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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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iliren, sondern um schlicht und einfach wieder zu erzählen, was sie darin ge¬
lesen, da, wo es angeht, mit. den eignen Worten des Meisters. Hin und
wieder hätte man gewünscht,, daß sie noch vollständiger den kleinen Anstrich
von Gelehrsamkeit vermieden, noch dreister den Ton der freien Erzählung an¬
geschlagen hätte; aber auch so, wie es da ist, wird es der wahren Frauen¬
bildung zuträglicher sein, als die vielen theoretischen Bücher, die, anstatt Hand
ans Werk zu legen, erst sehr gründlich darüber hin und her räsvnniren, wie
man Hand ans Werk legen müsse. Indem wir dem schönen Unternehmen
glücklichen Fortgang und eine recht lebhafte Anerkennung wünschen, können
wir uns nicht enthalten, aus der Vorrede die Art und Weise mitzuth> i!en,
wie sich die Verfasserin das Verhältniß der Bildung zum wahren Beruf des
Weibes vorstellt.

"Die Gattin soll nicht Dienerin, sondern Freundin und Gefährtin des
Mannes sein, seine Stütze und sein Trost in Zeiten der Trübsal. Sie bedarf
dazu einer Geistesbildung, die sie befähigt, die Interessen des Mannes zu
verstehen, und einer Bildung des Herzens, die sie frei macht von Selbstsucht,
Genußsucht und Eitelkeit, -- Die Mutter soll nicht allein Pflegerin, sie soll
auch Erzieherin der Kinder sein; die erste mütterliche -Leitung bestimmt fast
immer, über die Lebensrichtung der ihr anvertrauten Seelen, sie bringt gleich¬
sam Grundton und Färbung des ganzen Wesens hervor und bewirkt somit
Glück oder Unglück in sich immer erweiternden Kreise. Aber die wichtige,
heilige Aufgabe der Erziehung wird in unsern schwierigen Verhältnissen nur
dann vollständig erfüllt werden können, wenn ein gebildeter Geist dem "Jn-
stincte der Mutterliebe" zu Hilfe kommt. -- Die Hausfrau hat in gleicher
Weise für das körperliche und geistige Wohl aller Familienglieder zu sorgen.
Ihr ist die Überwachung - jener tausend kleinen Obliegenheiten und'Geschäfte
übertragen, deren Bedeutung wir erst erkennen, wenn sie versäumt oder ohne
Einsicht und Liebe gethan werden -- was nur zu oft zu den peinlichsten
Störungen des Familienfriebens Veranlassung gibt. Und Hand in Hand
mit diesen bald größeren, bald kleineren Pflichten, die sich aus das materielle
Gedeihen der Familie bezieh'en, geht die Sorge der Hausmutter für das geistige
Leben in ihrem Kreise, denn das eine vermag nicht ohne das andere . zu
bestehen. Wie wir die ordnende, sorgsame, verschönernde Hand gebildeter
Frauen in jeder äußeren Kleinigkeit erkennen, so empfinden wir auch den Hauch
ihres Geistes im Großen wie im Kleinsten. Er durchweht sozusagen das
' ganze Haus; er drückt sich in jedem einzelnen Mitgliede der Familie, in ihrem
Zusammenleben, in ihrem Interesse für das Gute und Schöne aus; er ver¬
breitet über alle, die sich diesem Kreise nahen, jenes heitere Behagen, von
dem wir nicht wissen, woher es kommt oder worin es liegt -- es ist aber des
Hauses bester Segen, der Segen einer wahren Frauenbildung. -- Auch jene


iliren, sondern um schlicht und einfach wieder zu erzählen, was sie darin ge¬
lesen, da, wo es angeht, mit. den eignen Worten des Meisters. Hin und
wieder hätte man gewünscht,, daß sie noch vollständiger den kleinen Anstrich
von Gelehrsamkeit vermieden, noch dreister den Ton der freien Erzählung an¬
geschlagen hätte; aber auch so, wie es da ist, wird es der wahren Frauen¬
bildung zuträglicher sein, als die vielen theoretischen Bücher, die, anstatt Hand
ans Werk zu legen, erst sehr gründlich darüber hin und her räsvnniren, wie
man Hand ans Werk legen müsse. Indem wir dem schönen Unternehmen
glücklichen Fortgang und eine recht lebhafte Anerkennung wünschen, können
wir uns nicht enthalten, aus der Vorrede die Art und Weise mitzuth> i!en,
wie sich die Verfasserin das Verhältniß der Bildung zum wahren Beruf des
Weibes vorstellt.

„Die Gattin soll nicht Dienerin, sondern Freundin und Gefährtin des
Mannes sein, seine Stütze und sein Trost in Zeiten der Trübsal. Sie bedarf
dazu einer Geistesbildung, die sie befähigt, die Interessen des Mannes zu
verstehen, und einer Bildung des Herzens, die sie frei macht von Selbstsucht,
Genußsucht und Eitelkeit, — Die Mutter soll nicht allein Pflegerin, sie soll
auch Erzieherin der Kinder sein; die erste mütterliche -Leitung bestimmt fast
immer, über die Lebensrichtung der ihr anvertrauten Seelen, sie bringt gleich¬
sam Grundton und Färbung des ganzen Wesens hervor und bewirkt somit
Glück oder Unglück in sich immer erweiternden Kreise. Aber die wichtige,
heilige Aufgabe der Erziehung wird in unsern schwierigen Verhältnissen nur
dann vollständig erfüllt werden können, wenn ein gebildeter Geist dem „Jn-
stincte der Mutterliebe" zu Hilfe kommt. — Die Hausfrau hat in gleicher
Weise für das körperliche und geistige Wohl aller Familienglieder zu sorgen.
Ihr ist die Überwachung - jener tausend kleinen Obliegenheiten und'Geschäfte
übertragen, deren Bedeutung wir erst erkennen, wenn sie versäumt oder ohne
Einsicht und Liebe gethan werden — was nur zu oft zu den peinlichsten
Störungen des Familienfriebens Veranlassung gibt. Und Hand in Hand
mit diesen bald größeren, bald kleineren Pflichten, die sich aus das materielle
Gedeihen der Familie bezieh'en, geht die Sorge der Hausmutter für das geistige
Leben in ihrem Kreise, denn das eine vermag nicht ohne das andere . zu
bestehen. Wie wir die ordnende, sorgsame, verschönernde Hand gebildeter
Frauen in jeder äußeren Kleinigkeit erkennen, so empfinden wir auch den Hauch
ihres Geistes im Großen wie im Kleinsten. Er durchweht sozusagen das
' ganze Haus; er drückt sich in jedem einzelnen Mitgliede der Familie, in ihrem
Zusammenleben, in ihrem Interesse für das Gute und Schöne aus; er ver¬
breitet über alle, die sich diesem Kreise nahen, jenes heitere Behagen, von
dem wir nicht wissen, woher es kommt oder worin es liegt — es ist aber des
Hauses bester Segen, der Segen einer wahren Frauenbildung. — Auch jene


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[0522] iliren, sondern um schlicht und einfach wieder zu erzählen, was sie darin ge¬ lesen, da, wo es angeht, mit. den eignen Worten des Meisters. Hin und wieder hätte man gewünscht,, daß sie noch vollständiger den kleinen Anstrich von Gelehrsamkeit vermieden, noch dreister den Ton der freien Erzählung an¬ geschlagen hätte; aber auch so, wie es da ist, wird es der wahren Frauen¬ bildung zuträglicher sein, als die vielen theoretischen Bücher, die, anstatt Hand ans Werk zu legen, erst sehr gründlich darüber hin und her räsvnniren, wie man Hand ans Werk legen müsse. Indem wir dem schönen Unternehmen glücklichen Fortgang und eine recht lebhafte Anerkennung wünschen, können wir uns nicht enthalten, aus der Vorrede die Art und Weise mitzuth> i!en, wie sich die Verfasserin das Verhältniß der Bildung zum wahren Beruf des Weibes vorstellt. „Die Gattin soll nicht Dienerin, sondern Freundin und Gefährtin des Mannes sein, seine Stütze und sein Trost in Zeiten der Trübsal. Sie bedarf dazu einer Geistesbildung, die sie befähigt, die Interessen des Mannes zu verstehen, und einer Bildung des Herzens, die sie frei macht von Selbstsucht, Genußsucht und Eitelkeit, — Die Mutter soll nicht allein Pflegerin, sie soll auch Erzieherin der Kinder sein; die erste mütterliche -Leitung bestimmt fast immer, über die Lebensrichtung der ihr anvertrauten Seelen, sie bringt gleich¬ sam Grundton und Färbung des ganzen Wesens hervor und bewirkt somit Glück oder Unglück in sich immer erweiternden Kreise. Aber die wichtige, heilige Aufgabe der Erziehung wird in unsern schwierigen Verhältnissen nur dann vollständig erfüllt werden können, wenn ein gebildeter Geist dem „Jn- stincte der Mutterliebe" zu Hilfe kommt. — Die Hausfrau hat in gleicher Weise für das körperliche und geistige Wohl aller Familienglieder zu sorgen. Ihr ist die Überwachung - jener tausend kleinen Obliegenheiten und'Geschäfte übertragen, deren Bedeutung wir erst erkennen, wenn sie versäumt oder ohne Einsicht und Liebe gethan werden — was nur zu oft zu den peinlichsten Störungen des Familienfriebens Veranlassung gibt. Und Hand in Hand mit diesen bald größeren, bald kleineren Pflichten, die sich aus das materielle Gedeihen der Familie bezieh'en, geht die Sorge der Hausmutter für das geistige Leben in ihrem Kreise, denn das eine vermag nicht ohne das andere . zu bestehen. Wie wir die ordnende, sorgsame, verschönernde Hand gebildeter Frauen in jeder äußeren Kleinigkeit erkennen, so empfinden wir auch den Hauch ihres Geistes im Großen wie im Kleinsten. Er durchweht sozusagen das ' ganze Haus; er drückt sich in jedem einzelnen Mitgliede der Familie, in ihrem Zusammenleben, in ihrem Interesse für das Gute und Schöne aus; er ver¬ breitet über alle, die sich diesem Kreise nahen, jenes heitere Behagen, von dem wir nicht wissen, woher es kommt oder worin es liegt — es ist aber des Hauses bester Segen, der Segen einer wahren Frauenbildung. — Auch jene

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/522>, abgerufen am 23.06.2024.