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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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ritterschaftlichen Partei Widerstand zu leisten. Die Kreuzzeitung brachte darüber
in der letzten Woche einige Bemerkungen, die nur zu gegründet waren. Sie
sagte, daß ihre Partei sich nie damit begnüge, über einen errungenen Erfolg
Freudenfeste anzustellen, Extrablätter der Freude zu schreiben :c., sondern daß
sie sich sofort überlege, was ist nun weiter zu thun? Diesen Ruhm müssen
der Kreuzzeitungspartei auch ihre Feinde nachsagen. Worin ihre letzten
Absichten bestehen, darüber läßt sie uns auch nicht im Zweifel, obgleich sie
das nächste, was sie ins Werk zu richten gedenkt, noch geheim hält. Ihr laut
ausgesprochener Zweck ist nämlich, den Bürgerstand, der nach ihrer Ansicht
über das ihm zukommende Maß hinausgeschritten ist, wieder in seine alten
Grenzen oder noch etwas weiter zurückzudrängen. Wir finden das Bestreben
begreiflich, denn der Adelstand hat in den unruhigen Jahren manche unbillige
Angrisse erfahren, aber um so wachsamer muß der Bürgerstand sein, um dessen
Ehre und Interesse es sich jetzt handelt. Es wird keineswegs bei ideellen
Vorzügen und bei Doctrinen stehen bleiben. Der Adel hat sich die übereilten
Worte Hansemanns, man müsse der Reaction ins Fleisch schneiden, sehr wohl
gemerkt und wird sich, sobald er nur irgend die Mittel dazu in Händen hat,
beeilen, seinerseits der Revolution ins Fleisch zu schneiden. Der Adel weiß
sehr gut, daß man, um sich auf der Höhe der Zeit zu erhalten, bürgerliche
Mittel anwenden muß. Er rechnet grade so gut, wie der Bürgersmann, er
rechnet mitunter besser. Derjenige Theil des Bürgerstandes also, der so ganz
in Materialismus versunken ist, daß kein ideelles Motiv ihn in Bewegung ZU
setzen vermag, möge sich sobald als möglich klar machen, ehe es zu spät wird,
daß auf den ideellen Kampf der materielle folgen wird, daß, sobald erst die
Verfassung nach Standesrücksichten eingerichtet sein wird, die StandesrückstchteN
auch auf den Staatshaushalt übergehen werden.

Die am Eingang erwähnte Broschüre sucht die Opposition auf die höhern
Motive aufmerksam zu machen, um die es sich in dem gegenwärtigen Streit
handelt. Wir wünschen ihr eine recht allgemeine Verbreitung.

Nachdem wir das Obenstehende geschrieben, finden wir in der neuesten
Nummer der Nationalzeitung eine Erklärung, die als befriedigend angesehen
werden kann. Zwar hat sie es nicht vermeiden können, auf die frühere Hal¬
tung der Partei den Wahlen gegenüber einen rechtfertigenden Rückblick z"
werfen, allein da diese Bemerkungen in einem durchaus schicklichen Tone ge¬
halten sind, so läßt sich von unsrer Seite nichts dagegen einwenden. Die
Hauptsache ist, sie fordert ihre bisherigen politischen Freunde entschieden zur
Betheiligung an den diesmaligen Wahlen auf. Wir wollen hoffen, daß sie
in den nächsten Wochen noch häufiger und lebhafter darauf zurückkommen wird,
denn die Masse, welche bisher in dem Wahn schwebte, durch Nichttheilnahme


ritterschaftlichen Partei Widerstand zu leisten. Die Kreuzzeitung brachte darüber
in der letzten Woche einige Bemerkungen, die nur zu gegründet waren. Sie
sagte, daß ihre Partei sich nie damit begnüge, über einen errungenen Erfolg
Freudenfeste anzustellen, Extrablätter der Freude zu schreiben :c., sondern daß
sie sich sofort überlege, was ist nun weiter zu thun? Diesen Ruhm müssen
der Kreuzzeitungspartei auch ihre Feinde nachsagen. Worin ihre letzten
Absichten bestehen, darüber läßt sie uns auch nicht im Zweifel, obgleich sie
das nächste, was sie ins Werk zu richten gedenkt, noch geheim hält. Ihr laut
ausgesprochener Zweck ist nämlich, den Bürgerstand, der nach ihrer Ansicht
über das ihm zukommende Maß hinausgeschritten ist, wieder in seine alten
Grenzen oder noch etwas weiter zurückzudrängen. Wir finden das Bestreben
begreiflich, denn der Adelstand hat in den unruhigen Jahren manche unbillige
Angrisse erfahren, aber um so wachsamer muß der Bürgerstand sein, um dessen
Ehre und Interesse es sich jetzt handelt. Es wird keineswegs bei ideellen
Vorzügen und bei Doctrinen stehen bleiben. Der Adel hat sich die übereilten
Worte Hansemanns, man müsse der Reaction ins Fleisch schneiden, sehr wohl
gemerkt und wird sich, sobald er nur irgend die Mittel dazu in Händen hat,
beeilen, seinerseits der Revolution ins Fleisch zu schneiden. Der Adel weiß
sehr gut, daß man, um sich auf der Höhe der Zeit zu erhalten, bürgerliche
Mittel anwenden muß. Er rechnet grade so gut, wie der Bürgersmann, er
rechnet mitunter besser. Derjenige Theil des Bürgerstandes also, der so ganz
in Materialismus versunken ist, daß kein ideelles Motiv ihn in Bewegung ZU
setzen vermag, möge sich sobald als möglich klar machen, ehe es zu spät wird,
daß auf den ideellen Kampf der materielle folgen wird, daß, sobald erst die
Verfassung nach Standesrücksichten eingerichtet sein wird, die StandesrückstchteN
auch auf den Staatshaushalt übergehen werden.

Die am Eingang erwähnte Broschüre sucht die Opposition auf die höhern
Motive aufmerksam zu machen, um die es sich in dem gegenwärtigen Streit
handelt. Wir wünschen ihr eine recht allgemeine Verbreitung.

Nachdem wir das Obenstehende geschrieben, finden wir in der neuesten
Nummer der Nationalzeitung eine Erklärung, die als befriedigend angesehen
werden kann. Zwar hat sie es nicht vermeiden können, auf die frühere Hal¬
tung der Partei den Wahlen gegenüber einen rechtfertigenden Rückblick z«
werfen, allein da diese Bemerkungen in einem durchaus schicklichen Tone ge¬
halten sind, so läßt sich von unsrer Seite nichts dagegen einwenden. Die
Hauptsache ist, sie fordert ihre bisherigen politischen Freunde entschieden zur
Betheiligung an den diesmaligen Wahlen auf. Wir wollen hoffen, daß sie
in den nächsten Wochen noch häufiger und lebhafter darauf zurückkommen wird,
denn die Masse, welche bisher in dem Wahn schwebte, durch Nichttheilnahme


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/496>, abgerufen am 22.12.2024.