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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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folgungcn nicht ab, und der Landgraf von Hessen, des Herzogs Schwager,
schrieb an ihn einen ziemlich zornigen Brief, der so charakteristisch ist, daß wir
ihn auszugsweise hier mittheilen.

"Wie wohl ich nun Eurer Liebden alle Kurzweil und Freude gern gönne,
so kann ich E. L>, als einem erst angehenden Fürsten, keineswegs gönnen,
daß sie mit solchen nil-trieis tuäis, die von etzlichen sern-ris, so die Sache nicht
verstehen und sich vor hohe Meister achten wann sie einem ein Kleck anklittern
können, angerichtet, tot "ZLLlssiai-um, tot lauten-um^ne virorum und des ganzen
Adels, so äöxtLra manu8 prinLipirm ist, Mißgunst und inviäiinn auf sich
laden; darums E, L. kein Ruhm (dann E. L. kein Schülep mehr, viel weniger
ein poeta l^rious ist, der ihro aus solcher Schützern und 8Lommatlbu8 eine
Ehre zu suchen) aber viel viel Unhails und Nachthail laichtlich erfolgen kann.
E. L. denken daran, was ihrem Großherrvater ex loslone uruus nobilis be¬
gegnet, und bedenken, was ihr ex losiorie totius nobilit-Als begegnen könnte,
welches doch Gott gnädiglich wolle verhüten. Darum und d iewail ich versteh,
daß E. L. vom schwäbischen Adel deßwegen allberait zu etlichen Malen ange¬
langt, auch diß Werk je länger je mehr zu E. L. Unglimpf walter auöge-
braitet wird, so rath ich E^ L. mit allen Treuen, sie wollen sich zur Beweisung
ihres Mißfallens also hierin erzaigen, damit sie des Adels t'avor daran E. L.
zum höchsten gelegen, recuperiren und das Geschrai tilgen, daß sie die Stühl
aus die Tisch, den Bauren über den Edelmann setzen, und um eines Ki8erit-i
8ouri'iio willen den ganzen Adel ohne alle Noth auf sich laden wollen; auch
sich hinfüro von ihren Literaten nicht zu sehr lassen einnehmen, denn sonst
werden sie E. L. noch gar über die Bank ziehen . . . Man darf vorwahr kein
Laus in Pelz setzen, ingleichen auch die Bauern nit gegen die vom Adel con-
citiren oder über sie erheben; dann solch Ungeziefer wagt vor sich selbst, und
man hat zu schaffen es zu tilgen, wie solches die exempla vor sechzig Jahren
bezeugen, da über solchen Al8putationibu8 der vom Cuntz, Bundschul) und letzt¬
lich die allgemeine Baurenaufruhr entstund, und eben durch solche eaMtin aurav
povuliiri8 g, literatig 8ourri8 ward angerichtet."

Dieser Ton verfehlte auf den Herzog, der damals doch schon 2?Vs Aahr
alt war, seine Wirkung. "Wir wissen wohl, wie wir einen Stand vor dem
andern zu halten. Aber der Ursachen halben seyn dagegen andre gute ehr¬
liche Leut nicht gar zu Füßen zu treten, besonders ist dies bei uns unaNaxima-
welcher sich in seinem Stand ehrlich, aufrichtig hält und seinem Fürsten ge¬
treu und fleißig dienet, daß demselben auch, seinen cloni8 animi, nach, mit
denen ihn Gott gezieret und vor andern begnadet, die Ehr zu gönnen, und
etwa vor andern zu gebrauchen und Herfür zu ziehn; wie man denn in allen
wohlgeordneten Regimenter je einen Stand neben den andern haben und
bleiben lassen muß."


folgungcn nicht ab, und der Landgraf von Hessen, des Herzogs Schwager,
schrieb an ihn einen ziemlich zornigen Brief, der so charakteristisch ist, daß wir
ihn auszugsweise hier mittheilen.

„Wie wohl ich nun Eurer Liebden alle Kurzweil und Freude gern gönne,
so kann ich E. L>, als einem erst angehenden Fürsten, keineswegs gönnen,
daß sie mit solchen nil-trieis tuäis, die von etzlichen sern-ris, so die Sache nicht
verstehen und sich vor hohe Meister achten wann sie einem ein Kleck anklittern
können, angerichtet, tot «ZLLlssiai-um, tot lauten-um^ne virorum und des ganzen
Adels, so äöxtLra manu8 prinLipirm ist, Mißgunst und inviäiinn auf sich
laden; darums E, L. kein Ruhm (dann E. L. kein Schülep mehr, viel weniger
ein poeta l^rious ist, der ihro aus solcher Schützern und 8Lommatlbu8 eine
Ehre zu suchen) aber viel viel Unhails und Nachthail laichtlich erfolgen kann.
E. L. denken daran, was ihrem Großherrvater ex loslone uruus nobilis be¬
gegnet, und bedenken, was ihr ex losiorie totius nobilit-Als begegnen könnte,
welches doch Gott gnädiglich wolle verhüten. Darum und d iewail ich versteh,
daß E. L. vom schwäbischen Adel deßwegen allberait zu etlichen Malen ange¬
langt, auch diß Werk je länger je mehr zu E. L. Unglimpf walter auöge-
braitet wird, so rath ich E^ L. mit allen Treuen, sie wollen sich zur Beweisung
ihres Mißfallens also hierin erzaigen, damit sie des Adels t'avor daran E. L.
zum höchsten gelegen, recuperiren und das Geschrai tilgen, daß sie die Stühl
aus die Tisch, den Bauren über den Edelmann setzen, und um eines Ki8erit-i
8ouri'iio willen den ganzen Adel ohne alle Noth auf sich laden wollen; auch
sich hinfüro von ihren Literaten nicht zu sehr lassen einnehmen, denn sonst
werden sie E. L. noch gar über die Bank ziehen . . . Man darf vorwahr kein
Laus in Pelz setzen, ingleichen auch die Bauern nit gegen die vom Adel con-
citiren oder über sie erheben; dann solch Ungeziefer wagt vor sich selbst, und
man hat zu schaffen es zu tilgen, wie solches die exempla vor sechzig Jahren
bezeugen, da über solchen Al8putationibu8 der vom Cuntz, Bundschul) und letzt¬
lich die allgemeine Baurenaufruhr entstund, und eben durch solche eaMtin aurav
povuliiri8 g, literatig 8ourri8 ward angerichtet."

Dieser Ton verfehlte auf den Herzog, der damals doch schon 2?Vs Aahr
alt war, seine Wirkung. „Wir wissen wohl, wie wir einen Stand vor dem
andern zu halten. Aber der Ursachen halben seyn dagegen andre gute ehr¬
liche Leut nicht gar zu Füßen zu treten, besonders ist dies bei uns unaNaxima-
welcher sich in seinem Stand ehrlich, aufrichtig hält und seinem Fürsten ge¬
treu und fleißig dienet, daß demselben auch, seinen cloni8 animi, nach, mit
denen ihn Gott gezieret und vor andern begnadet, die Ehr zu gönnen, und
etwa vor andern zu gebrauchen und Herfür zu ziehn; wie man denn in allen
wohlgeordneten Regimenter je einen Stand neben den andern haben und
bleiben lassen muß."


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/134>, abgerufen am 23.07.2024.