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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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sehenden Stricken zu betreten, um über den noch in bedeutender Tiefe dahin
brausenden Fluß nach der anderen Seite zu passiren, während das Ganze in
stets mit jedem neuen Fußtritte zunehmende Schwingungen geräth. Die Thiere,
die immer nur sehr schwer und oft nur durch Knebelung zum Uebergange zu
bringen sind, müssen abgepackt werden, eine schwierige Aufgabe, da der dem
Felsen abgewonnene Raum kaum hinlänglich für die Passage selbst ist. In
diesen engen Quebraden, wo durch die rings abprallenden Sonnenstrahlen
eine erstickende Hitze erzeugt wird, überfallen den Durchreisenden solche Wol¬
ken kleiner Fliegen, von denen jeder Stich einen braunen Fleck hinterläßt,
daß man auch bei dem raschesten Durcheilen mit einer anderen Hautfarbe
herauskommt, als man sie betrat.

An den Apurimac knüpfen sich viele historische Erinnerungen aus der
Vergangenheit Perus. Manco Capac, der zuerst die armseligen Indianer
der Sierra um sich sammelte, dehnte seine friedlichen Eroberungen bis zu die¬
sem Strome aus, den Mayta Capac später zum großen Erstaunen der ihm
seitdem göttliche Ehren erzeigenden Anwohner mit einer Brücke überspannte,
und an seinen Ufern sah Gonzalez Pizarro seine ehrgeizigen Pläne, deren
Durchführung der ganzen Geschichte Südamerikas eine andere Gestalt gegeben
haben würde, vernichtet und vor seinen schon durch den Glanz des Thro¬
nes geblendeten Augen das blutige Schaffst sich erheben, das er wenige Tage
später auf dem Markte Cuzcos bestieg. Trüben Blickes deutet der verschlossene
Indianer dorthin, wo sich flußabwärts auf beiden Seiten des Apurimac un-
ersteigliche Bergmassen aufeinander thürmen, in deren rauhen Felsenburgen
die aus ihren Palästen vertriebenen Trümmer der Jnkafamilie noch einige
Zeit ein kümmerliches, aber unabhängiges Dasein fristeten. Auch der letzte
Aufstand Tupac AmaruS ging von dort aus. Noch jetzt sollen die Ruinen
der damals gebauten Städte vorhanden und, wie die Sage des Volkes geht,
große Schätze darin vergraben sein, aber ein neuerer französischer Reisender,
der nach vielen Mühseligkeiten bis dahin vordrang, hat wenigstens von den
letzteren nichts gefunden.

Von Apurimac aus ging die Reise zuvörderst durch die warme Quebrada
Limatambos, und dann auf einen viele Stunden bergansteigenden Wege auf
die morastige Hochebene Sutiri, wo man noch die guterhaltenen Reste der
großen Heerstraße vorfindet, die vor der spanischen Eroberung Cuzco mit Quito
verband. Aus dieser Ebene war es, wo zur Zeit des furchtbaren Auf¬
stands der Canas der durch die wunderbare Erscheinung des Viracocha (dem
Schaum des Meeres, dem später die weißen Männer, noch heute von den
Indianern mit Viracocha angeredet, entstammten) inspirirter Sohn Jahuar-
kuakaps, der nachherige Viracocha-Jnka, die schon in wildem Schrecken zer¬
streuten Glieder seines Hauses um sich sammelte, und mit einem vom Mor-


sehenden Stricken zu betreten, um über den noch in bedeutender Tiefe dahin
brausenden Fluß nach der anderen Seite zu passiren, während das Ganze in
stets mit jedem neuen Fußtritte zunehmende Schwingungen geräth. Die Thiere,
die immer nur sehr schwer und oft nur durch Knebelung zum Uebergange zu
bringen sind, müssen abgepackt werden, eine schwierige Aufgabe, da der dem
Felsen abgewonnene Raum kaum hinlänglich für die Passage selbst ist. In
diesen engen Quebraden, wo durch die rings abprallenden Sonnenstrahlen
eine erstickende Hitze erzeugt wird, überfallen den Durchreisenden solche Wol¬
ken kleiner Fliegen, von denen jeder Stich einen braunen Fleck hinterläßt,
daß man auch bei dem raschesten Durcheilen mit einer anderen Hautfarbe
herauskommt, als man sie betrat.

An den Apurimac knüpfen sich viele historische Erinnerungen aus der
Vergangenheit Perus. Manco Capac, der zuerst die armseligen Indianer
der Sierra um sich sammelte, dehnte seine friedlichen Eroberungen bis zu die¬
sem Strome aus, den Mayta Capac später zum großen Erstaunen der ihm
seitdem göttliche Ehren erzeigenden Anwohner mit einer Brücke überspannte,
und an seinen Ufern sah Gonzalez Pizarro seine ehrgeizigen Pläne, deren
Durchführung der ganzen Geschichte Südamerikas eine andere Gestalt gegeben
haben würde, vernichtet und vor seinen schon durch den Glanz des Thro¬
nes geblendeten Augen das blutige Schaffst sich erheben, das er wenige Tage
später auf dem Markte Cuzcos bestieg. Trüben Blickes deutet der verschlossene
Indianer dorthin, wo sich flußabwärts auf beiden Seiten des Apurimac un-
ersteigliche Bergmassen aufeinander thürmen, in deren rauhen Felsenburgen
die aus ihren Palästen vertriebenen Trümmer der Jnkafamilie noch einige
Zeit ein kümmerliches, aber unabhängiges Dasein fristeten. Auch der letzte
Aufstand Tupac AmaruS ging von dort aus. Noch jetzt sollen die Ruinen
der damals gebauten Städte vorhanden und, wie die Sage des Volkes geht,
große Schätze darin vergraben sein, aber ein neuerer französischer Reisender,
der nach vielen Mühseligkeiten bis dahin vordrang, hat wenigstens von den
letzteren nichts gefunden.

Von Apurimac aus ging die Reise zuvörderst durch die warme Quebrada
Limatambos, und dann auf einen viele Stunden bergansteigenden Wege auf
die morastige Hochebene Sutiri, wo man noch die guterhaltenen Reste der
großen Heerstraße vorfindet, die vor der spanischen Eroberung Cuzco mit Quito
verband. Aus dieser Ebene war es, wo zur Zeit des furchtbaren Auf¬
stands der Canas der durch die wunderbare Erscheinung des Viracocha (dem
Schaum des Meeres, dem später die weißen Männer, noch heute von den
Indianern mit Viracocha angeredet, entstammten) inspirirter Sohn Jahuar-
kuakaps, der nachherige Viracocha-Jnka, die schon in wildem Schrecken zer¬
streuten Glieder seines Hauses um sich sammelte, und mit einem vom Mor-


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[0522] sehenden Stricken zu betreten, um über den noch in bedeutender Tiefe dahin brausenden Fluß nach der anderen Seite zu passiren, während das Ganze in stets mit jedem neuen Fußtritte zunehmende Schwingungen geräth. Die Thiere, die immer nur sehr schwer und oft nur durch Knebelung zum Uebergange zu bringen sind, müssen abgepackt werden, eine schwierige Aufgabe, da der dem Felsen abgewonnene Raum kaum hinlänglich für die Passage selbst ist. In diesen engen Quebraden, wo durch die rings abprallenden Sonnenstrahlen eine erstickende Hitze erzeugt wird, überfallen den Durchreisenden solche Wol¬ ken kleiner Fliegen, von denen jeder Stich einen braunen Fleck hinterläßt, daß man auch bei dem raschesten Durcheilen mit einer anderen Hautfarbe herauskommt, als man sie betrat. An den Apurimac knüpfen sich viele historische Erinnerungen aus der Vergangenheit Perus. Manco Capac, der zuerst die armseligen Indianer der Sierra um sich sammelte, dehnte seine friedlichen Eroberungen bis zu die¬ sem Strome aus, den Mayta Capac später zum großen Erstaunen der ihm seitdem göttliche Ehren erzeigenden Anwohner mit einer Brücke überspannte, und an seinen Ufern sah Gonzalez Pizarro seine ehrgeizigen Pläne, deren Durchführung der ganzen Geschichte Südamerikas eine andere Gestalt gegeben haben würde, vernichtet und vor seinen schon durch den Glanz des Thro¬ nes geblendeten Augen das blutige Schaffst sich erheben, das er wenige Tage später auf dem Markte Cuzcos bestieg. Trüben Blickes deutet der verschlossene Indianer dorthin, wo sich flußabwärts auf beiden Seiten des Apurimac un- ersteigliche Bergmassen aufeinander thürmen, in deren rauhen Felsenburgen die aus ihren Palästen vertriebenen Trümmer der Jnkafamilie noch einige Zeit ein kümmerliches, aber unabhängiges Dasein fristeten. Auch der letzte Aufstand Tupac AmaruS ging von dort aus. Noch jetzt sollen die Ruinen der damals gebauten Städte vorhanden und, wie die Sage des Volkes geht, große Schätze darin vergraben sein, aber ein neuerer französischer Reisender, der nach vielen Mühseligkeiten bis dahin vordrang, hat wenigstens von den letzteren nichts gefunden. Von Apurimac aus ging die Reise zuvörderst durch die warme Quebrada Limatambos, und dann auf einen viele Stunden bergansteigenden Wege auf die morastige Hochebene Sutiri, wo man noch die guterhaltenen Reste der großen Heerstraße vorfindet, die vor der spanischen Eroberung Cuzco mit Quito verband. Aus dieser Ebene war es, wo zur Zeit des furchtbaren Auf¬ stands der Canas der durch die wunderbare Erscheinung des Viracocha (dem Schaum des Meeres, dem später die weißen Männer, noch heute von den Indianern mit Viracocha angeredet, entstammten) inspirirter Sohn Jahuar- kuakaps, der nachherige Viracocha-Jnka, die schon in wildem Schrecken zer¬ streuten Glieder seines Hauses um sich sammelte, und mit einem vom Mor-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/522>, abgerufen am 22.12.2024.