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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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grade am Tage der Erstürmung der Bastille von Paris verließ. Unmittelbar
darauf wurde er Journalist und sah sich wahrend des SchreckensregimentS ver¬
anlaßt, um den Verfolgungen der Jakobiner zu entgehen, in die Armee ein¬
zutreten. Nach dem Frieden von Campo Formio wünschte er eine Anstellung
in der Diplomatie und wandte dazu ein Mittel an, das seiner Neuheit wegen
Aufzeichnung verdient. Er schickte nämlich an das Direktorium folgendes
Gedicht:


Kuno Le, i'Aison ein MVML pas
IZien raromont, mnrelienl onskmblo,
I^t i'i-!>neIic!MviN je no croi" pi>"
I^i'Lii moi le Kussrä los i-.issvmblo;
U>us puiscju'it nine los "epurvr,
Jo gurclo "tu moins I" (lernikre.
D-mei I'emploi i^no ,j'i>8(! ospörvi',
^'est eile c^ni oft noeLssuire.
^vt LMplol los riipproolior"
(8i vous snullreü ciuo ^o l'uttvnile) ^
(^'sse I" rime eini lo äsmanäL,
IZt I.i rsisvn lo rvmpllr".

DaS poetische Gesuch hatte den erwünschten Erfolg, da sich Bignon durch
seine persönlichen Eigenschaften ganz vorzüglich für die neue Laufbahn quali-
ficirte. Er verstand außer den classischen Sprachen Deutsch, Englisch, Italie¬
nisch und Spanisch, hatte sehr feine, einschmeichelnde Formen und eine durch¬
dringende Beobachtungsgabe. Zuerst wurde er als Geschäftsträger in die
Schweiz geschickt, dann nach acht Monaten nach Mailand, wo er dem Ver-
. lust dieser wichtigen Provinz beiwohnen mußte. Nach dem 18. Brumaire wurde
er Gesandter in Berlin, wo er sich drei Jahre aufhielt; nach seiner Aussage
die glücklichste Zeit seines Lebens. Haugwitz, ohnehin den Franzosen geneigt,
zog ihn ganz in sein Vertrauen, und an Vergnügungen fehlte es an einem
Hofe auch nicht, wo trotz aller Reformen sich die Erinnerungen an die lustige
Zeit Friedrich Wilhelms II. doch immer noch erhalten hatten. In den Jahren
1802 bis 1808 war er in Kassel und Karlsruhe beschäftigt, und von ihm
ging zuerst die Idee des Rheinbunds aus. Dann während der militärischen
Occupation Oestreichs und Preußens wurde er zum Generalverwalter der
Finanzen dieser Länder ernannt und entledigte sich dieses Auftrags in so ge¬
mäßigten Formen, als die napoleonische Brutalität nur irgend zulassen wollte.
Ein sehr bedenklicher Posten war seit 1811 die Stelle eines Gesandten in
Warschau; doch wußte er geschickt genug zu laviren, bis sein Nachfolger, der
voreilige Abb" de Prabt, alles verdarb. Während der Erhebung des deutschen
Volks wurde er in Dresden eingeschlossen und eine Zeitlang gefangen ge¬
halten. Nach dem ersten pariser Frieden veröffentlichte er im December 181L


grade am Tage der Erstürmung der Bastille von Paris verließ. Unmittelbar
darauf wurde er Journalist und sah sich wahrend des SchreckensregimentS ver¬
anlaßt, um den Verfolgungen der Jakobiner zu entgehen, in die Armee ein¬
zutreten. Nach dem Frieden von Campo Formio wünschte er eine Anstellung
in der Diplomatie und wandte dazu ein Mittel an, das seiner Neuheit wegen
Aufzeichnung verdient. Er schickte nämlich an das Direktorium folgendes
Gedicht:


Kuno Le, i'Aison ein MVML pas
IZien raromont, mnrelienl onskmblo,
I^t i'i-!>neIic!MviN je no croi« pi>«
I^i'Lii moi le Kussrä los i-.issvmblo;
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Jo gurclo «tu moins I» (lernikre.
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DaS poetische Gesuch hatte den erwünschten Erfolg, da sich Bignon durch
seine persönlichen Eigenschaften ganz vorzüglich für die neue Laufbahn quali-
ficirte. Er verstand außer den classischen Sprachen Deutsch, Englisch, Italie¬
nisch und Spanisch, hatte sehr feine, einschmeichelnde Formen und eine durch¬
dringende Beobachtungsgabe. Zuerst wurde er als Geschäftsträger in die
Schweiz geschickt, dann nach acht Monaten nach Mailand, wo er dem Ver-
. lust dieser wichtigen Provinz beiwohnen mußte. Nach dem 18. Brumaire wurde
er Gesandter in Berlin, wo er sich drei Jahre aufhielt; nach seiner Aussage
die glücklichste Zeit seines Lebens. Haugwitz, ohnehin den Franzosen geneigt,
zog ihn ganz in sein Vertrauen, und an Vergnügungen fehlte es an einem
Hofe auch nicht, wo trotz aller Reformen sich die Erinnerungen an die lustige
Zeit Friedrich Wilhelms II. doch immer noch erhalten hatten. In den Jahren
1802 bis 1808 war er in Kassel und Karlsruhe beschäftigt, und von ihm
ging zuerst die Idee des Rheinbunds aus. Dann während der militärischen
Occupation Oestreichs und Preußens wurde er zum Generalverwalter der
Finanzen dieser Länder ernannt und entledigte sich dieses Auftrags in so ge¬
mäßigten Formen, als die napoleonische Brutalität nur irgend zulassen wollte.
Ein sehr bedenklicher Posten war seit 1811 die Stelle eines Gesandten in
Warschau; doch wußte er geschickt genug zu laviren, bis sein Nachfolger, der
voreilige Abb« de Prabt, alles verdarb. Während der Erhebung des deutschen
Volks wurde er in Dresden eingeschlossen und eine Zeitlang gefangen ge¬
halten. Nach dem ersten pariser Frieden veröffentlichte er im December 181L


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[0437] grade am Tage der Erstürmung der Bastille von Paris verließ. Unmittelbar darauf wurde er Journalist und sah sich wahrend des SchreckensregimentS ver¬ anlaßt, um den Verfolgungen der Jakobiner zu entgehen, in die Armee ein¬ zutreten. Nach dem Frieden von Campo Formio wünschte er eine Anstellung in der Diplomatie und wandte dazu ein Mittel an, das seiner Neuheit wegen Aufzeichnung verdient. Er schickte nämlich an das Direktorium folgendes Gedicht: Kuno Le, i'Aison ein MVML pas IZien raromont, mnrelienl onskmblo, I^t i'i-!>neIic!MviN je no croi« pi>« I^i'Lii moi le Kussrä los i-.issvmblo; U>us puiscju'it nine los «epurvr, Jo gurclo «tu moins I» (lernikre. D-mei I'emploi i^no ,j'i>8(! ospörvi', ^'est eile c^ni oft noeLssuire. ^vt LMplol los riipproolior» (8i vous snullreü ciuo ^o l'uttvnile) ^ (^'sse I» rime eini lo äsmanäL, IZt I.i rsisvn lo rvmpllr». DaS poetische Gesuch hatte den erwünschten Erfolg, da sich Bignon durch seine persönlichen Eigenschaften ganz vorzüglich für die neue Laufbahn quali- ficirte. Er verstand außer den classischen Sprachen Deutsch, Englisch, Italie¬ nisch und Spanisch, hatte sehr feine, einschmeichelnde Formen und eine durch¬ dringende Beobachtungsgabe. Zuerst wurde er als Geschäftsträger in die Schweiz geschickt, dann nach acht Monaten nach Mailand, wo er dem Ver- . lust dieser wichtigen Provinz beiwohnen mußte. Nach dem 18. Brumaire wurde er Gesandter in Berlin, wo er sich drei Jahre aufhielt; nach seiner Aussage die glücklichste Zeit seines Lebens. Haugwitz, ohnehin den Franzosen geneigt, zog ihn ganz in sein Vertrauen, und an Vergnügungen fehlte es an einem Hofe auch nicht, wo trotz aller Reformen sich die Erinnerungen an die lustige Zeit Friedrich Wilhelms II. doch immer noch erhalten hatten. In den Jahren 1802 bis 1808 war er in Kassel und Karlsruhe beschäftigt, und von ihm ging zuerst die Idee des Rheinbunds aus. Dann während der militärischen Occupation Oestreichs und Preußens wurde er zum Generalverwalter der Finanzen dieser Länder ernannt und entledigte sich dieses Auftrags in so ge¬ mäßigten Formen, als die napoleonische Brutalität nur irgend zulassen wollte. Ein sehr bedenklicher Posten war seit 1811 die Stelle eines Gesandten in Warschau; doch wußte er geschickt genug zu laviren, bis sein Nachfolger, der voreilige Abb« de Prabt, alles verdarb. Während der Erhebung des deutschen Volks wurde er in Dresden eingeschlossen und eine Zeitlang gefangen ge¬ halten. Nach dem ersten pariser Frieden veröffentlichte er im December 181L

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/437>, abgerufen am 22.07.2024.