Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.erhalte ich neue Nachrichten aus Rogliano, welche ebensoviel? neue Erfin¬ "Edelleute, Bürger, Geistliche, hohe und niedre Angestellte erzählen daS Dieser Brief war, wie wir erwähnten, von einem hochgestellten östreichi¬ erhalte ich neue Nachrichten aus Rogliano, welche ebensoviel? neue Erfin¬ „Edelleute, Bürger, Geistliche, hohe und niedre Angestellte erzählen daS Dieser Brief war, wie wir erwähnten, von einem hochgestellten östreichi¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0240" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/102835"/> <p xml:id="ID_793" prev="#ID_792"> erhalte ich neue Nachrichten aus Rogliano, welche ebensoviel? neue Erfin¬<lb/> dungen der Wuth des dortigen königlichen Intendanten mir melden. Ist nur<lb/> die Hälfte davon wahr, so muß man den Intendanten De Mattheis reif<lb/> für das Tollhaus erklären. Die Scheußlichkeiten, welche gegen Ver¬<lb/> dächtige begangen werden, sind unglaublich, und wenn nicht alles Fabel ist,<lb/> sind wir in jene barbarischen Jahrhunderte zurückgeschleudert, wo man Scheiter¬<lb/> haufen für die dem Schöpfer wohlgefälligsten Opferaltäre ansah.--Nur<lb/> eine Stimme herrscht hierüber in Cosenza."</p><lb/> <p xml:id="ID_794"> „Edelleute, Bürger, Geistliche, hohe und niedre Angestellte erzählen daS<lb/> Nämliche und ich bin nur das Echo der allgemeinen Stimme. Greise nicht<lb/> minder als Weiber und Kinder hält man sür ihre flüchtig gewordenen Ver¬<lb/> wandten in Haft; sie werden gemißhandelt, geschlagen; man gibt die Bastonade<lb/> auf die Fußsohlen. In der teuflischsten Weise bedient man sich der Tortur.<lb/> Man preßt des Gefangenen einen Daumen mit seiner großen Zehe zusammen<lb/> und der so Gekrümmte wird mit dem Flintenkolben vorwärts gestoßen. Zu<lb/> diesem Scherz lachen die Wachen des Intendanten und die Vertreter des kö¬<lb/> niglichen Justizministeriums.--Andere werden ihrer Kleider beraubt, bei<lb/> nächtlicher Weile dem Frost und der Unbill des Wetters ausgesetzt, die Füße<lb/> put Hände an ein Kreuz gebunden. —^ — Die Frau, in deren Hause der<lb/> Intendant sich einquartirt hat, siel in Krämpfe beim Anblick dieser Mißhand¬<lb/> lungen. Ihr Gatte, Morelli, der erste Bürger in'Rogliano machte dem In¬<lb/> tendanten vergeblich die heftigsten Vorstellungen. Dieser antwortete, er werde in<lb/> dem Hause machen, was ihm gefalle. Angst, Entsetzen und Verzweiflung<lb/> haben sich aller Geister bemächtigt. Nur die größte Mattigkeit, die Furcht<lb/> vor der Familienbeschimpfung, das Mißtrauen gegen Verrath verhindern noch<lb/> den neuen Ausbruch der revolutionären Flamme aus den glimmenden Kohlen.<lb/> Unausbleiblich aber werden.Verzweiflungsacte sein. Ganze Familien wandern<lb/> aus von Rogliano sowohl, wie von Marsi, Conflenti, Martirano, Attila<lb/> und S. Mango. ^- —^ Man sagt in Catanzaro wüthe der königliche Commissär<lb/> ebenso. — Jy diesem selben Augenblicke erhalte ich von glaubwürdigster Seite<lb/> hie Bestätigung dieser Nachrichten und eile Ew. Erc. davon per Staffette zu<lb/> benachrichtigen." — ,</p><lb/> <p xml:id="ID_795"> Dieser Brief war, wie wir erwähnten, von einem hochgestellten östreichi¬<lb/> schen Militär, dem das Blut in die Wangen stieg, als er sah, welche Schlechtig-<lb/> keiten unter dem Schutze der fremden Bajonette in dem niedergeworfenen Lande<lb/> begangen wurden. Da jener Bericht vom März 1823 stammt, im Mai 1822<lb/> aber schon aus Anlaß Oestreichs, welches der öffentlichen Meinung sich fügte,<lb/> das erste Ministerium der Reaction einem etwas milderen Platz hatte machen<lb/> müssen , so hat man einen Maßstab sür die Greuelthaten, welche unter dem<lb/> ersten Ministerium begangen sein müssen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0240]
erhalte ich neue Nachrichten aus Rogliano, welche ebensoviel? neue Erfin¬
dungen der Wuth des dortigen königlichen Intendanten mir melden. Ist nur
die Hälfte davon wahr, so muß man den Intendanten De Mattheis reif
für das Tollhaus erklären. Die Scheußlichkeiten, welche gegen Ver¬
dächtige begangen werden, sind unglaublich, und wenn nicht alles Fabel ist,
sind wir in jene barbarischen Jahrhunderte zurückgeschleudert, wo man Scheiter¬
haufen für die dem Schöpfer wohlgefälligsten Opferaltäre ansah.--Nur
eine Stimme herrscht hierüber in Cosenza."
„Edelleute, Bürger, Geistliche, hohe und niedre Angestellte erzählen daS
Nämliche und ich bin nur das Echo der allgemeinen Stimme. Greise nicht
minder als Weiber und Kinder hält man sür ihre flüchtig gewordenen Ver¬
wandten in Haft; sie werden gemißhandelt, geschlagen; man gibt die Bastonade
auf die Fußsohlen. In der teuflischsten Weise bedient man sich der Tortur.
Man preßt des Gefangenen einen Daumen mit seiner großen Zehe zusammen
und der so Gekrümmte wird mit dem Flintenkolben vorwärts gestoßen. Zu
diesem Scherz lachen die Wachen des Intendanten und die Vertreter des kö¬
niglichen Justizministeriums.--Andere werden ihrer Kleider beraubt, bei
nächtlicher Weile dem Frost und der Unbill des Wetters ausgesetzt, die Füße
put Hände an ein Kreuz gebunden. —^ — Die Frau, in deren Hause der
Intendant sich einquartirt hat, siel in Krämpfe beim Anblick dieser Mißhand¬
lungen. Ihr Gatte, Morelli, der erste Bürger in'Rogliano machte dem In¬
tendanten vergeblich die heftigsten Vorstellungen. Dieser antwortete, er werde in
dem Hause machen, was ihm gefalle. Angst, Entsetzen und Verzweiflung
haben sich aller Geister bemächtigt. Nur die größte Mattigkeit, die Furcht
vor der Familienbeschimpfung, das Mißtrauen gegen Verrath verhindern noch
den neuen Ausbruch der revolutionären Flamme aus den glimmenden Kohlen.
Unausbleiblich aber werden.Verzweiflungsacte sein. Ganze Familien wandern
aus von Rogliano sowohl, wie von Marsi, Conflenti, Martirano, Attila
und S. Mango. ^- —^ Man sagt in Catanzaro wüthe der königliche Commissär
ebenso. — Jy diesem selben Augenblicke erhalte ich von glaubwürdigster Seite
hie Bestätigung dieser Nachrichten und eile Ew. Erc. davon per Staffette zu
benachrichtigen." — ,
Dieser Brief war, wie wir erwähnten, von einem hochgestellten östreichi¬
schen Militär, dem das Blut in die Wangen stieg, als er sah, welche Schlechtig-
keiten unter dem Schutze der fremden Bajonette in dem niedergeworfenen Lande
begangen wurden. Da jener Bericht vom März 1823 stammt, im Mai 1822
aber schon aus Anlaß Oestreichs, welches der öffentlichen Meinung sich fügte,
das erste Ministerium der Reaction einem etwas milderen Platz hatte machen
müssen , so hat man einen Maßstab sür die Greuelthaten, welche unter dem
ersten Ministerium begangen sein müssen.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |