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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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Florenz konnte eben bei einem Denkmal für Dante nicht bescheiden genug sein.
Der Altistin" poeta war geehrt und gefeiert an mehr als einem Orte Ita¬
liens, als Florenz ihn fünfzehn Jahre lang in der Verbannung hielt; es darf
daher nicht füglich zu laut mitsprechen, wenn es dem Andenken des Dichters
treu zu bleiben gilt. Ricci hätte in der Inschrift besser daran erinnert, daß
der gute Wille der Kinder nicht immer ausreicht, die Schulden der Väter zu
bezahlen.

Der Aufbau dieses Monumentes bietet übrigens, wie wir sehen, keinen
neuen Gedanken.

Dasjenige Alfisris von Canova in der nämlichen Kirche bringt wieder
den Sarkophag und über diesen gebeugt die trauernde Italia.

Im nämlichen Stil ist das eine Monument der Familie Venturi in Seel.
Maria Novella in Florenz von Ricci; der figürliche Theil beschränkt sich aus
eine vorn überlehnende Trauernde; bei dem andern Monument liegt eine
halb aufgerichtete weibliche Gestalt mit erhobenen Händen; ihre Geberde ist
nicht frei von Pathos.

Auch Signorinis Denkmal in Se. Croce zu Florenz von Ricci bietet
nur eine verhüllte, sitzende Gestalt, in überlebensgroßen Verhältnissen. Da
sie dem Marmorstcine, welcher als Grabbehälter gedacht ist, sich halb zuwendet,
sieht man ihre Gestalt im Profil. . Begreiflicherweise hat die Figur dadurch
von einer Seite etwas Unschönes, sast Plumpes, zumal, wegen der reichen
Gewandung, selbst die Bewundrer der Venus Kallipygoö den Reizen dieser
Sitzenden nicht gerecht zu werden vermögen.

Die Grabstätten der Familie Torlonia im Lateran, erst vor einigen Jahren
vollendet, bieten sür unsern Zweck wenig Ermähnenswerthes, so schön, ja
prächtig in ihrer reichen Verwendung von nichts weiter als Marmor und starker
Plafondvergolduug sie auch ausgestattet sind. Ungewöhnlich ist nur an dem
Denkmal der Herzogin, daß sie aufrecht stehend dargestellt ist; vor ihr, wiederum
tiefer, rechts eine sitzende, auszeichnende, links eine stehende Gestalt mit dem
Friedenszweige, ein Kind an der Hand. Die Bedeutung des Fnedenszweiges
hier wird derjenige am besten verstehen, der die Einzelheiten des traurigen
Processes kennt, mit welchem diese reiche Familie neuen Stammbaumö eine
Zeitlang die Neugierigen der ewigen Stadt unterhielt.

Der Herzog ist sitzend abgebildet, unten vor ihm links die Vertreterin des
Gottes der Kaufleute und Diebe, rechts eine Mutter mit zwei Kindern, dank¬
bare Almosenempfänger.

Das größte und neueste Denkmal dieser Art in Italien ist dasjenige
Tizians in der Kirche Se. Maria Gloriosa al Frari. Es steht demjenigen
Canovas grade gegenüber. Tizian hat einen schlechten Tausch gethan, so
viel Marmor sür ihn auch unter den Meißel genommen worden ist.


Florenz konnte eben bei einem Denkmal für Dante nicht bescheiden genug sein.
Der Altistin» poeta war geehrt und gefeiert an mehr als einem Orte Ita¬
liens, als Florenz ihn fünfzehn Jahre lang in der Verbannung hielt; es darf
daher nicht füglich zu laut mitsprechen, wenn es dem Andenken des Dichters
treu zu bleiben gilt. Ricci hätte in der Inschrift besser daran erinnert, daß
der gute Wille der Kinder nicht immer ausreicht, die Schulden der Väter zu
bezahlen.

Der Aufbau dieses Monumentes bietet übrigens, wie wir sehen, keinen
neuen Gedanken.

Dasjenige Alfisris von Canova in der nämlichen Kirche bringt wieder
den Sarkophag und über diesen gebeugt die trauernde Italia.

Im nämlichen Stil ist das eine Monument der Familie Venturi in Seel.
Maria Novella in Florenz von Ricci; der figürliche Theil beschränkt sich aus
eine vorn überlehnende Trauernde; bei dem andern Monument liegt eine
halb aufgerichtete weibliche Gestalt mit erhobenen Händen; ihre Geberde ist
nicht frei von Pathos.

Auch Signorinis Denkmal in Se. Croce zu Florenz von Ricci bietet
nur eine verhüllte, sitzende Gestalt, in überlebensgroßen Verhältnissen. Da
sie dem Marmorstcine, welcher als Grabbehälter gedacht ist, sich halb zuwendet,
sieht man ihre Gestalt im Profil. . Begreiflicherweise hat die Figur dadurch
von einer Seite etwas Unschönes, sast Plumpes, zumal, wegen der reichen
Gewandung, selbst die Bewundrer der Venus Kallipygoö den Reizen dieser
Sitzenden nicht gerecht zu werden vermögen.

Die Grabstätten der Familie Torlonia im Lateran, erst vor einigen Jahren
vollendet, bieten sür unsern Zweck wenig Ermähnenswerthes, so schön, ja
prächtig in ihrer reichen Verwendung von nichts weiter als Marmor und starker
Plafondvergolduug sie auch ausgestattet sind. Ungewöhnlich ist nur an dem
Denkmal der Herzogin, daß sie aufrecht stehend dargestellt ist; vor ihr, wiederum
tiefer, rechts eine sitzende, auszeichnende, links eine stehende Gestalt mit dem
Friedenszweige, ein Kind an der Hand. Die Bedeutung des Fnedenszweiges
hier wird derjenige am besten verstehen, der die Einzelheiten des traurigen
Processes kennt, mit welchem diese reiche Familie neuen Stammbaumö eine
Zeitlang die Neugierigen der ewigen Stadt unterhielt.

Der Herzog ist sitzend abgebildet, unten vor ihm links die Vertreterin des
Gottes der Kaufleute und Diebe, rechts eine Mutter mit zwei Kindern, dank¬
bare Almosenempfänger.

Das größte und neueste Denkmal dieser Art in Italien ist dasjenige
Tizians in der Kirche Se. Maria Gloriosa al Frari. Es steht demjenigen
Canovas grade gegenüber. Tizian hat einen schlechten Tausch gethan, so
viel Marmor sür ihn auch unter den Meißel genommen worden ist.


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[0110] Florenz konnte eben bei einem Denkmal für Dante nicht bescheiden genug sein. Der Altistin» poeta war geehrt und gefeiert an mehr als einem Orte Ita¬ liens, als Florenz ihn fünfzehn Jahre lang in der Verbannung hielt; es darf daher nicht füglich zu laut mitsprechen, wenn es dem Andenken des Dichters treu zu bleiben gilt. Ricci hätte in der Inschrift besser daran erinnert, daß der gute Wille der Kinder nicht immer ausreicht, die Schulden der Väter zu bezahlen. Der Aufbau dieses Monumentes bietet übrigens, wie wir sehen, keinen neuen Gedanken. Dasjenige Alfisris von Canova in der nämlichen Kirche bringt wieder den Sarkophag und über diesen gebeugt die trauernde Italia. Im nämlichen Stil ist das eine Monument der Familie Venturi in Seel. Maria Novella in Florenz von Ricci; der figürliche Theil beschränkt sich aus eine vorn überlehnende Trauernde; bei dem andern Monument liegt eine halb aufgerichtete weibliche Gestalt mit erhobenen Händen; ihre Geberde ist nicht frei von Pathos. Auch Signorinis Denkmal in Se. Croce zu Florenz von Ricci bietet nur eine verhüllte, sitzende Gestalt, in überlebensgroßen Verhältnissen. Da sie dem Marmorstcine, welcher als Grabbehälter gedacht ist, sich halb zuwendet, sieht man ihre Gestalt im Profil. . Begreiflicherweise hat die Figur dadurch von einer Seite etwas Unschönes, sast Plumpes, zumal, wegen der reichen Gewandung, selbst die Bewundrer der Venus Kallipygoö den Reizen dieser Sitzenden nicht gerecht zu werden vermögen. Die Grabstätten der Familie Torlonia im Lateran, erst vor einigen Jahren vollendet, bieten sür unsern Zweck wenig Ermähnenswerthes, so schön, ja prächtig in ihrer reichen Verwendung von nichts weiter als Marmor und starker Plafondvergolduug sie auch ausgestattet sind. Ungewöhnlich ist nur an dem Denkmal der Herzogin, daß sie aufrecht stehend dargestellt ist; vor ihr, wiederum tiefer, rechts eine sitzende, auszeichnende, links eine stehende Gestalt mit dem Friedenszweige, ein Kind an der Hand. Die Bedeutung des Fnedenszweiges hier wird derjenige am besten verstehen, der die Einzelheiten des traurigen Processes kennt, mit welchem diese reiche Familie neuen Stammbaumö eine Zeitlang die Neugierigen der ewigen Stadt unterhielt. Der Herzog ist sitzend abgebildet, unten vor ihm links die Vertreterin des Gottes der Kaufleute und Diebe, rechts eine Mutter mit zwei Kindern, dank¬ bare Almosenempfänger. Das größte und neueste Denkmal dieser Art in Italien ist dasjenige Tizians in der Kirche Se. Maria Gloriosa al Frari. Es steht demjenigen Canovas grade gegenüber. Tizian hat einen schlechten Tausch gethan, so viel Marmor sür ihn auch unter den Meißel genommen worden ist.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/110>, abgerufen am 23.07.2024.