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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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nicht respettwidrig gegen das Monument aufführen. Du mußt auch Schiffe
darauf machen, die mit vollen Segeln fahren, und mich selbst auf einer Tri¬
bune sitzend, prächtig angethan, an jedem Finger einen goldnen Ring, wie
ich aus dem Beutel Geld unter die Leute streue; du weißt doch, daß bei dem
großen Schmause, den ich gab, Mann für Mann zwei Denar bekam. Auch
Tische mit den Essenden sollen dabei gesetzt werden, denke ich, und die ganze
Bürgerschaft, wie sie sich gütlich thut. Mir zur Rechten soll meine Frau For-
tunata in Lebensgröße zu stehn kommen, mit einer Taube in der Hand, und
ein Hündchen kann sie am Bande halten; auch mein kleiner Cicero soll dabei
sein; dann hübsch große Weinkrüge, aber wohl verpicht, daß der Wein nicht
herausläuft; und dann kannst du noch eine zerbrochene Urne machen und
einen kleinen greinenden Jungen daneben. In der Mitte muß ein Stunden-
zeiaer sein, damit jeder, der nach der Uhr steht, meinen Namen gar nicht
übersehen kann. Nun noch die Inschrift! Laß sehn, ob folgende wol gut genug
ist: "Hier ruht H. Pompejus Trimalchio. Er ist während seiner Abwesenheit
in den Vorstand der Augustalen gewählt worden. Er war brav und reell. Er
hat klein angefangen und hat es weit gebracht. Zwei Millionen hat er hinter¬
lassen und niemals einen Philosophen gehört. Wandrer, der du dies liesest,
lebe wohl."

So sonderbar dies Monument nach heutigen Begriffen erscheint, so ist eS
doch sehr wahrscheinlich, daß Petron auch hier im Ganzen der Wirklichkeit gemäß
geschildert hat. Die Größe des von Trimalchio bestimmten Begräbnißplatzes dürfte
bei einem so reichen Manne nicht einmal auffallend gewesen sein, auch waren
gartenartige BePflanzungen der Begräbnißplätze nicht selten, und selbst die
Erbauung eines Wächterhäuschens, um das Denkmal vor Beschädigung und
Verunreinigung zu schützen, nicht ganz ungewöhnlich. Darstellungen der Ver¬
storbenen in ganzer Figur waren beliebt, und Reliefs, die theils Scenen aus
ihrem Leben, theils Andeutungen ihres Berufs, ihrer Lieblingsbeschäftigungen
und ihrer Geschmacksrichtung zum Gegenstande hatten, ebenfalls. Nur die
Wahl der Scenen, die Art der Darstellung, die Komposition, die sehr an das
Bild vom reichen Bauer Troll erinnert, die Durcheinandermkschung von Alle¬
gorie und Realität ist wieder ganz in trimalchionischem Geschmack. Was man
aber am meisten geneigt sein wird, für einen Witz zu halten, nämlich daß
Trimalchio die Summe seines Vermögens auf seiner Grabschrift angeben lassen
will, war damals nichts Unerhörtes.

Daß Trimalchio sich rühmt, nie einen Philosophen gehört zu haben,
rührt nicht etwa daher, daß er Verachtung gegen Bildung und Wissenschaft
überhaupt zur Schau trägt, im Gegentheil ist sein eifrigstes Bestreben darauf
gerichtet, für einen vielseitig gebildeten Mann zu gelten, sondern es ist die
Geringschätzung, mit der der pfiffige Praktiker, der eS "zu etwas gebracht hat",


nicht respettwidrig gegen das Monument aufführen. Du mußt auch Schiffe
darauf machen, die mit vollen Segeln fahren, und mich selbst auf einer Tri¬
bune sitzend, prächtig angethan, an jedem Finger einen goldnen Ring, wie
ich aus dem Beutel Geld unter die Leute streue; du weißt doch, daß bei dem
großen Schmause, den ich gab, Mann für Mann zwei Denar bekam. Auch
Tische mit den Essenden sollen dabei gesetzt werden, denke ich, und die ganze
Bürgerschaft, wie sie sich gütlich thut. Mir zur Rechten soll meine Frau For-
tunata in Lebensgröße zu stehn kommen, mit einer Taube in der Hand, und
ein Hündchen kann sie am Bande halten; auch mein kleiner Cicero soll dabei
sein; dann hübsch große Weinkrüge, aber wohl verpicht, daß der Wein nicht
herausläuft; und dann kannst du noch eine zerbrochene Urne machen und
einen kleinen greinenden Jungen daneben. In der Mitte muß ein Stunden-
zeiaer sein, damit jeder, der nach der Uhr steht, meinen Namen gar nicht
übersehen kann. Nun noch die Inschrift! Laß sehn, ob folgende wol gut genug
ist: „Hier ruht H. Pompejus Trimalchio. Er ist während seiner Abwesenheit
in den Vorstand der Augustalen gewählt worden. Er war brav und reell. Er
hat klein angefangen und hat es weit gebracht. Zwei Millionen hat er hinter¬
lassen und niemals einen Philosophen gehört. Wandrer, der du dies liesest,
lebe wohl."

So sonderbar dies Monument nach heutigen Begriffen erscheint, so ist eS
doch sehr wahrscheinlich, daß Petron auch hier im Ganzen der Wirklichkeit gemäß
geschildert hat. Die Größe des von Trimalchio bestimmten Begräbnißplatzes dürfte
bei einem so reichen Manne nicht einmal auffallend gewesen sein, auch waren
gartenartige BePflanzungen der Begräbnißplätze nicht selten, und selbst die
Erbauung eines Wächterhäuschens, um das Denkmal vor Beschädigung und
Verunreinigung zu schützen, nicht ganz ungewöhnlich. Darstellungen der Ver¬
storbenen in ganzer Figur waren beliebt, und Reliefs, die theils Scenen aus
ihrem Leben, theils Andeutungen ihres Berufs, ihrer Lieblingsbeschäftigungen
und ihrer Geschmacksrichtung zum Gegenstande hatten, ebenfalls. Nur die
Wahl der Scenen, die Art der Darstellung, die Komposition, die sehr an das
Bild vom reichen Bauer Troll erinnert, die Durcheinandermkschung von Alle¬
gorie und Realität ist wieder ganz in trimalchionischem Geschmack. Was man
aber am meisten geneigt sein wird, für einen Witz zu halten, nämlich daß
Trimalchio die Summe seines Vermögens auf seiner Grabschrift angeben lassen
will, war damals nichts Unerhörtes.

Daß Trimalchio sich rühmt, nie einen Philosophen gehört zu haben,
rührt nicht etwa daher, daß er Verachtung gegen Bildung und Wissenschaft
überhaupt zur Schau trägt, im Gegentheil ist sein eifrigstes Bestreben darauf
gerichtet, für einen vielseitig gebildeten Mann zu gelten, sondern es ist die
Geringschätzung, mit der der pfiffige Praktiker, der eS „zu etwas gebracht hat",


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[0414] nicht respettwidrig gegen das Monument aufführen. Du mußt auch Schiffe darauf machen, die mit vollen Segeln fahren, und mich selbst auf einer Tri¬ bune sitzend, prächtig angethan, an jedem Finger einen goldnen Ring, wie ich aus dem Beutel Geld unter die Leute streue; du weißt doch, daß bei dem großen Schmause, den ich gab, Mann für Mann zwei Denar bekam. Auch Tische mit den Essenden sollen dabei gesetzt werden, denke ich, und die ganze Bürgerschaft, wie sie sich gütlich thut. Mir zur Rechten soll meine Frau For- tunata in Lebensgröße zu stehn kommen, mit einer Taube in der Hand, und ein Hündchen kann sie am Bande halten; auch mein kleiner Cicero soll dabei sein; dann hübsch große Weinkrüge, aber wohl verpicht, daß der Wein nicht herausläuft; und dann kannst du noch eine zerbrochene Urne machen und einen kleinen greinenden Jungen daneben. In der Mitte muß ein Stunden- zeiaer sein, damit jeder, der nach der Uhr steht, meinen Namen gar nicht übersehen kann. Nun noch die Inschrift! Laß sehn, ob folgende wol gut genug ist: „Hier ruht H. Pompejus Trimalchio. Er ist während seiner Abwesenheit in den Vorstand der Augustalen gewählt worden. Er war brav und reell. Er hat klein angefangen und hat es weit gebracht. Zwei Millionen hat er hinter¬ lassen und niemals einen Philosophen gehört. Wandrer, der du dies liesest, lebe wohl." So sonderbar dies Monument nach heutigen Begriffen erscheint, so ist eS doch sehr wahrscheinlich, daß Petron auch hier im Ganzen der Wirklichkeit gemäß geschildert hat. Die Größe des von Trimalchio bestimmten Begräbnißplatzes dürfte bei einem so reichen Manne nicht einmal auffallend gewesen sein, auch waren gartenartige BePflanzungen der Begräbnißplätze nicht selten, und selbst die Erbauung eines Wächterhäuschens, um das Denkmal vor Beschädigung und Verunreinigung zu schützen, nicht ganz ungewöhnlich. Darstellungen der Ver¬ storbenen in ganzer Figur waren beliebt, und Reliefs, die theils Scenen aus ihrem Leben, theils Andeutungen ihres Berufs, ihrer Lieblingsbeschäftigungen und ihrer Geschmacksrichtung zum Gegenstande hatten, ebenfalls. Nur die Wahl der Scenen, die Art der Darstellung, die Komposition, die sehr an das Bild vom reichen Bauer Troll erinnert, die Durcheinandermkschung von Alle¬ gorie und Realität ist wieder ganz in trimalchionischem Geschmack. Was man aber am meisten geneigt sein wird, für einen Witz zu halten, nämlich daß Trimalchio die Summe seines Vermögens auf seiner Grabschrift angeben lassen will, war damals nichts Unerhörtes. Daß Trimalchio sich rühmt, nie einen Philosophen gehört zu haben, rührt nicht etwa daher, daß er Verachtung gegen Bildung und Wissenschaft überhaupt zur Schau trägt, im Gegentheil ist sein eifrigstes Bestreben darauf gerichtet, für einen vielseitig gebildeten Mann zu gelten, sondern es ist die Geringschätzung, mit der der pfiffige Praktiker, der eS „zu etwas gebracht hat",

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/414>, abgerufen am 22.12.2024.