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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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nahm Fauriel auch hier eine wichtige Stellung in der Geschichte der franzö¬
sischen Literatur ein, indem er die philosophischen Studien von ihrer dogmati¬
schen Richtung zur historischen Betrachtungsweise überlenkte. Sehr genauen
Verkehr hatte er damals mit Destutt de Tracy und mit Baggesen,
dessen Parthenais er 1810 geschmackvoll übersetzte. Nicht weniger lebhaft war
sein Verkehr mit den italienischen Gelehrten und Dichtern. So wurde Man-
zoni von ihm zuerst angeregt und ermuntert, und Ginguenö in seiner Litera¬
turgeschichte Italiens (1812) stützte sich zum Theil auf das umfassende Wissen
seines gelehrten Freundes. In derselben Zeit studirte er zugleich das Arabische
bei Sylvester de Sacy und das Sanskrit bei Hamilton, gemeinschaft¬
lich mit Schlegel. Alle diese Jahre kann man als Vorbereitungsstudien be¬
trachten. Er hat es als die Hauptaufgabe seines Lebens betrachtet, die Ur¬
sprünge der Dinge zu erforschen, namentlich auf dem Gebiet der Sprache,
zuerst langsam und allmäliz zu lernen und in allen Zweigen der Linguistik
festzustehen, ehe er daran ging, sich ein bestimmtes System zu bilden; doch
war ihm die Sprache nicht, wie bei den deutschen Gelehrten derselben Art,
der letzte Zweck, sondern nur das Mittel, die Geschichte bis in ihre letzten
Gründe zu erforschen.

Im Anfang der 20er Jahre beginnt, zum Theil durch Manzoni herbeigeführt,
der enge Verkehr mit Cousin und Th ierry, mit welchem letztern er jetzt eine
große Zahl von Studien gemeinschaftlich trieb, da beide auch in Bezug auf die
Kunst der Geschichtschreibung von denselben Ideen ausgingen. Der Tod der Frau
von Condorcet, 1822, brachte in sein Leben eine große Lücke. Er reiste
auf zwei Jahre nach Italien, nachdem er vorher die Tragödien Manzonis
übersetzt. Nach seiner Rückkehr gab er 1824 die Lliants populaires <le 1a
KrczLS rrwäerne heraus; eine Arbeit, wozu er durch seinen Verkehr mit den
neugriechischen Gelehrten angelegt war, und die auf die junge Poesie Frank¬
reichs einen entscheidenden Einfluß ausübte. Es galt damals, sich der
akademischen Regel zu entziehen und in dem Streben nach Natur und Wahr¬
heit denselben Weg durchzumachen, in dem die Engländer und Deutschen den
Franzosen vorangegangen waren. Was der ästhetische Sinn allein nicht durch¬
setzte, ergänzte das politische Interesse, und die Sympathie für die Griechen
unterstützte den poetischen Eindruck dieser dreisten Räubergesänge, in denen
sich die zarteste Empfindung auf eine sonderbare Messe mit barbarischer Wild¬
heit vermählt. Was man bei einem stillen Gelehrten nicht voraussetzen sollte,
Fauriel war eifrig beschäftigt, für seine Ideen Propaganda zu machen, und
Männer wie Merimve, Ampere und die andern jungen Reformatoren erhielten
durch ihn ihre Richtung. In der Vorrede zu seinen Volksgesängen sprach er
sich über das Wesen der Poesie nicht anders aus als Herder: Lntrs les arts
yui out pour oHkl. 1'imiwtion 6e la naturf, la po^sie a ceo cle partieuULr


nahm Fauriel auch hier eine wichtige Stellung in der Geschichte der franzö¬
sischen Literatur ein, indem er die philosophischen Studien von ihrer dogmati¬
schen Richtung zur historischen Betrachtungsweise überlenkte. Sehr genauen
Verkehr hatte er damals mit Destutt de Tracy und mit Baggesen,
dessen Parthenais er 1810 geschmackvoll übersetzte. Nicht weniger lebhaft war
sein Verkehr mit den italienischen Gelehrten und Dichtern. So wurde Man-
zoni von ihm zuerst angeregt und ermuntert, und Ginguenö in seiner Litera¬
turgeschichte Italiens (1812) stützte sich zum Theil auf das umfassende Wissen
seines gelehrten Freundes. In derselben Zeit studirte er zugleich das Arabische
bei Sylvester de Sacy und das Sanskrit bei Hamilton, gemeinschaft¬
lich mit Schlegel. Alle diese Jahre kann man als Vorbereitungsstudien be¬
trachten. Er hat es als die Hauptaufgabe seines Lebens betrachtet, die Ur¬
sprünge der Dinge zu erforschen, namentlich auf dem Gebiet der Sprache,
zuerst langsam und allmäliz zu lernen und in allen Zweigen der Linguistik
festzustehen, ehe er daran ging, sich ein bestimmtes System zu bilden; doch
war ihm die Sprache nicht, wie bei den deutschen Gelehrten derselben Art,
der letzte Zweck, sondern nur das Mittel, die Geschichte bis in ihre letzten
Gründe zu erforschen.

Im Anfang der 20er Jahre beginnt, zum Theil durch Manzoni herbeigeführt,
der enge Verkehr mit Cousin und Th ierry, mit welchem letztern er jetzt eine
große Zahl von Studien gemeinschaftlich trieb, da beide auch in Bezug auf die
Kunst der Geschichtschreibung von denselben Ideen ausgingen. Der Tod der Frau
von Condorcet, 1822, brachte in sein Leben eine große Lücke. Er reiste
auf zwei Jahre nach Italien, nachdem er vorher die Tragödien Manzonis
übersetzt. Nach seiner Rückkehr gab er 1824 die Lliants populaires <le 1a
KrczLS rrwäerne heraus; eine Arbeit, wozu er durch seinen Verkehr mit den
neugriechischen Gelehrten angelegt war, und die auf die junge Poesie Frank¬
reichs einen entscheidenden Einfluß ausübte. Es galt damals, sich der
akademischen Regel zu entziehen und in dem Streben nach Natur und Wahr¬
heit denselben Weg durchzumachen, in dem die Engländer und Deutschen den
Franzosen vorangegangen waren. Was der ästhetische Sinn allein nicht durch¬
setzte, ergänzte das politische Interesse, und die Sympathie für die Griechen
unterstützte den poetischen Eindruck dieser dreisten Räubergesänge, in denen
sich die zarteste Empfindung auf eine sonderbare Messe mit barbarischer Wild¬
heit vermählt. Was man bei einem stillen Gelehrten nicht voraussetzen sollte,
Fauriel war eifrig beschäftigt, für seine Ideen Propaganda zu machen, und
Männer wie Merimve, Ampere und die andern jungen Reformatoren erhielten
durch ihn ihre Richtung. In der Vorrede zu seinen Volksgesängen sprach er
sich über das Wesen der Poesie nicht anders aus als Herder: Lntrs les arts
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/434>, abgerufen am 22.12.2024.