sowol darum, weil der hierzu
nothwendige Raum durch die Schaufelräder und Radkasten hinweggenommen
wird, denn eS geht dadurch nur ein Theil verloren, als vielmehr: weil die
Rücksichtnahme aus die Sicherung deS bewegenden Mechanismus
es unrathsam macht, dem Feinde im Gefecht eine Schisfsflanke
zuzuwenden. Im Gegensatz zu Back- und Steuerbord sind Vorder- und
Hintertheil (Bug und Spiegel oder Stern) die Theile des Schiffs, welche
seine schwere Bewaffnung tragen. Dadurch entstand ein in Bezug aus
andere Fahrzeuge durchaus umgekehrtes taktisches Verhältniß.
Während sonst die Flanken die starken Seiten eines Kriegsschiffs bezeichnen,
und Bug und Spiegel seine schwachen, sind beim Raddampfer die letzteren
zum Angriff und zur Vertheidigung bestimmt, Back- und Steuerbord aber sucht
man dem Feind zu entziehen. Fahrzeuge, deren Hauptbewaffnung auf den
Flanken vertheilt ist, fürchten aus guten Gründen dem Gegner Bug oder
Spiegel zuzuwenden, weil sie in dieser Position von ihren eigenen Wehr¬
mitteln den geringsten Gebrauch machen können und weil diese Lage sie einem
der Länge nach bestreichenben Feuer aussetzt, wobei ein und dasselbe Geschoß
mehre Geschütze zugleich bemontiren und eine zahlreichere Mannschaft außer
Gefecht setzen kann. Der Raddampfer dagegen hat nichts mehr zu
fürchten, als bewegungslos zu werden, was am ehesten geschehen
wird, wenn ihm durch ein aus seine Flanken gerichtetes Feuer die Schaufel¬
räder zerschossen werden oder Kugeln in den Maschinenraum einschlagen. Das
Enfiladefeuer fürchtet er dagegen weniger, weil die Räder von der Längen-
richtung her gesehen weniger Trefffläche bieten, und außerdem die Kohlenräume
der Art disponirt werden, .daß sie die Maschine gegen Feuer von hinten und
vorn ziemlich sicher stellen.

Diese Umstände, welche dem Naddampfer ein durchaus eigenthümliches
Verfahren beim Einzelkampfe vorschreiben, veranlassen auch, daß er sich im
Massenkampf nicht als ein integrirendes Glied der Schlachtlinie verwenden
läßt d. h. in der Schlacht nicht in Reihe und Glied gestellt werden
kann. -- Das Bedürfniß, Bug und Spiegel dem Gegner zu entziehen, um
sich nicht dem Feuer der Länge nach bloszustellen, haben nämlich die Kriegs¬
schiffe nicht nur beim Einzelkampfe, sondern auch in der Schlacht. Man wußte
von jeher, daß demselben nur entsprochen weiden könne, indem man ein Schiff
hinter das andere stellt und zwar der Art, daß der Bug des nachfolgenden hinter


Raddampfer die Schaufelräder oder das Mittel der Bewegung sich über dem
Wasser, und zwar je eines aus jeder Flanke oder Langseite des Schiffes be¬
findet, während beim Schraubendampfcr das Triebinstrument zumeist unter
der Wasserfläche, und zwar am Hintertheil des Fahrzeugs angebracht ist.
Durch jenes Arrangement wird der Naddampfer behindert, seine Artillerie auf
den langen Schiffsseiten zu entwickeln, nicht sowol darum, weil der hierzu
nothwendige Raum durch die Schaufelräder und Radkasten hinweggenommen
wird, denn eS geht dadurch nur ein Theil verloren, als vielmehr: weil die
Rücksichtnahme aus die Sicherung deS bewegenden Mechanismus
es unrathsam macht, dem Feinde im Gefecht eine Schisfsflanke
zuzuwenden. Im Gegensatz zu Back- und Steuerbord sind Vorder- und
Hintertheil (Bug und Spiegel oder Stern) die Theile des Schiffs, welche
seine schwere Bewaffnung tragen. Dadurch entstand ein in Bezug aus
andere Fahrzeuge durchaus umgekehrtes taktisches Verhältniß.
Während sonst die Flanken die starken Seiten eines Kriegsschiffs bezeichnen,
und Bug und Spiegel seine schwachen, sind beim Raddampfer die letzteren
zum Angriff und zur Vertheidigung bestimmt, Back- und Steuerbord aber sucht
man dem Feind zu entziehen. Fahrzeuge, deren Hauptbewaffnung auf den
Flanken vertheilt ist, fürchten aus guten Gründen dem Gegner Bug oder
Spiegel zuzuwenden, weil sie in dieser Position von ihren eigenen Wehr¬
mitteln den geringsten Gebrauch machen können und weil diese Lage sie einem
der Länge nach bestreichenben Feuer aussetzt, wobei ein und dasselbe Geschoß
mehre Geschütze zugleich bemontiren und eine zahlreichere Mannschaft außer
Gefecht setzen kann. Der Raddampfer dagegen hat nichts mehr zu
fürchten, als bewegungslos zu werden, was am ehesten geschehen
wird, wenn ihm durch ein aus seine Flanken gerichtetes Feuer die Schaufel¬
räder zerschossen werden oder Kugeln in den Maschinenraum einschlagen. Das
Enfiladefeuer fürchtet er dagegen weniger, weil die Räder von der Längen-
richtung her gesehen weniger Trefffläche bieten, und außerdem die Kohlenräume
der Art disponirt werden, .daß sie die Maschine gegen Feuer von hinten und
vorn ziemlich sicher stellen.

Diese Umstände, welche dem Naddampfer ein durchaus eigenthümliches
Verfahren beim Einzelkampfe vorschreiben, veranlassen auch, daß er sich im
Massenkampf nicht als ein integrirendes Glied der Schlachtlinie verwenden
läßt d. h. in der Schlacht nicht in Reihe und Glied gestellt werden
kann. — Das Bedürfniß, Bug und Spiegel dem Gegner zu entziehen, um
sich nicht dem Feuer der Länge nach bloszustellen, haben nämlich die Kriegs¬
schiffe nicht nur beim Einzelkampfe, sondern auch in der Schlacht. Man wußte
von jeher, daß demselben nur entsprochen weiden könne, indem man ein Schiff
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[0480] Raddampfer die Schaufelräder oder das Mittel der Bewegung sich über dem Wasser, und zwar je eines aus jeder Flanke oder Langseite des Schiffes be¬ findet, während beim Schraubendampfcr das Triebinstrument zumeist unter der Wasserfläche, und zwar am Hintertheil des Fahrzeugs angebracht ist. Durch jenes Arrangement wird der Naddampfer behindert, seine Artillerie auf den langen Schiffsseiten zu entwickeln, nicht sowol darum, weil der hierzu nothwendige Raum durch die Schaufelräder und Radkasten hinweggenommen wird, denn eS geht dadurch nur ein Theil verloren, als vielmehr: weil die Rücksichtnahme aus die Sicherung deS bewegenden Mechanismus es unrathsam macht, dem Feinde im Gefecht eine Schisfsflanke zuzuwenden. Im Gegensatz zu Back- und Steuerbord sind Vorder- und Hintertheil (Bug und Spiegel oder Stern) die Theile des Schiffs, welche seine schwere Bewaffnung tragen. Dadurch entstand ein in Bezug aus andere Fahrzeuge durchaus umgekehrtes taktisches Verhältniß. Während sonst die Flanken die starken Seiten eines Kriegsschiffs bezeichnen, und Bug und Spiegel seine schwachen, sind beim Raddampfer die letzteren zum Angriff und zur Vertheidigung bestimmt, Back- und Steuerbord aber sucht man dem Feind zu entziehen. Fahrzeuge, deren Hauptbewaffnung auf den Flanken vertheilt ist, fürchten aus guten Gründen dem Gegner Bug oder Spiegel zuzuwenden, weil sie in dieser Position von ihren eigenen Wehr¬ mitteln den geringsten Gebrauch machen können und weil diese Lage sie einem der Länge nach bestreichenben Feuer aussetzt, wobei ein und dasselbe Geschoß mehre Geschütze zugleich bemontiren und eine zahlreichere Mannschaft außer Gefecht setzen kann. Der Raddampfer dagegen hat nichts mehr zu fürchten, als bewegungslos zu werden, was am ehesten geschehen wird, wenn ihm durch ein aus seine Flanken gerichtetes Feuer die Schaufel¬ räder zerschossen werden oder Kugeln in den Maschinenraum einschlagen. Das Enfiladefeuer fürchtet er dagegen weniger, weil die Räder von der Längen- richtung her gesehen weniger Trefffläche bieten, und außerdem die Kohlenräume der Art disponirt werden, .daß sie die Maschine gegen Feuer von hinten und vorn ziemlich sicher stellen. Diese Umstände, welche dem Naddampfer ein durchaus eigenthümliches Verfahren beim Einzelkampfe vorschreiben, veranlassen auch, daß er sich im Massenkampf nicht als ein integrirendes Glied der Schlachtlinie verwenden läßt d. h. in der Schlacht nicht in Reihe und Glied gestellt werden kann. — Das Bedürfniß, Bug und Spiegel dem Gegner zu entziehen, um sich nicht dem Feuer der Länge nach bloszustellen, haben nämlich die Kriegs¬ schiffe nicht nur beim Einzelkampfe, sondern auch in der Schlacht. Man wußte von jeher, daß demselben nur entsprochen weiden könne, indem man ein Schiff hinter das andere stellt und zwar der Art, daß der Bug des nachfolgenden hinter

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/480>, abgerufen am 22.07.2024.