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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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dieses Ihre Majestät zu sehr ermüden würde, daß Sie ohne alle weibliche Be¬
dienung sein werbe, daß man keine Erlaubniß habe, das Verlangen der Kö¬
nigin zuzulassen, -- die Königin blieb bei Ihrem Vorsatze und erklärte, daß
Sie an den Herzog von Südermanland schreiben wolle, Ihm Ihre Bitte vor¬
zutragen, und daß bis dahin die Reise aufgeschoben werden solle. Der König
suchte Sie sogar von Ihrem Vorhaben abzubringen, wie Seine Majestät denn
überhaupt gerne vermied, irgend eine Bitte an den Usurpator zu wenden;
allein die Liebe der Königin wußte alle Hindernisse zu überwinden und wider¬
setzte Sich allen Vorstellungen. War es nun, daß der Gouverneur eine un¬
eingeschränkte Vollmacht hatte, oder überwog seine Ehrfurcht für das recht¬
mäßige Königspaar seine Zweifel, genug, er willigte ein, daß Ihre Majestäten
nicht getrennt wurden, und bewilligte außerdem eine weibliche Bedienung für
ti.e Königin.

Die Offiziere, die den Wagen des Königs führten, waren mit scharf
geladenen Pistolen bewaffnet. Die Vorhänge der Wagenfenster blieben stets
herabgelassen; es war den Majestäten notificirt worden, daß bei den gering¬
sten Versuchen derselben, Sich zu erkennen zu geben, die Offiziere Befehl hätten,
Gebrauch von ihren Waffen zu machen. Dieses Umstandes, so wie mancher
anderen empörenden Maßregeln, welche gegen die unglücklichen Majestäten
ergriffen wurden, erwähnen die Briefe der'Königin an Ihre kaiserliche Schwester
nicht, überhaupt sind die Mittheilungen mit einer gewissen Zaghaftigkeit ge¬
schrieben, und geht aus dem einen Briefe von Gripöholm, 17. September,
hervor, daß die Kaiserin an Ihre Schwester mißbilligend geschrieben haben
muß, weil die Königin Sich gegen Dieselbe so zu sagen rechtfertigt. Was ich
aber über die Verhältnisse mittheile, habe ich alles von der Königin selbst.
Bei den Aufenthalten der Kaiserin in Ihrer Familie in Deutschland habe ich
mich überzeugt, daß die Kaiserin wenig Liebe und wenig Theilnahme für Ihre
unglückliche Schwester hatte.

Der Kronprinz, der von Seinen hohen Eltern während der Reise, nach
Carlskrona getrennt war, fuhr unter der Aufsicht eines Obersten, Graf Posse,
und mehrer Offiziere bis Carlskrona.

Der Kronprinz galt auf dieser Reise für den Neffen des Grafen Posse.
Dieser hatte seinem hohen Schützling auf das bestimmteste anempfohlen, alles
zu vermeiden, was den Verdacht Seiner hohen Abkunft erregen könne. Das
Ueberschreiten dieses Verbots werde die ernstesten Folgen haben. Eines der
Nachtquartiere war auf dem Landgut eines schwedischen Edelmannes und die
Reisenden mit der Familie vereinigt. Das Gespräch wandte sich bald den
Interessen der Jetztzeit zu, und es fehlte nicht an gehässigen Aeußerungen gegen
den König. Der damalige zehnjährige Prinz, tief gekränkt durch das, was
man über Seinen Vater sagte, und außer der Möglichkeit, für Ihn zu sprechen,


dieses Ihre Majestät zu sehr ermüden würde, daß Sie ohne alle weibliche Be¬
dienung sein werbe, daß man keine Erlaubniß habe, das Verlangen der Kö¬
nigin zuzulassen, — die Königin blieb bei Ihrem Vorsatze und erklärte, daß
Sie an den Herzog von Südermanland schreiben wolle, Ihm Ihre Bitte vor¬
zutragen, und daß bis dahin die Reise aufgeschoben werden solle. Der König
suchte Sie sogar von Ihrem Vorhaben abzubringen, wie Seine Majestät denn
überhaupt gerne vermied, irgend eine Bitte an den Usurpator zu wenden;
allein die Liebe der Königin wußte alle Hindernisse zu überwinden und wider¬
setzte Sich allen Vorstellungen. War es nun, daß der Gouverneur eine un¬
eingeschränkte Vollmacht hatte, oder überwog seine Ehrfurcht für das recht¬
mäßige Königspaar seine Zweifel, genug, er willigte ein, daß Ihre Majestäten
nicht getrennt wurden, und bewilligte außerdem eine weibliche Bedienung für
ti.e Königin.

Die Offiziere, die den Wagen des Königs führten, waren mit scharf
geladenen Pistolen bewaffnet. Die Vorhänge der Wagenfenster blieben stets
herabgelassen; es war den Majestäten notificirt worden, daß bei den gering¬
sten Versuchen derselben, Sich zu erkennen zu geben, die Offiziere Befehl hätten,
Gebrauch von ihren Waffen zu machen. Dieses Umstandes, so wie mancher
anderen empörenden Maßregeln, welche gegen die unglücklichen Majestäten
ergriffen wurden, erwähnen die Briefe der'Königin an Ihre kaiserliche Schwester
nicht, überhaupt sind die Mittheilungen mit einer gewissen Zaghaftigkeit ge¬
schrieben, und geht aus dem einen Briefe von Gripöholm, 17. September,
hervor, daß die Kaiserin an Ihre Schwester mißbilligend geschrieben haben
muß, weil die Königin Sich gegen Dieselbe so zu sagen rechtfertigt. Was ich
aber über die Verhältnisse mittheile, habe ich alles von der Königin selbst.
Bei den Aufenthalten der Kaiserin in Ihrer Familie in Deutschland habe ich
mich überzeugt, daß die Kaiserin wenig Liebe und wenig Theilnahme für Ihre
unglückliche Schwester hatte.

Der Kronprinz, der von Seinen hohen Eltern während der Reise, nach
Carlskrona getrennt war, fuhr unter der Aufsicht eines Obersten, Graf Posse,
und mehrer Offiziere bis Carlskrona.

Der Kronprinz galt auf dieser Reise für den Neffen des Grafen Posse.
Dieser hatte seinem hohen Schützling auf das bestimmteste anempfohlen, alles
zu vermeiden, was den Verdacht Seiner hohen Abkunft erregen könne. Das
Ueberschreiten dieses Verbots werde die ernstesten Folgen haben. Eines der
Nachtquartiere war auf dem Landgut eines schwedischen Edelmannes und die
Reisenden mit der Familie vereinigt. Das Gespräch wandte sich bald den
Interessen der Jetztzeit zu, und es fehlte nicht an gehässigen Aeußerungen gegen
den König. Der damalige zehnjährige Prinz, tief gekränkt durch das, was
man über Seinen Vater sagte, und außer der Möglichkeit, für Ihn zu sprechen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/120>, abgerufen am 22.07.2024.