Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

würde den doppelten Vortheil bieten, daß dadurch nicht nur die Bewegungen
deö Gros gedeckt würden, sondern es wäre damit auch zugleich ein linkssei¬
tiges Pivot in für die letzte Einigung zu taktischen Combinationen in nicht
zu weit entlegener Distance gewonnen, auf welchem die Hauptarme sich angriffs¬
weise drehen und den Feind, indem der linke Flügel refüsirt bliebe und ihn be¬
schäftigte, der rechte Flügel und das Centrum aber vorgingen und ihn in Flanke
und Rücken faßten, in die Alternative des sofortigen Rückzuges od<r die Ge¬
fahr einer großen Katastrophe versetzen könnte. Es ist wahr und ich bin,
in Erinnerung an frühere, bei Gelegenheit der Besprechung der Dispositionen
zur Almaschlacht bekannte strategische Mariner am wenigsten in dem Fall eS
leugnen zu können, daß es ein ungleich nachdrücklicheres Verfahren sein würde,
wenn man seine Streitmassen rechts zurückhielte, mit dem linken Flügel, wo
alsdann der Hauptaccent unsrer Kraft gelegen sein müßte, vorginge, um den
Feind vo/r hier aus zu bebordiren und, nachdem er im glücklichsten Falle
die Schlachtentscheidung angenommen und umfaßt worden, rechtswärts auf
das Meer zu werfen; allein die Aussicht darauf, daß er in die Falle gehen
werde, ist im Grunde genommen doch zu gering, um darauf das Angriffs¬
arrangement basiren und die weiter oben auseinandergesetzten Vortheile, die ein
Operiren mit dem Gros in der dichtesten Nähe des Meeres bietet, um deswillen
opfern zu können. Außerdem kann in besonders günstigen Fällen, wo ein
Agiren mit dem linken Flügel sich vorzugsweise empfiehlt, in verhältnißmäßig
nicht allzugroßer Zeit, durch Seitwärtsschiebung einer Anzahl Divisionen aus
der Mitte jener für den betreffenden Zweck ausreichend verstärkt werden. Die
Lehre aber wollen wir aus der hier dargelegten Sachlage gleich im voraus
entnehme": daß, wenn auch die Rechte und das Centrum bestimmt sind, die
Hauptmasse der AngrissSarmee in sich zu einigen, dennoch die linke nicht zu
schwach gemacht, nicht etwa blos als ein fliegendes Corps organisirt werden
darf, damit sie im Stande ist, die doppelte, ihr aufzuerlegende Function zu
erfüllen: Pivot für die Bewegungen des Gros zu sein und unter Umständen,
in der Eile verstärkt, als solches selbst zu operiren.

In der letzteren Bestimmung liegt noch eine andere, bereits flüchtig be¬
rührte Bedingung ausgesprochen, aus die ich hier aber aus Gründen der
größern Verständlichkeit noch behufs näherer Prüfung zurückkommen muß. Die
Größe der Entfernung, welche die Mitte von dem linken Armeeflügel scheidet,
wird das Maß der Schwierigkeiten ausdrücken, die einer Verlegung der spe¬
rrenden Hauptmassen von rechts nach links entgegenstehen. Es ist mithin klar,
daß, um dieselben nicht allzusehr anwachsen zu lassen, der linke Flügel niemals
in die Stellung eines detachirten und außer directer Verbindung mit dem
Gros stehenden, durch weite Distancen von ihm geschiedenen Armeecorps treten
darf.


würde den doppelten Vortheil bieten, daß dadurch nicht nur die Bewegungen
deö Gros gedeckt würden, sondern es wäre damit auch zugleich ein linkssei¬
tiges Pivot in für die letzte Einigung zu taktischen Combinationen in nicht
zu weit entlegener Distance gewonnen, auf welchem die Hauptarme sich angriffs¬
weise drehen und den Feind, indem der linke Flügel refüsirt bliebe und ihn be¬
schäftigte, der rechte Flügel und das Centrum aber vorgingen und ihn in Flanke
und Rücken faßten, in die Alternative des sofortigen Rückzuges od<r die Ge¬
fahr einer großen Katastrophe versetzen könnte. Es ist wahr und ich bin,
in Erinnerung an frühere, bei Gelegenheit der Besprechung der Dispositionen
zur Almaschlacht bekannte strategische Mariner am wenigsten in dem Fall eS
leugnen zu können, daß es ein ungleich nachdrücklicheres Verfahren sein würde,
wenn man seine Streitmassen rechts zurückhielte, mit dem linken Flügel, wo
alsdann der Hauptaccent unsrer Kraft gelegen sein müßte, vorginge, um den
Feind vo/r hier aus zu bebordiren und, nachdem er im glücklichsten Falle
die Schlachtentscheidung angenommen und umfaßt worden, rechtswärts auf
das Meer zu werfen; allein die Aussicht darauf, daß er in die Falle gehen
werde, ist im Grunde genommen doch zu gering, um darauf das Angriffs¬
arrangement basiren und die weiter oben auseinandergesetzten Vortheile, die ein
Operiren mit dem Gros in der dichtesten Nähe des Meeres bietet, um deswillen
opfern zu können. Außerdem kann in besonders günstigen Fällen, wo ein
Agiren mit dem linken Flügel sich vorzugsweise empfiehlt, in verhältnißmäßig
nicht allzugroßer Zeit, durch Seitwärtsschiebung einer Anzahl Divisionen aus
der Mitte jener für den betreffenden Zweck ausreichend verstärkt werden. Die
Lehre aber wollen wir aus der hier dargelegten Sachlage gleich im voraus
entnehme»: daß, wenn auch die Rechte und das Centrum bestimmt sind, die
Hauptmasse der AngrissSarmee in sich zu einigen, dennoch die linke nicht zu
schwach gemacht, nicht etwa blos als ein fliegendes Corps organisirt werden
darf, damit sie im Stande ist, die doppelte, ihr aufzuerlegende Function zu
erfüllen: Pivot für die Bewegungen des Gros zu sein und unter Umständen,
in der Eile verstärkt, als solches selbst zu operiren.

In der letzteren Bestimmung liegt noch eine andere, bereits flüchtig be¬
rührte Bedingung ausgesprochen, aus die ich hier aber aus Gründen der
größern Verständlichkeit noch behufs näherer Prüfung zurückkommen muß. Die
Größe der Entfernung, welche die Mitte von dem linken Armeeflügel scheidet,
wird das Maß der Schwierigkeiten ausdrücken, die einer Verlegung der spe¬
rrenden Hauptmassen von rechts nach links entgegenstehen. Es ist mithin klar,
daß, um dieselben nicht allzusehr anwachsen zu lassen, der linke Flügel niemals
in die Stellung eines detachirten und außer directer Verbindung mit dem
Gros stehenden, durch weite Distancen von ihm geschiedenen Armeecorps treten
darf.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0076" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/101069"/>
          <p xml:id="ID_221" prev="#ID_220"> würde den doppelten Vortheil bieten, daß dadurch nicht nur die Bewegungen<lb/>
deö Gros gedeckt würden, sondern es wäre damit auch zugleich ein linkssei¬<lb/>
tiges Pivot in für die letzte Einigung zu taktischen Combinationen in nicht<lb/>
zu weit entlegener Distance gewonnen, auf welchem die Hauptarme sich angriffs¬<lb/>
weise drehen und den Feind, indem der linke Flügel refüsirt bliebe und ihn be¬<lb/>
schäftigte, der rechte Flügel und das Centrum aber vorgingen und ihn in Flanke<lb/>
und Rücken faßten, in die Alternative des sofortigen Rückzuges od&lt;r die Ge¬<lb/>
fahr einer großen Katastrophe versetzen könnte. Es ist wahr und ich bin,<lb/>
in Erinnerung an frühere, bei Gelegenheit der Besprechung der Dispositionen<lb/>
zur Almaschlacht bekannte strategische Mariner am wenigsten in dem Fall eS<lb/>
leugnen zu können, daß es ein ungleich nachdrücklicheres Verfahren sein würde,<lb/>
wenn man seine Streitmassen rechts zurückhielte, mit dem linken Flügel, wo<lb/>
alsdann der Hauptaccent unsrer Kraft gelegen sein müßte, vorginge, um den<lb/>
Feind vo/r hier aus zu bebordiren und, nachdem er im glücklichsten Falle<lb/>
die Schlachtentscheidung angenommen und umfaßt worden, rechtswärts auf<lb/>
das Meer zu werfen; allein die Aussicht darauf, daß er in die Falle gehen<lb/>
werde, ist im Grunde genommen doch zu gering, um darauf das Angriffs¬<lb/>
arrangement basiren und die weiter oben auseinandergesetzten Vortheile, die ein<lb/>
Operiren mit dem Gros in der dichtesten Nähe des Meeres bietet, um deswillen<lb/>
opfern zu können. Außerdem kann in besonders günstigen Fällen, wo ein<lb/>
Agiren mit dem linken Flügel sich vorzugsweise empfiehlt, in verhältnißmäßig<lb/>
nicht allzugroßer Zeit, durch Seitwärtsschiebung einer Anzahl Divisionen aus<lb/>
der Mitte jener für den betreffenden Zweck ausreichend verstärkt werden. Die<lb/>
Lehre aber wollen wir aus der hier dargelegten Sachlage gleich im voraus<lb/>
entnehme»: daß, wenn auch die Rechte und das Centrum bestimmt sind, die<lb/>
Hauptmasse der AngrissSarmee in sich zu einigen, dennoch die linke nicht zu<lb/>
schwach gemacht, nicht etwa blos als ein fliegendes Corps organisirt werden<lb/>
darf, damit sie im Stande ist, die doppelte, ihr aufzuerlegende Function zu<lb/>
erfüllen: Pivot für die Bewegungen des Gros zu sein und unter Umständen,<lb/>
in der Eile verstärkt, als solches selbst zu operiren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_222"> In der letzteren Bestimmung liegt noch eine andere, bereits flüchtig be¬<lb/>
rührte Bedingung ausgesprochen, aus die ich hier aber aus Gründen der<lb/>
größern Verständlichkeit noch behufs näherer Prüfung zurückkommen muß. Die<lb/>
Größe der Entfernung, welche die Mitte von dem linken Armeeflügel scheidet,<lb/>
wird das Maß der Schwierigkeiten ausdrücken, die einer Verlegung der spe¬<lb/>
rrenden Hauptmassen von rechts nach links entgegenstehen. Es ist mithin klar,<lb/>
daß, um dieselben nicht allzusehr anwachsen zu lassen, der linke Flügel niemals<lb/>
in die Stellung eines detachirten und außer directer Verbindung mit dem<lb/>
Gros stehenden, durch weite Distancen von ihm geschiedenen Armeecorps treten<lb/>
darf.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0076] würde den doppelten Vortheil bieten, daß dadurch nicht nur die Bewegungen deö Gros gedeckt würden, sondern es wäre damit auch zugleich ein linkssei¬ tiges Pivot in für die letzte Einigung zu taktischen Combinationen in nicht zu weit entlegener Distance gewonnen, auf welchem die Hauptarme sich angriffs¬ weise drehen und den Feind, indem der linke Flügel refüsirt bliebe und ihn be¬ schäftigte, der rechte Flügel und das Centrum aber vorgingen und ihn in Flanke und Rücken faßten, in die Alternative des sofortigen Rückzuges od<r die Ge¬ fahr einer großen Katastrophe versetzen könnte. Es ist wahr und ich bin, in Erinnerung an frühere, bei Gelegenheit der Besprechung der Dispositionen zur Almaschlacht bekannte strategische Mariner am wenigsten in dem Fall eS leugnen zu können, daß es ein ungleich nachdrücklicheres Verfahren sein würde, wenn man seine Streitmassen rechts zurückhielte, mit dem linken Flügel, wo alsdann der Hauptaccent unsrer Kraft gelegen sein müßte, vorginge, um den Feind vo/r hier aus zu bebordiren und, nachdem er im glücklichsten Falle die Schlachtentscheidung angenommen und umfaßt worden, rechtswärts auf das Meer zu werfen; allein die Aussicht darauf, daß er in die Falle gehen werde, ist im Grunde genommen doch zu gering, um darauf das Angriffs¬ arrangement basiren und die weiter oben auseinandergesetzten Vortheile, die ein Operiren mit dem Gros in der dichtesten Nähe des Meeres bietet, um deswillen opfern zu können. Außerdem kann in besonders günstigen Fällen, wo ein Agiren mit dem linken Flügel sich vorzugsweise empfiehlt, in verhältnißmäßig nicht allzugroßer Zeit, durch Seitwärtsschiebung einer Anzahl Divisionen aus der Mitte jener für den betreffenden Zweck ausreichend verstärkt werden. Die Lehre aber wollen wir aus der hier dargelegten Sachlage gleich im voraus entnehme»: daß, wenn auch die Rechte und das Centrum bestimmt sind, die Hauptmasse der AngrissSarmee in sich zu einigen, dennoch die linke nicht zu schwach gemacht, nicht etwa blos als ein fliegendes Corps organisirt werden darf, damit sie im Stande ist, die doppelte, ihr aufzuerlegende Function zu erfüllen: Pivot für die Bewegungen des Gros zu sein und unter Umständen, in der Eile verstärkt, als solches selbst zu operiren. In der letzteren Bestimmung liegt noch eine andere, bereits flüchtig be¬ rührte Bedingung ausgesprochen, aus die ich hier aber aus Gründen der größern Verständlichkeit noch behufs näherer Prüfung zurückkommen muß. Die Größe der Entfernung, welche die Mitte von dem linken Armeeflügel scheidet, wird das Maß der Schwierigkeiten ausdrücken, die einer Verlegung der spe¬ rrenden Hauptmassen von rechts nach links entgegenstehen. Es ist mithin klar, daß, um dieselben nicht allzusehr anwachsen zu lassen, der linke Flügel niemals in die Stellung eines detachirten und außer directer Verbindung mit dem Gros stehenden, durch weite Distancen von ihm geschiedenen Armeecorps treten darf.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/76
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/76>, abgerufen am 25.08.2024.