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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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kommen, habe sich auch mit bologneser Waare "überläuft;" auf den möge
er nicht warten. Da Mr. Jones nach abgeschlossenen Handel die Maske
doch fallen lassen wird, fügt er hinzu, Lord P.'s Drainageanlage in Susser
hätte ihm ohnehin zu große Summen festgelegt, er habe Ursache zusammen¬
zuhalten.

Nach vielem Hin- und Herreden, wobei der Lord Gelegenheit findet, ein
Gebot von 1000 Pfd. Sterling auch dann noch als sehr rund zu bezeichnen,
wenn nicht alles sich genau so wie besprochen, verhalte, nach Einwänden
aller Art von Seiten des Antiquars, zahlt der Engländer 1000 Pfd. Sterling
a>/s den Tisch, und die sämmtlichen Kisten, geöffnet oder nicht geöffnet, wer¬
den wieder aufgeladen und zu dem Bankier der englischen Aristokratie ge¬
bracht, der für die weitere Beförderung sorgen wird.

Der Antiquar erscheint Tags darauf mit dem Scheine großer Entrüstung
bei dem Lord P., und als dieser sich willig zeigt, für, die gelungene Ueber-
listung eine billige Zulage zu bewilligen, läßt sich der Bilderhändler
weitere 100 Pfd. Sterling gefallen und scheidet mit der ausgesprochenen Hoff¬
nung, der Lord werde ihn bei weiteren Einkäufen glimpflicher behandeln.

Es ist uns leid, genöthigt zu sein, so viel weißes Papier für eine
so schmuzige Gesellschaft in Anspruch zu nehmen, zumal wir uns nicht ver¬
sprechen dürfen, daß die etwa durch solche Streiflichter Gewarnten durch
gesteigerte Erfindungen der Fälscher nicht auch in Zukunft hintergangen werden.

Soll es Sache der Behörde sein, über dieses Treiben wie über das in
schlechten Häusern zu wachen? In Rom? unter einem klerikalen Polizei¬
minister? Wir halten eS für ziemlich unmöglich.

So lange es Künstler in Menge gibt, denen die "himmlische Ruhe des
Ueberflusses" nur aus irdischen Dichtungen bekannt ist, und deren Unistände
es rechtfertigten, wenn sie wöchentlich oder gar täglich thäten, was Augustus
einmal im Jahre gethan haben soll: zur Versöhnung der Nemesis als Bettler
am Wege sitzen; so lange sehr Viele unter ihnen die ISO Scudi Jahresrente,
welche der Custode des Marc Aurelschen Reiterbildes nach altem Brauch em¬
pfängt, als das höchste Ziel ihrer Wünsche betrachten würden, so lange ihnen
das Unbegreiflichste alles Unbegreiflichen bleibt, daß je ein Künstler (?lau>vis!)
nicht für Geld zu malen brauchte; -- so lange, und das heißt so viel wie zu
allen Zeiten, wird es leider nicht an Händen fehlen, welche um des täglichen
Brotes willen ihre Kunst im Dienste von Betrügern verwerthen.

Die große Anzahl von schlauen Subjecten, welche etrurische Vasen,
Torsos aller Art, ja selbst Aschenkrüge mit falschen Knochen und Bruchstücke von
Sarkophagen aus dem Staube ihrer Werkstätten ans Licht fördern, werden wir
ein andermal besprechen. Im Allgemeinen gehen sie mit nicht weniger Ver¬
schlagenheit zu Werke. Freilich wo sie im statuairen Fache einmal etwas


kommen, habe sich auch mit bologneser Waare „überläuft;" auf den möge
er nicht warten. Da Mr. Jones nach abgeschlossenen Handel die Maske
doch fallen lassen wird, fügt er hinzu, Lord P.'s Drainageanlage in Susser
hätte ihm ohnehin zu große Summen festgelegt, er habe Ursache zusammen¬
zuhalten.

Nach vielem Hin- und Herreden, wobei der Lord Gelegenheit findet, ein
Gebot von 1000 Pfd. Sterling auch dann noch als sehr rund zu bezeichnen,
wenn nicht alles sich genau so wie besprochen, verhalte, nach Einwänden
aller Art von Seiten des Antiquars, zahlt der Engländer 1000 Pfd. Sterling
a>/s den Tisch, und die sämmtlichen Kisten, geöffnet oder nicht geöffnet, wer¬
den wieder aufgeladen und zu dem Bankier der englischen Aristokratie ge¬
bracht, der für die weitere Beförderung sorgen wird.

Der Antiquar erscheint Tags darauf mit dem Scheine großer Entrüstung
bei dem Lord P., und als dieser sich willig zeigt, für, die gelungene Ueber-
listung eine billige Zulage zu bewilligen, läßt sich der Bilderhändler
weitere 100 Pfd. Sterling gefallen und scheidet mit der ausgesprochenen Hoff¬
nung, der Lord werde ihn bei weiteren Einkäufen glimpflicher behandeln.

Es ist uns leid, genöthigt zu sein, so viel weißes Papier für eine
so schmuzige Gesellschaft in Anspruch zu nehmen, zumal wir uns nicht ver¬
sprechen dürfen, daß die etwa durch solche Streiflichter Gewarnten durch
gesteigerte Erfindungen der Fälscher nicht auch in Zukunft hintergangen werden.

Soll es Sache der Behörde sein, über dieses Treiben wie über das in
schlechten Häusern zu wachen? In Rom? unter einem klerikalen Polizei¬
minister? Wir halten eS für ziemlich unmöglich.

So lange es Künstler in Menge gibt, denen die „himmlische Ruhe des
Ueberflusses" nur aus irdischen Dichtungen bekannt ist, und deren Unistände
es rechtfertigten, wenn sie wöchentlich oder gar täglich thäten, was Augustus
einmal im Jahre gethan haben soll: zur Versöhnung der Nemesis als Bettler
am Wege sitzen; so lange sehr Viele unter ihnen die ISO Scudi Jahresrente,
welche der Custode des Marc Aurelschen Reiterbildes nach altem Brauch em¬
pfängt, als das höchste Ziel ihrer Wünsche betrachten würden, so lange ihnen
das Unbegreiflichste alles Unbegreiflichen bleibt, daß je ein Künstler (?lau>vis!)
nicht für Geld zu malen brauchte; — so lange, und das heißt so viel wie zu
allen Zeiten, wird es leider nicht an Händen fehlen, welche um des täglichen
Brotes willen ihre Kunst im Dienste von Betrügern verwerthen.

Die große Anzahl von schlauen Subjecten, welche etrurische Vasen,
Torsos aller Art, ja selbst Aschenkrüge mit falschen Knochen und Bruchstücke von
Sarkophagen aus dem Staube ihrer Werkstätten ans Licht fördern, werden wir
ein andermal besprechen. Im Allgemeinen gehen sie mit nicht weniger Ver¬
schlagenheit zu Werke. Freilich wo sie im statuairen Fache einmal etwas


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/46>, abgerufen am 22.07.2024.