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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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Programmes ac la classe 60 rdetorique 6es I^cech et as l'eeole imperiale
cle Käme-L^r par I''ran<)"is Laxin et ?eux (Ä6e>. Paris. 1835.

Die beiden Verfasser, der eine Professor der Geschichte und Geographie,
der andre Professor der Logik liefern in demselben eine Karte, welche drei
Arten von Grenzen Frankreichs angibt und dieselben bezeichnet als:

Linnes <Ze ?ränne Oarlovingienne en 8i3 ('kr-rite <Ze Ver6un).

Linnes grbitraires cle la Kranes ('t'raite ac -I81i et -13).

Linnes naturelles cle la Kranes.

Diese letzte natürliche Grenze stimmt überall mit der willkürlichen überein,
nur daß beim Einfluß der Lauter in den Rhein sich ihr rother Strich von dem
blauen der willkürlichen Grenze trennt und dem Rhein folgend das deutsche
linke Rheinufer, Belgien und einen guten Theil Hollands mit zum natürlichen
Frankreich schlägt.

Dieselbe Unterscheidung der limites arbitraires und limites naturelles
wiederholt sich auf einer spätern Karte, welche die nördliche Grenze Frankreichs
angeben soll, in derselben Weise.

Sonst finden sich in dem Atlas nur noch natürliche Grenzen von Algerien
angegeben. Eine Linie, die als limite naturelle 6e l'.^lxerie t'ormee par une
lißne 6'vasis angegeben wird, schließt Stämme ein, welche sich erst vor wenigen
Wochen den Franzosen unterworfen haben und andre, die noch jetzt nicht unter¬
worfen sind.

Es verlohnt sich kaum der Mühe, hervorzuheben, daß die Verfasser den
Unterschied der natürlichen Grenzen nur gegen Deutschland, Belgien, Holland
und die Araberstämme, nicht aber gegen die Schweiz und Sardinien geltend
machen; sie scheinen letztere zu hoch zu stellen, als daß sie die französische
Grenze um einige Meilen an den Genfersee ober an den Var vorrückten. Es
wäre ebenso überflüssig, darauf aufmerksam zu machen, daß sie den Lauf des
alten Rheins, der bekanntlich nicht mehr Hinderniß bietet als ein gewöhnlicher
Graben, nicht aber südlicher Leck ober Waal als natürliche Grenzen Frankreichs
bezeichnen.

Auf ein Mehr oder Minder kommt es dabei überhaupt nicht an, genug,
daß zwei öffentliche Lehrer in dem Urtheil ihrer Nation kein Hinderniß er¬
kennen, mit Dingen hervorzutreten, die auf der einen Seite abgeschmackt, auf
der andern für die betreffenden Nachbarländer eine Insulte sind, und daß die
französische Jugend frühzeitig gelehrt wird, das linke Rheinufer als ein von
Natur zu Frankreich gehöriges Land anzusehn, welches demselben durch Willkür
entrissen ist.

Daß die französische Regierung solche Manifestationen einer den Nach¬
barn gefährlichen Gesinnung nicht gern sieht, versteht sich von selbst, ebenso-
wol aber, daß sie grade wegen der Allgemeinheit der Ueberzeugung, daß der


Programmes ac la classe 60 rdetorique 6es I^cech et as l'eeole imperiale
cle Käme-L^r par I''ran<)»is Laxin et ?eux (Ä6e>. Paris. 1835.

Die beiden Verfasser, der eine Professor der Geschichte und Geographie,
der andre Professor der Logik liefern in demselben eine Karte, welche drei
Arten von Grenzen Frankreichs angibt und dieselben bezeichnet als:

Linnes <Ze ?ränne Oarlovingienne en 8i3 ('kr-rite <Ze Ver6un).

Linnes grbitraires cle la Kranes ('t'raite ac -I81i et -13).

Linnes naturelles cle la Kranes.

Diese letzte natürliche Grenze stimmt überall mit der willkürlichen überein,
nur daß beim Einfluß der Lauter in den Rhein sich ihr rother Strich von dem
blauen der willkürlichen Grenze trennt und dem Rhein folgend das deutsche
linke Rheinufer, Belgien und einen guten Theil Hollands mit zum natürlichen
Frankreich schlägt.

Dieselbe Unterscheidung der limites arbitraires und limites naturelles
wiederholt sich auf einer spätern Karte, welche die nördliche Grenze Frankreichs
angeben soll, in derselben Weise.

Sonst finden sich in dem Atlas nur noch natürliche Grenzen von Algerien
angegeben. Eine Linie, die als limite naturelle 6e l'.^lxerie t'ormee par une
lißne 6'vasis angegeben wird, schließt Stämme ein, welche sich erst vor wenigen
Wochen den Franzosen unterworfen haben und andre, die noch jetzt nicht unter¬
worfen sind.

Es verlohnt sich kaum der Mühe, hervorzuheben, daß die Verfasser den
Unterschied der natürlichen Grenzen nur gegen Deutschland, Belgien, Holland
und die Araberstämme, nicht aber gegen die Schweiz und Sardinien geltend
machen; sie scheinen letztere zu hoch zu stellen, als daß sie die französische
Grenze um einige Meilen an den Genfersee ober an den Var vorrückten. Es
wäre ebenso überflüssig, darauf aufmerksam zu machen, daß sie den Lauf des
alten Rheins, der bekanntlich nicht mehr Hinderniß bietet als ein gewöhnlicher
Graben, nicht aber südlicher Leck ober Waal als natürliche Grenzen Frankreichs
bezeichnen.

Auf ein Mehr oder Minder kommt es dabei überhaupt nicht an, genug,
daß zwei öffentliche Lehrer in dem Urtheil ihrer Nation kein Hinderniß er¬
kennen, mit Dingen hervorzutreten, die auf der einen Seite abgeschmackt, auf
der andern für die betreffenden Nachbarländer eine Insulte sind, und daß die
französische Jugend frühzeitig gelehrt wird, das linke Rheinufer als ein von
Natur zu Frankreich gehöriges Land anzusehn, welches demselben durch Willkür
entrissen ist.

Daß die französische Regierung solche Manifestationen einer den Nach¬
barn gefährlichen Gesinnung nicht gern sieht, versteht sich von selbst, ebenso-
wol aber, daß sie grade wegen der Allgemeinheit der Ueberzeugung, daß der


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[0165] Programmes ac la classe 60 rdetorique 6es I^cech et as l'eeole imperiale cle Käme-L^r par I''ran<)»is Laxin et ?eux (Ä6e>. Paris. 1835. Die beiden Verfasser, der eine Professor der Geschichte und Geographie, der andre Professor der Logik liefern in demselben eine Karte, welche drei Arten von Grenzen Frankreichs angibt und dieselben bezeichnet als: Linnes <Ze ?ränne Oarlovingienne en 8i3 ('kr-rite <Ze Ver6un). Linnes grbitraires cle la Kranes ('t'raite ac -I81i et -13). Linnes naturelles cle la Kranes. Diese letzte natürliche Grenze stimmt überall mit der willkürlichen überein, nur daß beim Einfluß der Lauter in den Rhein sich ihr rother Strich von dem blauen der willkürlichen Grenze trennt und dem Rhein folgend das deutsche linke Rheinufer, Belgien und einen guten Theil Hollands mit zum natürlichen Frankreich schlägt. Dieselbe Unterscheidung der limites arbitraires und limites naturelles wiederholt sich auf einer spätern Karte, welche die nördliche Grenze Frankreichs angeben soll, in derselben Weise. Sonst finden sich in dem Atlas nur noch natürliche Grenzen von Algerien angegeben. Eine Linie, die als limite naturelle 6e l'.^lxerie t'ormee par une lißne 6'vasis angegeben wird, schließt Stämme ein, welche sich erst vor wenigen Wochen den Franzosen unterworfen haben und andre, die noch jetzt nicht unter¬ worfen sind. Es verlohnt sich kaum der Mühe, hervorzuheben, daß die Verfasser den Unterschied der natürlichen Grenzen nur gegen Deutschland, Belgien, Holland und die Araberstämme, nicht aber gegen die Schweiz und Sardinien geltend machen; sie scheinen letztere zu hoch zu stellen, als daß sie die französische Grenze um einige Meilen an den Genfersee ober an den Var vorrückten. Es wäre ebenso überflüssig, darauf aufmerksam zu machen, daß sie den Lauf des alten Rheins, der bekanntlich nicht mehr Hinderniß bietet als ein gewöhnlicher Graben, nicht aber südlicher Leck ober Waal als natürliche Grenzen Frankreichs bezeichnen. Auf ein Mehr oder Minder kommt es dabei überhaupt nicht an, genug, daß zwei öffentliche Lehrer in dem Urtheil ihrer Nation kein Hinderniß er¬ kennen, mit Dingen hervorzutreten, die auf der einen Seite abgeschmackt, auf der andern für die betreffenden Nachbarländer eine Insulte sind, und daß die französische Jugend frühzeitig gelehrt wird, das linke Rheinufer als ein von Natur zu Frankreich gehöriges Land anzusehn, welches demselben durch Willkür entrissen ist. Daß die französische Regierung solche Manifestationen einer den Nach¬ barn gefährlichen Gesinnung nicht gern sieht, versteht sich von selbst, ebenso- wol aber, daß sie grade wegen der Allgemeinheit der Ueberzeugung, daß der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/165>, abgerufen am 23.07.2024.