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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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noch das Sprichwort galt: "Es ist nicht mehr wie zu Herzog Adolfs (deS
letzten Schauenlnirgers) Zeiten." Mit der Auslösung des deutschen Reichs
aber sah en der dänischen Politik der Zeitpunkt gekommen, die 1721 gehegten,
später vertagten Pläne wieder aufzunehmen. Mittelst Patents vom 9. Septem¬
ber 1806 wurden alle auf den NeichSverband sich gründenden Verhältnisse
und Verpflichtungen für aufgehoben erklärt und die Bestimmung getroffen, daß
Holstein mit dem Staatskörper der dem königlichen Scepter unterworfenen
Monarchie als ein in jeder Hinsicht völlig ungetrennter Theil derselben ver¬
bunden und der alleinigen, unumschränkten Botmäßigkeit des dänischen Königs
untergeben sein sollte. Es wurde die Einführung eines allgemeinen Gesetzes
für den Gesammtstaat in Aussicht gestellt, und man setzte zu diesem Zwecke
Commissionen nieder, deren Andenken das kopenhagener Archiv in einer Reihe
mißlungener Entwürfe aufbewahrt.

Im engen Zusammenhange standen hiermit die Pläne, die Kenntniß der
dänischen Sprache in den 'Herzogthümern mehr auszubreiten*) Zu diesem
Ende sollten sowol die für Holstein als die für Schleswig ergehenden Ver¬
ordnungen zugleich in dänischer und deutscher Sprache erlassen,'die Bestellungen
lediglich in der ersteren ausgefertigt und alle, welche in den Herzogthümern
ein Amt zu erhalten oder die Advocatur auszuüben wünschten, verpflichtet
' werden, darzuthun, daß sie des Dänischen kundig seien.

Schleswig wurde bei diesen Plänen besonders ins Auge gefaßt. Eine
Resolution vom Is. September 1810 legte der Schleswig-holsteinischen Kanzlei
auf: "darüber Bericht zu erstatten, was nothwendig sein möge, um die dänische
Sprache beim Gottesdienste und beim Schulunterrichte, bei den Gerichten und
in allen andern öffentlichen Angelegenheiten des Herzogthums, insonderheit in
den Districten, Aemtern und Inseln, wo das Dänische die Sprache des ge"
meinen Mannes sei, allmälig, jedoch in möglichst kurzer Frist, einzuführen."
Ein Seitenstück hierzu war, daß unter Nichtbeachtung des alten Landesrechts,
nach welchem nur Eingeborne der Herzogthümer zu deu dortigen Aemtern be¬
fördert werden sollen, am 9. November 1811 verfügt wurde, daß die im
Königreich eraminirten Kandidaten der Theologie bei Besetzung von Pfarr-
stellen den Vorzug erhielten. Ferner wurden die rendsburger Militärschule
und das kieler Forstinstitut aufgehoben und im Schleswig-holsteinischen Heer
das dänische Commando eingeführt. Wer sich zum Offizier, zum Forstmann,
zum Polytechniker, zum Thierarzt ausbilden wollte, war hierdurch auf die
kopenhagener Institute und damit auf Erlernung des Dänischen angewiesen.

Im Hinblick ans die Acte der Gesetzgebung und Verwaltung sahen
phantasievolle Gemüther in Kopenhagen schon die Zeit kommen, in der die



') Verfügung vom 3. December -1807, und Vcrfiigung vom 6. Januar 18-10. Desgleichen
Veifügung vom S. Juni -1813.

noch das Sprichwort galt: „Es ist nicht mehr wie zu Herzog Adolfs (deS
letzten Schauenlnirgers) Zeiten." Mit der Auslösung des deutschen Reichs
aber sah en der dänischen Politik der Zeitpunkt gekommen, die 1721 gehegten,
später vertagten Pläne wieder aufzunehmen. Mittelst Patents vom 9. Septem¬
ber 1806 wurden alle auf den NeichSverband sich gründenden Verhältnisse
und Verpflichtungen für aufgehoben erklärt und die Bestimmung getroffen, daß
Holstein mit dem Staatskörper der dem königlichen Scepter unterworfenen
Monarchie als ein in jeder Hinsicht völlig ungetrennter Theil derselben ver¬
bunden und der alleinigen, unumschränkten Botmäßigkeit des dänischen Königs
untergeben sein sollte. Es wurde die Einführung eines allgemeinen Gesetzes
für den Gesammtstaat in Aussicht gestellt, und man setzte zu diesem Zwecke
Commissionen nieder, deren Andenken das kopenhagener Archiv in einer Reihe
mißlungener Entwürfe aufbewahrt.

Im engen Zusammenhange standen hiermit die Pläne, die Kenntniß der
dänischen Sprache in den 'Herzogthümern mehr auszubreiten*) Zu diesem
Ende sollten sowol die für Holstein als die für Schleswig ergehenden Ver¬
ordnungen zugleich in dänischer und deutscher Sprache erlassen,'die Bestellungen
lediglich in der ersteren ausgefertigt und alle, welche in den Herzogthümern
ein Amt zu erhalten oder die Advocatur auszuüben wünschten, verpflichtet
' werden, darzuthun, daß sie des Dänischen kundig seien.

Schleswig wurde bei diesen Plänen besonders ins Auge gefaßt. Eine
Resolution vom Is. September 1810 legte der Schleswig-holsteinischen Kanzlei
auf: „darüber Bericht zu erstatten, was nothwendig sein möge, um die dänische
Sprache beim Gottesdienste und beim Schulunterrichte, bei den Gerichten und
in allen andern öffentlichen Angelegenheiten des Herzogthums, insonderheit in
den Districten, Aemtern und Inseln, wo das Dänische die Sprache des ge»
meinen Mannes sei, allmälig, jedoch in möglichst kurzer Frist, einzuführen."
Ein Seitenstück hierzu war, daß unter Nichtbeachtung des alten Landesrechts,
nach welchem nur Eingeborne der Herzogthümer zu deu dortigen Aemtern be¬
fördert werden sollen, am 9. November 1811 verfügt wurde, daß die im
Königreich eraminirten Kandidaten der Theologie bei Besetzung von Pfarr-
stellen den Vorzug erhielten. Ferner wurden die rendsburger Militärschule
und das kieler Forstinstitut aufgehoben und im Schleswig-holsteinischen Heer
das dänische Commando eingeführt. Wer sich zum Offizier, zum Forstmann,
zum Polytechniker, zum Thierarzt ausbilden wollte, war hierdurch auf die
kopenhagener Institute und damit auf Erlernung des Dänischen angewiesen.

Im Hinblick ans die Acte der Gesetzgebung und Verwaltung sahen
phantasievolle Gemüther in Kopenhagen schon die Zeit kommen, in der die



') Verfügung vom 3. December -1807, und Vcrfiigung vom 6. Januar 18-10. Desgleichen
Veifügung vom S. Juni -1813.
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[0148] noch das Sprichwort galt: „Es ist nicht mehr wie zu Herzog Adolfs (deS letzten Schauenlnirgers) Zeiten." Mit der Auslösung des deutschen Reichs aber sah en der dänischen Politik der Zeitpunkt gekommen, die 1721 gehegten, später vertagten Pläne wieder aufzunehmen. Mittelst Patents vom 9. Septem¬ ber 1806 wurden alle auf den NeichSverband sich gründenden Verhältnisse und Verpflichtungen für aufgehoben erklärt und die Bestimmung getroffen, daß Holstein mit dem Staatskörper der dem königlichen Scepter unterworfenen Monarchie als ein in jeder Hinsicht völlig ungetrennter Theil derselben ver¬ bunden und der alleinigen, unumschränkten Botmäßigkeit des dänischen Königs untergeben sein sollte. Es wurde die Einführung eines allgemeinen Gesetzes für den Gesammtstaat in Aussicht gestellt, und man setzte zu diesem Zwecke Commissionen nieder, deren Andenken das kopenhagener Archiv in einer Reihe mißlungener Entwürfe aufbewahrt. Im engen Zusammenhange standen hiermit die Pläne, die Kenntniß der dänischen Sprache in den 'Herzogthümern mehr auszubreiten*) Zu diesem Ende sollten sowol die für Holstein als die für Schleswig ergehenden Ver¬ ordnungen zugleich in dänischer und deutscher Sprache erlassen,'die Bestellungen lediglich in der ersteren ausgefertigt und alle, welche in den Herzogthümern ein Amt zu erhalten oder die Advocatur auszuüben wünschten, verpflichtet ' werden, darzuthun, daß sie des Dänischen kundig seien. Schleswig wurde bei diesen Plänen besonders ins Auge gefaßt. Eine Resolution vom Is. September 1810 legte der Schleswig-holsteinischen Kanzlei auf: „darüber Bericht zu erstatten, was nothwendig sein möge, um die dänische Sprache beim Gottesdienste und beim Schulunterrichte, bei den Gerichten und in allen andern öffentlichen Angelegenheiten des Herzogthums, insonderheit in den Districten, Aemtern und Inseln, wo das Dänische die Sprache des ge» meinen Mannes sei, allmälig, jedoch in möglichst kurzer Frist, einzuführen." Ein Seitenstück hierzu war, daß unter Nichtbeachtung des alten Landesrechts, nach welchem nur Eingeborne der Herzogthümer zu deu dortigen Aemtern be¬ fördert werden sollen, am 9. November 1811 verfügt wurde, daß die im Königreich eraminirten Kandidaten der Theologie bei Besetzung von Pfarr- stellen den Vorzug erhielten. Ferner wurden die rendsburger Militärschule und das kieler Forstinstitut aufgehoben und im Schleswig-holsteinischen Heer das dänische Commando eingeführt. Wer sich zum Offizier, zum Forstmann, zum Polytechniker, zum Thierarzt ausbilden wollte, war hierdurch auf die kopenhagener Institute und damit auf Erlernung des Dänischen angewiesen. Im Hinblick ans die Acte der Gesetzgebung und Verwaltung sahen phantasievolle Gemüther in Kopenhagen schon die Zeit kommen, in der die ') Verfügung vom 3. December -1807, und Vcrfiigung vom 6. Januar 18-10. Desgleichen Veifügung vom S. Juni -1813.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/148>, abgerufen am 23.07.2024.