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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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einen Sohn -- und darauf hatte sie Hoffnung, aber sie konnte die Wahrheit
nicht wissen, und konnte sich nicht darnach richten. -- Und ihr ward gerathen,
den von Polen zu nehmen, und sie sollte unterdeß thun, was zu ihrem
Besten wäre, man würde dann schon eine Aushilfe finden, daß sie davon käme.
Da fing die edle Königin an zu denken und zu trachten, wie sie die heilige
Krone von den ungarischen Herren weg in ihre Gewalt bringen könnte. Da
hätten die ungarischen Herren gern gesehen, daß die edle Königin sich auf der
Plintenburg in das Kindbett gelegt hätte. Das war Ihrer Gnaden nicht
recht -- und sie kam nicht auf das Schloß. Das that sie in stillem Ueber¬
legen, denn zunächst hatte sie Sorge, wäre sie auf das Schloß gekommen,
wäre sie mit Gewalt dort festgehalten worden, sie mit ihrem Kinde; und ferner
sollte man desto weniger daran denke", daß sie nach der heiligen Krone trach¬
tete. Deshalb nahm die edle Königin ihre jüngste Tochter, Frau Elisabeth,
aus dem Schlosse zu sich an den Hof und- mich mit ihr, und noch zwei Jung¬
frauen, und ließ die andern dort oben. Das nahm jedermann Wunder,
warum Ihre Gnaden die Jungfrauen und ihr andres Hofgesinde, das meiner
jungen Frau zugegeben war, da oben ließ. Warum das war, das wußte nie¬
mand als Gott, Ihre Gnaden und ich.

Die edle Königin zog mit ihrer jungen Tochter Frau Elsbeth aufwärts
nach Komorn. Auch Graf Ulrich von City*) kam zu ihrer Gnaden als ein
treuer Freund, und sie beriethen sich, wie man ein Mittel-finden möchte, die
heilige Krone aus der Plintenburg herauszubringen. Da kam meine gnädige
Frau an mich, daß ich es thun sollte, weil niemand, dem sie darin vertrauen
möchte, die Gelegenheit so gut wüßte, als ich. Darüber erschrak ich sehr, denn
es war für mich und meine kleinen Kinder ein gefährliches Wagniß; und ich
dachte hin und her, was ich darin thun sollte; wußte auch niemand um Rath
zu fragen, als Gott allein; und ich gedachte, wenn ich es nicht thäte, und
es entstände etwas Uebles daraus, so wäre die Schuld mein vor Gott und
vor der Welt. So willigte ich ein auf, der schweren Reise mein Leben zu
wagen, und begehrte einen Gehilfen. Da wurde ich um Rath gefragt, wen
ich dazu tauglich hielte. Da rieth ich zu einem, von dem ich glaubte, er
wäre meiner Frau mit ganzer Treue ergeben; der war ein Kroäk. Er ward
in den heimlichen Rath gefordert und ihm vorgehalten, was man ve>n ihm
begehrte. Da erschrak der Mann so sehr, daß er die Farbe wechselte, als ob
er halb todt wäre, war auch nicht willig, und ging hinaus in den Stall zu
seinen Pferden. Ich weiß nicht, ob es Gottes Wille war, oder ob er sonst
ein Ungeschick beging, es kam aber die Nachricht zum Hofe, er sei schwer von
dem Pferde gefallen. Und als es sich mit ihm besserte, da machte er sich auf



Ebenfalls Cousin der Königin und des Ladislcnls von Gara.

einen Sohn — und darauf hatte sie Hoffnung, aber sie konnte die Wahrheit
nicht wissen, und konnte sich nicht darnach richten. — Und ihr ward gerathen,
den von Polen zu nehmen, und sie sollte unterdeß thun, was zu ihrem
Besten wäre, man würde dann schon eine Aushilfe finden, daß sie davon käme.
Da fing die edle Königin an zu denken und zu trachten, wie sie die heilige
Krone von den ungarischen Herren weg in ihre Gewalt bringen könnte. Da
hätten die ungarischen Herren gern gesehen, daß die edle Königin sich auf der
Plintenburg in das Kindbett gelegt hätte. Das war Ihrer Gnaden nicht
recht — und sie kam nicht auf das Schloß. Das that sie in stillem Ueber¬
legen, denn zunächst hatte sie Sorge, wäre sie auf das Schloß gekommen,
wäre sie mit Gewalt dort festgehalten worden, sie mit ihrem Kinde; und ferner
sollte man desto weniger daran denke», daß sie nach der heiligen Krone trach¬
tete. Deshalb nahm die edle Königin ihre jüngste Tochter, Frau Elisabeth,
aus dem Schlosse zu sich an den Hof und- mich mit ihr, und noch zwei Jung¬
frauen, und ließ die andern dort oben. Das nahm jedermann Wunder,
warum Ihre Gnaden die Jungfrauen und ihr andres Hofgesinde, das meiner
jungen Frau zugegeben war, da oben ließ. Warum das war, das wußte nie¬
mand als Gott, Ihre Gnaden und ich.

Die edle Königin zog mit ihrer jungen Tochter Frau Elsbeth aufwärts
nach Komorn. Auch Graf Ulrich von City*) kam zu ihrer Gnaden als ein
treuer Freund, und sie beriethen sich, wie man ein Mittel-finden möchte, die
heilige Krone aus der Plintenburg herauszubringen. Da kam meine gnädige
Frau an mich, daß ich es thun sollte, weil niemand, dem sie darin vertrauen
möchte, die Gelegenheit so gut wüßte, als ich. Darüber erschrak ich sehr, denn
es war für mich und meine kleinen Kinder ein gefährliches Wagniß; und ich
dachte hin und her, was ich darin thun sollte; wußte auch niemand um Rath
zu fragen, als Gott allein; und ich gedachte, wenn ich es nicht thäte, und
es entstände etwas Uebles daraus, so wäre die Schuld mein vor Gott und
vor der Welt. So willigte ich ein auf, der schweren Reise mein Leben zu
wagen, und begehrte einen Gehilfen. Da wurde ich um Rath gefragt, wen
ich dazu tauglich hielte. Da rieth ich zu einem, von dem ich glaubte, er
wäre meiner Frau mit ganzer Treue ergeben; der war ein Kroäk. Er ward
in den heimlichen Rath gefordert und ihm vorgehalten, was man ve>n ihm
begehrte. Da erschrak der Mann so sehr, daß er die Farbe wechselte, als ob
er halb todt wäre, war auch nicht willig, und ging hinaus in den Stall zu
seinen Pferden. Ich weiß nicht, ob es Gottes Wille war, oder ob er sonst
ein Ungeschick beging, es kam aber die Nachricht zum Hofe, er sei schwer von
dem Pferde gefallen. Und als es sich mit ihm besserte, da machte er sich auf



Ebenfalls Cousin der Königin und des Ladislcnls von Gara.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/20>, abgerufen am 23.07.2024.