Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.spende, so weit sie merkantiler und finanzieller Natur sind, die nicht erwogen und des Der Augenblick, in welchem ich schreibe, ist insofern bezeichnuugswcrth, als sich Dieser große Effect ist, wie leicht begreiflich, Mittelpunkt aller localen Ge¬ spende, so weit sie merkantiler und finanzieller Natur sind, die nicht erwogen und des Der Augenblick, in welchem ich schreibe, ist insofern bezeichnuugswcrth, als sich Dieser große Effect ist, wie leicht begreiflich, Mittelpunkt aller localen Ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0439" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/101432"/> <p xml:id="ID_1307" prev="#ID_1306"> spende, so weit sie merkantiler und finanzieller Natur sind, die nicht erwogen und des<lb/> Näheren in der Oeffentlichkeit wie anderwärts besprochen worden ist; aber was wenig<lb/> Würdigung bis dahin gefunden hat, das sind die hochwichtigen militärischen Be¬<lb/> ziehungen dieser beiden Werke, von denen namentlich die Eisenbahn ein Haupthebel<lb/> in der Hand der türkischen Vertheidigung werden kann. Um eine Nachricht von<lb/> hier aus bis Sofia oder jenseits des Balkans gelangen zu lassen, braucht mau<lb/> heute zwei Tage und mehr (die Posttataren reiten meistens 3—Tage); aber eine<lb/> Truppe bedarf für diesen Marsch mindestens zwei bis drei Wochen. In Zukunft<lb/> und zwar sobald die Eisenbahn bis dahin vollendet sein wird, darf man hoffen, sie<lb/> binnen einem Tage an das fragliche Ziel zu schaffen und binnen zwei Tagen zur<lb/> Donau, welcher letztere Marsch heute noch im günstigsten Falle einen Monat erheischt.<lb/> Der erwähnte Kanal und der mit seiner Ausführung in Verbindung zu stellende<lb/> Hafenbau wird ähnliche, wenn auch nicht ganz so große Verschiebungen der seit¬<lb/> herigen Verhältnisse bedingen. Anstatt Varna zum Secdepot für die vorgeschobene<lb/> Donaufroute machen zu müssen, in welcher Nothwendigkeit man sich bis jetzt befand, ^nur<lb/> man diesen Rückhalts- wie Verpflegungs- und Versorgungspunkt bisKüsteudsche vorschie¬<lb/> ben, mithin die Vertheidigungslinie aus einen ihrer Flügel, als nach hinterwärts, quer<lb/> durch einen wasserlosen Landstrich stützen, wobei man nur nöthig haben wird, die Trans¬<lb/> portfahrzeuge mit Material und Lebensbedarf in den Kanal und von dort in die<lb/> Donau einsegeln zu lassen, anstatt die Vorräthe löschen und darnach pr. Ar,c und<lb/> ans verschieden langen Wegen den einzelnen Plätzen zuführen zu müssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1308"> Der Augenblick, in welchem ich schreibe, ist insofern bezeichnuugswcrth, als sich<lb/> in ihm etwas vollendet hat, was vordem wenige für wahrscheinlich, und die meisten<lb/> für ebenso unmöglich erachteten, als eine wirksame Reorganisation der türkischen<lb/> Armee: die Wiederbasirnng des osmanischen Papiergeldes oder der Kalan. In<lb/> einem Aussatze über die osmanischen Staatsfinanzen aus dem Jahre 1834 schrieb<lb/> ich, daß man die vorhandene Menge der türkischen Werthpapiere ans 800 Millio¬<lb/> nen Piaster schätzen könne. Seitdem steigerte sie sich aus etwa 1000 Millionen;<lb/> aber diese Masse hatte nur nominell jenen Werth, indem sie gegen 23 Procent im<lb/> Verkehr, dem Silber gegenüber, verlor. Sie repräsentirte mithin effectiv nur<lb/> 7S0 Millionen. Die am 16. vorigen Monats erfolgte Ankunft des Herrn von<lb/> Rothschild allein schon war im Stande, ein Steigen um fünf Procent zu bewirken,<lb/> oder der Papiermasse von dem Werthe, welchen sie verloren hatte, 30 Millionen<lb/> zurückzugeben. Heute steht der Piaster in Papier nahezu aus Pari d. h. es hat<lb/> die Thätigkeit oder besser zu sagen das bloße Wort des großen Bankiers ausgereicht,<lb/> um 230 Millionen aus den hiesigen Platz zu werfen, die unmittelbar vordem nicht<lb/> vorhanden gewesen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1309" next="#ID_1310"> Dieser große Effect ist, wie leicht begreiflich, Mittelpunkt aller localen Ge¬<lb/> spräche geworden. Es muß eingestanden werden, daß der Vorgang vielen durchaus<lb/> unerwartet gekommen ist, und sie überrascht hat. Auf der Börse in Galata herrschte<lb/> in den letzten Tagen ein wahrhaft panischer Schrecken. Man wagte vor der Hand<lb/> über die Wirkungen noch keine Vermuthungen aufzustellen, aber es mag geschehen,<lb/> daß in der nächsten Woche viele Zahlungseinstellungen erklärt werden. Das hente<lb/> erschienene „Journal de Constantinople" widmet der „Krisis", wie es die Situation<lb/> bezeichnet, seinen ersten Artikel; die Course von Gold und Silber sind darin um et-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0439]
spende, so weit sie merkantiler und finanzieller Natur sind, die nicht erwogen und des
Näheren in der Oeffentlichkeit wie anderwärts besprochen worden ist; aber was wenig
Würdigung bis dahin gefunden hat, das sind die hochwichtigen militärischen Be¬
ziehungen dieser beiden Werke, von denen namentlich die Eisenbahn ein Haupthebel
in der Hand der türkischen Vertheidigung werden kann. Um eine Nachricht von
hier aus bis Sofia oder jenseits des Balkans gelangen zu lassen, braucht mau
heute zwei Tage und mehr (die Posttataren reiten meistens 3—Tage); aber eine
Truppe bedarf für diesen Marsch mindestens zwei bis drei Wochen. In Zukunft
und zwar sobald die Eisenbahn bis dahin vollendet sein wird, darf man hoffen, sie
binnen einem Tage an das fragliche Ziel zu schaffen und binnen zwei Tagen zur
Donau, welcher letztere Marsch heute noch im günstigsten Falle einen Monat erheischt.
Der erwähnte Kanal und der mit seiner Ausführung in Verbindung zu stellende
Hafenbau wird ähnliche, wenn auch nicht ganz so große Verschiebungen der seit¬
herigen Verhältnisse bedingen. Anstatt Varna zum Secdepot für die vorgeschobene
Donaufroute machen zu müssen, in welcher Nothwendigkeit man sich bis jetzt befand, ^nur
man diesen Rückhalts- wie Verpflegungs- und Versorgungspunkt bisKüsteudsche vorschie¬
ben, mithin die Vertheidigungslinie aus einen ihrer Flügel, als nach hinterwärts, quer
durch einen wasserlosen Landstrich stützen, wobei man nur nöthig haben wird, die Trans¬
portfahrzeuge mit Material und Lebensbedarf in den Kanal und von dort in die
Donau einsegeln zu lassen, anstatt die Vorräthe löschen und darnach pr. Ar,c und
ans verschieden langen Wegen den einzelnen Plätzen zuführen zu müssen.
Der Augenblick, in welchem ich schreibe, ist insofern bezeichnuugswcrth, als sich
in ihm etwas vollendet hat, was vordem wenige für wahrscheinlich, und die meisten
für ebenso unmöglich erachteten, als eine wirksame Reorganisation der türkischen
Armee: die Wiederbasirnng des osmanischen Papiergeldes oder der Kalan. In
einem Aussatze über die osmanischen Staatsfinanzen aus dem Jahre 1834 schrieb
ich, daß man die vorhandene Menge der türkischen Werthpapiere ans 800 Millio¬
nen Piaster schätzen könne. Seitdem steigerte sie sich aus etwa 1000 Millionen;
aber diese Masse hatte nur nominell jenen Werth, indem sie gegen 23 Procent im
Verkehr, dem Silber gegenüber, verlor. Sie repräsentirte mithin effectiv nur
7S0 Millionen. Die am 16. vorigen Monats erfolgte Ankunft des Herrn von
Rothschild allein schon war im Stande, ein Steigen um fünf Procent zu bewirken,
oder der Papiermasse von dem Werthe, welchen sie verloren hatte, 30 Millionen
zurückzugeben. Heute steht der Piaster in Papier nahezu aus Pari d. h. es hat
die Thätigkeit oder besser zu sagen das bloße Wort des großen Bankiers ausgereicht,
um 230 Millionen aus den hiesigen Platz zu werfen, die unmittelbar vordem nicht
vorhanden gewesen.
Dieser große Effect ist, wie leicht begreiflich, Mittelpunkt aller localen Ge¬
spräche geworden. Es muß eingestanden werden, daß der Vorgang vielen durchaus
unerwartet gekommen ist, und sie überrascht hat. Auf der Börse in Galata herrschte
in den letzten Tagen ein wahrhaft panischer Schrecken. Man wagte vor der Hand
über die Wirkungen noch keine Vermuthungen aufzustellen, aber es mag geschehen,
daß in der nächsten Woche viele Zahlungseinstellungen erklärt werden. Das hente
erschienene „Journal de Constantinople" widmet der „Krisis", wie es die Situation
bezeichnet, seinen ersten Artikel; die Course von Gold und Silber sind darin um et-
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