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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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bin ich dazu zu ehrenhaft gewesen. Es pflegt aber an Fürstenhöfen so zu
gehen, daß die Fuchsschwänzer groß und gewöhnlich sind. Ich hätte gern
vom Herzog erfahren, wer es gewesen, aber Fürstliche Gnaden wollten mir es
nicht sagen, sondern gaben mir zur Antwort, sie hätten eS nicht geglaubt. --

Als der Proviant an Getreide und anderm ziemlich weg, und nichts mehr
in Vorrat!) war, mußte ich mich nach Proviant umthun. Nun hatte Heinrich
Schweinichen von Thomaswaldau eine Anzahl alter Schafe, die sonst niemand
kaufen wollte, und ich konnte auch sonst ohne Geld kein Vieh bekommen,
weil kein Geld bei uns vorhanden war. Derowegen befahlen Sr. Gnaden mir,
mit meinem Vetter um die alten Schafe zu handeln, ich machte auch den Kauf
mit ihm ab, für jedes Stück 20 Weißgroschen zu zahlen, und es waren 325
Schafe. Da ich nun über den Kauf einig bin, will er sie ohne Geld oder
Bürgschaft nicht verabfolgen, will auch mich zum Bürgen nicht annehmen;
darum mußte ich zurück und meinem Herrn dies vermelden, womit Sie gar
übel zufrieden waren, daß man Ihnen nicht trauete. Sie schreiben derowegen
mit eignen Händen an Schweinichen und begehren, daß er auf Fürstlicher Gnaden
Revers die Schafe verabfolgen lasse. Es konnte aber nicht sein, sondern
Schweinichen entschuldigte sich. Darüber war der Herzog noch mehr erbittert
und weil wir nichts als Pilze und Heidelbeeren zu essen hatten, befahlen
Seine Fürstliche Gnaden, ich sollte auf Mittel denken, Bürgschaft zu stellen.
Da ich nun früher beim Rathe zu Löwenberg um ein Darlehn von 300 Thlr.
für Fürstliche Gnaden angehalten, auch gute Vertröstung erhalten hatte, so
Sog ich zu den Herren von Löwenberg und bat wieder um das Anlehn von
300 Thlr., sie aber entschuldigten sich. Zuletzt setzte ich durch, daß sie ein¬
willigten, für die Schafe Bürgen zu werden, wofern ich ihnen wieder Bürge
für den Schaden werden wollte. -- Das lehnte ich ab, bat aber, sie möchten
Seiner Fürstlichen Gnaden trauen, sie würden nicht im Stich gelassen werden.
So beredete ich den Rath, daß sie für die alten Hölen auf ein halbes Jahr
mit ihrem Siegel bürgten. Und wir bekamen wieder Proviant an den alten
Schafen. Diese wurden denn oft auf achterlei Art zubereitet, Pilze auf dreierlei
Art, Heidelbeeren auf zweierlei. Damit mußten sich Fürstliche Gnaden und
wir alle behelfen und schlechtes Goldberger Bier dazu trinken. Unterdeß kam
der Herbst heran und jetzt konnten wir Vögel bekommen. Als ich nun aber
Dohnen im Walde legen ließ, hatte ich großes Kreuz mit dem Gesinde, denn
ein jeder wollte in den Wald lausen und sich Vögel holen. Obgleich es nun
Sr. Fürstliche Gnaden selbst verboten, wollte sich doch niemand daran kehren,
so daß ich den Junkern deshalb in der Hofstube Arrest geben und das Gesinve
in den Thurm setzen mußte. Ich kam deshalb in große Ungunst und es wollte
doch wenig helfen. Fürstliche Gnaden gingen alle Morgen selbst hinunter
und holten Vögel, das war so auch meine Kurzweil. Sonst war die Zeit


bin ich dazu zu ehrenhaft gewesen. Es pflegt aber an Fürstenhöfen so zu
gehen, daß die Fuchsschwänzer groß und gewöhnlich sind. Ich hätte gern
vom Herzog erfahren, wer es gewesen, aber Fürstliche Gnaden wollten mir es
nicht sagen, sondern gaben mir zur Antwort, sie hätten eS nicht geglaubt. —

Als der Proviant an Getreide und anderm ziemlich weg, und nichts mehr
in Vorrat!) war, mußte ich mich nach Proviant umthun. Nun hatte Heinrich
Schweinichen von Thomaswaldau eine Anzahl alter Schafe, die sonst niemand
kaufen wollte, und ich konnte auch sonst ohne Geld kein Vieh bekommen,
weil kein Geld bei uns vorhanden war. Derowegen befahlen Sr. Gnaden mir,
mit meinem Vetter um die alten Schafe zu handeln, ich machte auch den Kauf
mit ihm ab, für jedes Stück 20 Weißgroschen zu zahlen, und es waren 325
Schafe. Da ich nun über den Kauf einig bin, will er sie ohne Geld oder
Bürgschaft nicht verabfolgen, will auch mich zum Bürgen nicht annehmen;
darum mußte ich zurück und meinem Herrn dies vermelden, womit Sie gar
übel zufrieden waren, daß man Ihnen nicht trauete. Sie schreiben derowegen
mit eignen Händen an Schweinichen und begehren, daß er auf Fürstlicher Gnaden
Revers die Schafe verabfolgen lasse. Es konnte aber nicht sein, sondern
Schweinichen entschuldigte sich. Darüber war der Herzog noch mehr erbittert
und weil wir nichts als Pilze und Heidelbeeren zu essen hatten, befahlen
Seine Fürstliche Gnaden, ich sollte auf Mittel denken, Bürgschaft zu stellen.
Da ich nun früher beim Rathe zu Löwenberg um ein Darlehn von 300 Thlr.
für Fürstliche Gnaden angehalten, auch gute Vertröstung erhalten hatte, so
Sog ich zu den Herren von Löwenberg und bat wieder um das Anlehn von
300 Thlr., sie aber entschuldigten sich. Zuletzt setzte ich durch, daß sie ein¬
willigten, für die Schafe Bürgen zu werden, wofern ich ihnen wieder Bürge
für den Schaden werden wollte. — Das lehnte ich ab, bat aber, sie möchten
Seiner Fürstlichen Gnaden trauen, sie würden nicht im Stich gelassen werden.
So beredete ich den Rath, daß sie für die alten Hölen auf ein halbes Jahr
mit ihrem Siegel bürgten. Und wir bekamen wieder Proviant an den alten
Schafen. Diese wurden denn oft auf achterlei Art zubereitet, Pilze auf dreierlei
Art, Heidelbeeren auf zweierlei. Damit mußten sich Fürstliche Gnaden und
wir alle behelfen und schlechtes Goldberger Bier dazu trinken. Unterdeß kam
der Herbst heran und jetzt konnten wir Vögel bekommen. Als ich nun aber
Dohnen im Walde legen ließ, hatte ich großes Kreuz mit dem Gesinde, denn
ein jeder wollte in den Wald lausen und sich Vögel holen. Obgleich es nun
Sr. Fürstliche Gnaden selbst verboten, wollte sich doch niemand daran kehren,
so daß ich den Junkern deshalb in der Hofstube Arrest geben und das Gesinve
in den Thurm setzen mußte. Ich kam deshalb in große Ungunst und es wollte
doch wenig helfen. Fürstliche Gnaden gingen alle Morgen selbst hinunter
und holten Vögel, das war so auch meine Kurzweil. Sonst war die Zeit


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[0119] bin ich dazu zu ehrenhaft gewesen. Es pflegt aber an Fürstenhöfen so zu gehen, daß die Fuchsschwänzer groß und gewöhnlich sind. Ich hätte gern vom Herzog erfahren, wer es gewesen, aber Fürstliche Gnaden wollten mir es nicht sagen, sondern gaben mir zur Antwort, sie hätten eS nicht geglaubt. — Als der Proviant an Getreide und anderm ziemlich weg, und nichts mehr in Vorrat!) war, mußte ich mich nach Proviant umthun. Nun hatte Heinrich Schweinichen von Thomaswaldau eine Anzahl alter Schafe, die sonst niemand kaufen wollte, und ich konnte auch sonst ohne Geld kein Vieh bekommen, weil kein Geld bei uns vorhanden war. Derowegen befahlen Sr. Gnaden mir, mit meinem Vetter um die alten Schafe zu handeln, ich machte auch den Kauf mit ihm ab, für jedes Stück 20 Weißgroschen zu zahlen, und es waren 325 Schafe. Da ich nun über den Kauf einig bin, will er sie ohne Geld oder Bürgschaft nicht verabfolgen, will auch mich zum Bürgen nicht annehmen; darum mußte ich zurück und meinem Herrn dies vermelden, womit Sie gar übel zufrieden waren, daß man Ihnen nicht trauete. Sie schreiben derowegen mit eignen Händen an Schweinichen und begehren, daß er auf Fürstlicher Gnaden Revers die Schafe verabfolgen lasse. Es konnte aber nicht sein, sondern Schweinichen entschuldigte sich. Darüber war der Herzog noch mehr erbittert und weil wir nichts als Pilze und Heidelbeeren zu essen hatten, befahlen Seine Fürstliche Gnaden, ich sollte auf Mittel denken, Bürgschaft zu stellen. Da ich nun früher beim Rathe zu Löwenberg um ein Darlehn von 300 Thlr. für Fürstliche Gnaden angehalten, auch gute Vertröstung erhalten hatte, so Sog ich zu den Herren von Löwenberg und bat wieder um das Anlehn von 300 Thlr., sie aber entschuldigten sich. Zuletzt setzte ich durch, daß sie ein¬ willigten, für die Schafe Bürgen zu werden, wofern ich ihnen wieder Bürge für den Schaden werden wollte. — Das lehnte ich ab, bat aber, sie möchten Seiner Fürstlichen Gnaden trauen, sie würden nicht im Stich gelassen werden. So beredete ich den Rath, daß sie für die alten Hölen auf ein halbes Jahr mit ihrem Siegel bürgten. Und wir bekamen wieder Proviant an den alten Schafen. Diese wurden denn oft auf achterlei Art zubereitet, Pilze auf dreierlei Art, Heidelbeeren auf zweierlei. Damit mußten sich Fürstliche Gnaden und wir alle behelfen und schlechtes Goldberger Bier dazu trinken. Unterdeß kam der Herbst heran und jetzt konnten wir Vögel bekommen. Als ich nun aber Dohnen im Walde legen ließ, hatte ich großes Kreuz mit dem Gesinde, denn ein jeder wollte in den Wald lausen und sich Vögel holen. Obgleich es nun Sr. Fürstliche Gnaden selbst verboten, wollte sich doch niemand daran kehren, so daß ich den Junkern deshalb in der Hofstube Arrest geben und das Gesinve in den Thurm setzen mußte. Ich kam deshalb in große Ungunst und es wollte doch wenig helfen. Fürstliche Gnaden gingen alle Morgen selbst hinunter und holten Vögel, das war so auch meine Kurzweil. Sonst war die Zeit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/119>, abgerufen am 23.07.2024.