Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.Staatsanwalt appellirte, das Kammergericht, das in zweiter Instanz zu entscheiden An die Buchhandlung Löwenstein K Comp. Nachdem das Königl. Der Ober-Procurator (der Name unleserlich.) Erstens erfahren wir also aus dieser Verordnung, welche uns dnrch einen Zu- Viel merkwürdiger ist aber ein zweiter Umstand. Weil das Kreisgericht in 1 t *
Staatsanwalt appellirte, das Kammergericht, das in zweiter Instanz zu entscheiden An die Buchhandlung Löwenstein K Comp. Nachdem das Königl. Der Ober-Procurator (der Name unleserlich.) Erstens erfahren wir also aus dieser Verordnung, welche uns dnrch einen Zu- Viel merkwürdiger ist aber ein zweiter Umstand. Weil das Kreisgericht in 1 t *
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0115" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/101642"/> <p xml:id="ID_273" prev="#ID_272"> Staatsanwalt appellirte, das Kammergericht, das in zweiter Instanz zu entscheiden<lb/> hatte, beobachtete dasselbe Verfahren, wie das Stadtgericht, und auch hier erfolgte<lb/> die Freisprechung. In vielen andern Fällen ist aber nichts dergleichen geschehen;<lb/> namentlich in Minden wurden sehr viele von unsern Nummern confiscire, einige<lb/> davon von der Staatsanwaltschaft freigegeben, andere, wie wir hören, freigesprochen,<lb/> in einem Fall (wegen eines elbinger Artikels) erfolgte die Verurtheilung. Von<lb/> allen diesen Processen ist uns nichts mitgetheilt worden, wir sind erst lange Zeit<lb/> darnach durch anderweitige Mittheilungen darauf aufmerksam gemacht worden. Jener<lb/> Artikel war von der Art, daß wir in zweiter Instanz mit fester Zuversicht auf eine<lb/> Freisprechung rechnen durften; es war uns aber unmöglich, dieses Rechtsmittel an¬<lb/> zuwenden, weil wir von dem ganzen Proceß nichts wußten. Neuerdings ist etwas<lb/> Aehnliches erfolgt, wie wir aus einer gerichtlichen Verordnung erfahren haben, die<lb/> uns von befreundeter Hand mitgetheilt ist, und die wir hier Mittheilen, weil sich<lb/> mehre ernsthafte Betrachtungen daran knüpfen.</p><lb/> <quote> An die Buchhandlung Löwenstein K Comp. Nachdem das Königl.<lb/> Kreisgcricht zu Pr. Stargard durch Erkenntniß vom 10. d. Mes. aus Grund<lb/> des §. -100 des Ser. G. Bades und des ez. 30 vom 12. Mai 1851 auf Ver¬<lb/> nichtung des Artikels „die letzte Session der preußischen Kammern", abgedruckt<lb/> in der zu Leipzig bei S. Hirzel heraufkommenden Zeitschrift „der Grenzbote<lb/> Jahrgang 14 Semester II. Ur. 39 Seite i89 u. f. f." sammt den Platten und<lb/> Formen auf welchen sich derselbe befindet, erkannt hat, sind die bei Ihnen unterm<lb/> 19. Scptbr. d. I. in Beschlag genommenen Sechs Exemplare der im Verlage<lb/> von S.'Hirzel zu. Leipzig erschienenen und „die letzte Session der preußischen<lb/> Kammern" betittelten Druckschrift vernichtet worden.</quote><lb/> <note type="bibl"> Der Ober-Procurator<lb/> (der Name unleserlich.)</note><lb/> <p xml:id="ID_274"> Erstens erfahren wir also aus dieser Verordnung, welche uns dnrch einen Zu-<lb/> fall zu Gesicht gekommen ist, daß das Gericht von Pr. Stargard einen Artikel der<lb/> Grenzboten verurtheilt hat. Der Artikel war nach unsrer Ueberzeugung so ruhig<lb/> gehalten, daß in einer zweiten Instanz unsre Freisprechung außer Zweifel stand.<lb/> ^ war darin von der Regierung in keiner Weise die Rede, sondern nur von einer<lb/> Partei in der zweiten Kammer, ja selbst von dieser war in den gemäßigtsten Aus¬<lb/> drücken gesprochen; da wir aber von dem gegen uns eingeleiteten Verfahren nicht<lb/> benachrichtigt worden sind, so war uns dieses Rechtsmittel versagt.</p><lb/> <p xml:id="ID_275" next="#ID_276"> Viel merkwürdiger ist aber ein zweiter Umstand. Weil das Kreisgericht in<lb/> Pr. Stargard einen Artikel der Grenzboten mit der Ueberschrift: „Die letzte Session<lb/> der preußischen Kammern" verurtheilt hat, deshalb erkennt der Obcrprocurator<lb/> von Elberfeld zu Recht, daß eine Broschüre, welche denselben Titel führt, und welche<lb/> um Verlage von S. Hirzel zu Leipzig erschiene» ist, vernichtet werden soll. Wo<lb/> ist hier nun der Rechtszusammenhang? Etwa in dem gleichen Titel? oder weil<lb/> beide in dem gleichen Verlag erschienen sein sollen? Zwar ist das ein Irrthum,<lb/> denn die Grenzboten erscheinen nicht, wie der Oberprocuratvr meint, bei S. Hir¬<lb/> zel, sondern bei 'F. L. Herbig, wie es mit gesperrten Lettern der Verordnung ge¬<lb/> mäß am Schluß des Heftes bemerkt ist; aber wenn auch das der Fall sein sollte,</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 1 t *</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0115]
Staatsanwalt appellirte, das Kammergericht, das in zweiter Instanz zu entscheiden
hatte, beobachtete dasselbe Verfahren, wie das Stadtgericht, und auch hier erfolgte
die Freisprechung. In vielen andern Fällen ist aber nichts dergleichen geschehen;
namentlich in Minden wurden sehr viele von unsern Nummern confiscire, einige
davon von der Staatsanwaltschaft freigegeben, andere, wie wir hören, freigesprochen,
in einem Fall (wegen eines elbinger Artikels) erfolgte die Verurtheilung. Von
allen diesen Processen ist uns nichts mitgetheilt worden, wir sind erst lange Zeit
darnach durch anderweitige Mittheilungen darauf aufmerksam gemacht worden. Jener
Artikel war von der Art, daß wir in zweiter Instanz mit fester Zuversicht auf eine
Freisprechung rechnen durften; es war uns aber unmöglich, dieses Rechtsmittel an¬
zuwenden, weil wir von dem ganzen Proceß nichts wußten. Neuerdings ist etwas
Aehnliches erfolgt, wie wir aus einer gerichtlichen Verordnung erfahren haben, die
uns von befreundeter Hand mitgetheilt ist, und die wir hier Mittheilen, weil sich
mehre ernsthafte Betrachtungen daran knüpfen.
An die Buchhandlung Löwenstein K Comp. Nachdem das Königl.
Kreisgcricht zu Pr. Stargard durch Erkenntniß vom 10. d. Mes. aus Grund
des §. -100 des Ser. G. Bades und des ez. 30 vom 12. Mai 1851 auf Ver¬
nichtung des Artikels „die letzte Session der preußischen Kammern", abgedruckt
in der zu Leipzig bei S. Hirzel heraufkommenden Zeitschrift „der Grenzbote
Jahrgang 14 Semester II. Ur. 39 Seite i89 u. f. f." sammt den Platten und
Formen auf welchen sich derselbe befindet, erkannt hat, sind die bei Ihnen unterm
19. Scptbr. d. I. in Beschlag genommenen Sechs Exemplare der im Verlage
von S.'Hirzel zu. Leipzig erschienenen und „die letzte Session der preußischen
Kammern" betittelten Druckschrift vernichtet worden.
Der Ober-Procurator
(der Name unleserlich.)
Erstens erfahren wir also aus dieser Verordnung, welche uns dnrch einen Zu-
fall zu Gesicht gekommen ist, daß das Gericht von Pr. Stargard einen Artikel der
Grenzboten verurtheilt hat. Der Artikel war nach unsrer Ueberzeugung so ruhig
gehalten, daß in einer zweiten Instanz unsre Freisprechung außer Zweifel stand.
^ war darin von der Regierung in keiner Weise die Rede, sondern nur von einer
Partei in der zweiten Kammer, ja selbst von dieser war in den gemäßigtsten Aus¬
drücken gesprochen; da wir aber von dem gegen uns eingeleiteten Verfahren nicht
benachrichtigt worden sind, so war uns dieses Rechtsmittel versagt.
Viel merkwürdiger ist aber ein zweiter Umstand. Weil das Kreisgericht in
Pr. Stargard einen Artikel der Grenzboten mit der Ueberschrift: „Die letzte Session
der preußischen Kammern" verurtheilt hat, deshalb erkennt der Obcrprocurator
von Elberfeld zu Recht, daß eine Broschüre, welche denselben Titel führt, und welche
um Verlage von S. Hirzel zu Leipzig erschiene» ist, vernichtet werden soll. Wo
ist hier nun der Rechtszusammenhang? Etwa in dem gleichen Titel? oder weil
beide in dem gleichen Verlag erschienen sein sollen? Zwar ist das ein Irrthum,
denn die Grenzboten erscheinen nicht, wie der Oberprocuratvr meint, bei S. Hir¬
zel, sondern bei 'F. L. Herbig, wie es mit gesperrten Lettern der Verordnung ge¬
mäß am Schluß des Heftes bemerkt ist; aber wenn auch das der Fall sein sollte,
1 t *
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |