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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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des verbündeten Heeres in der Krim nicht überschritten. Hier folgt die Uebersicht
der verschiedenen Ziffern:

23,000 Mann Türken.
9,000 -" Piemontesen.
20.000 " Engländer.
90,000 ., Franzosen.
1ii,000 Mann.

Im Obigen wurde schon erwähnt, daß man die Armee des Ismael Pascha an
der untern Donau, respective in Schnmla und der Dobrudscha, aus höchstens
30,000 Mann annehmen könne; desgleichen weiß man, daß die Armee von Kars
nicht mehr wie 17,000 Mann ausmacht (dieselben, die unter Wassif Pascha in
dieser Festung eingeschlossen sind) und endlich, daß man das Corps von Batna
mit 10,000 Mann sicherlich nicht zu niedrig abschätzt. Es sind das weitere
37,000 Mann türkische Truppen und zwar erhebt sich mit ihnen die ganze jetzt in
den Pontusländern gegen Rußland agirende Truppenmacht auf 201,000 Mann.
Nur wenn man dieser Zahlen eingedenk ist, wird man ein Verständniß darüber
erhalten, wie es möglich gewesen, daß der Krieg seither so geringe Resultate er¬
geben hat. Man hat ihn mit viel zu geringen Kräften eröffnet und mit durchaus
unzureichenden seine Weiterführung betrieben. Wenn man an entscheidender Stelle zu
dieser Einsicht gelangen wird, steht dahin. Die 70,000 Mann Franzosen (hier hat die
Angabe des Moniteur, daß nur 1i,000 Mann verloren gegangen, ein schmerzliches
Lächeln erregt) würden vielleicht nicht in Bulgarien, in der Krim und am Bos¬
porus neben 30,000 Engländern eingescharrt liegen, wenn man sich gleich anfangs
entschlossen hätte, anstatt 40.000 Mann deren 140,000 nach dem Orient zu senden.
Solcher wichtigen Einsicht den Weg an entscheidender Stelle zu bahnen, wäre wol
eine des Generals Canrobcrt würdige Misston bei seiner Reise nach Paris. Ob
er ihrer eingedenk gewesen ist?!----

-- Es sind Nachrichten von hoher Bedeutung, die ich
Ihnen heute zu schreibe" habe. Sie kennen wol bereits die Vorgänge vom 16.
und 17. Man erachtet die Verluste der Russen an beiden Tagen (das Feuer war
nach 4 Uhr Morgens am 17. nur noch schwach) auf 3--6000 Mann. Daß man
auf französischer Seite mehr wie 1200 Mann verloren, dürfen Sie annehmen.
Alles ist in Erwartung einer großen Schlacht, die vielleicht jetzt bereits vor sich
gegangen. Man meint hier: die Russen hätten für den 13. August auf einen An¬
griff der Verbündeten gegen den Malakow gerechnet und beabsichtigt, in diesem
Augenblick von der Tschernaja her ihre rechte Flanke anzufallen.

Der Serda Ekräm Omer Pascha wird, wie vorgestern entschieden worden, nach
Batna gehen und von dort ans eine Offensive gegen Tiflis einleiten, um einen
Entsatz von Kars in dieser indirecten Weise zu versuchen.

Zu diesem Zweck sollen ehestens 25 Bataillone der osmanischen Donau- und
Krimarmee nach Batna gesendet werden und zwar wird Ismael Pascha 16--17 Ba¬
taillone stellen und Achmed Manetti Pascha die andern 8--9 zuführen. Darnach
zu schließen ist es ans eine Räumung Eupatorias abgesehen, des einzigen Punktes,
von dem aus eine glückliche Operation möglich wäre.


des verbündeten Heeres in der Krim nicht überschritten. Hier folgt die Uebersicht
der verschiedenen Ziffern:

23,000 Mann Türken.
9,000 -„ Piemontesen.
20.000 „ Engländer.
90,000 ., Franzosen.
1ii,000 Mann.

Im Obigen wurde schon erwähnt, daß man die Armee des Ismael Pascha an
der untern Donau, respective in Schnmla und der Dobrudscha, aus höchstens
30,000 Mann annehmen könne; desgleichen weiß man, daß die Armee von Kars
nicht mehr wie 17,000 Mann ausmacht (dieselben, die unter Wassif Pascha in
dieser Festung eingeschlossen sind) und endlich, daß man das Corps von Batna
mit 10,000 Mann sicherlich nicht zu niedrig abschätzt. Es sind das weitere
37,000 Mann türkische Truppen und zwar erhebt sich mit ihnen die ganze jetzt in
den Pontusländern gegen Rußland agirende Truppenmacht auf 201,000 Mann.
Nur wenn man dieser Zahlen eingedenk ist, wird man ein Verständniß darüber
erhalten, wie es möglich gewesen, daß der Krieg seither so geringe Resultate er¬
geben hat. Man hat ihn mit viel zu geringen Kräften eröffnet und mit durchaus
unzureichenden seine Weiterführung betrieben. Wenn man an entscheidender Stelle zu
dieser Einsicht gelangen wird, steht dahin. Die 70,000 Mann Franzosen (hier hat die
Angabe des Moniteur, daß nur 1i,000 Mann verloren gegangen, ein schmerzliches
Lächeln erregt) würden vielleicht nicht in Bulgarien, in der Krim und am Bos¬
porus neben 30,000 Engländern eingescharrt liegen, wenn man sich gleich anfangs
entschlossen hätte, anstatt 40.000 Mann deren 140,000 nach dem Orient zu senden.
Solcher wichtigen Einsicht den Weg an entscheidender Stelle zu bahnen, wäre wol
eine des Generals Canrobcrt würdige Misston bei seiner Reise nach Paris. Ob
er ihrer eingedenk gewesen ist?!--—

— Es sind Nachrichten von hoher Bedeutung, die ich
Ihnen heute zu schreibe« habe. Sie kennen wol bereits die Vorgänge vom 16.
und 17. Man erachtet die Verluste der Russen an beiden Tagen (das Feuer war
nach 4 Uhr Morgens am 17. nur noch schwach) auf 3—6000 Mann. Daß man
auf französischer Seite mehr wie 1200 Mann verloren, dürfen Sie annehmen.
Alles ist in Erwartung einer großen Schlacht, die vielleicht jetzt bereits vor sich
gegangen. Man meint hier: die Russen hätten für den 13. August auf einen An¬
griff der Verbündeten gegen den Malakow gerechnet und beabsichtigt, in diesem
Augenblick von der Tschernaja her ihre rechte Flanke anzufallen.

Der Serda Ekräm Omer Pascha wird, wie vorgestern entschieden worden, nach
Batna gehen und von dort ans eine Offensive gegen Tiflis einleiten, um einen
Entsatz von Kars in dieser indirecten Weise zu versuchen.

Zu diesem Zweck sollen ehestens 25 Bataillone der osmanischen Donau- und
Krimarmee nach Batna gesendet werden und zwar wird Ismael Pascha 16—17 Ba¬
taillone stellen und Achmed Manetti Pascha die andern 8—9 zuführen. Darnach
zu schließen ist es ans eine Räumung Eupatorias abgesehen, des einzigen Punktes,
von dem aus eine glückliche Operation möglich wäre.


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[0446] des verbündeten Heeres in der Krim nicht überschritten. Hier folgt die Uebersicht der verschiedenen Ziffern: 23,000 Mann Türken. 9,000 -„ Piemontesen. 20.000 „ Engländer. 90,000 ., Franzosen. 1ii,000 Mann. Im Obigen wurde schon erwähnt, daß man die Armee des Ismael Pascha an der untern Donau, respective in Schnmla und der Dobrudscha, aus höchstens 30,000 Mann annehmen könne; desgleichen weiß man, daß die Armee von Kars nicht mehr wie 17,000 Mann ausmacht (dieselben, die unter Wassif Pascha in dieser Festung eingeschlossen sind) und endlich, daß man das Corps von Batna mit 10,000 Mann sicherlich nicht zu niedrig abschätzt. Es sind das weitere 37,000 Mann türkische Truppen und zwar erhebt sich mit ihnen die ganze jetzt in den Pontusländern gegen Rußland agirende Truppenmacht auf 201,000 Mann. Nur wenn man dieser Zahlen eingedenk ist, wird man ein Verständniß darüber erhalten, wie es möglich gewesen, daß der Krieg seither so geringe Resultate er¬ geben hat. Man hat ihn mit viel zu geringen Kräften eröffnet und mit durchaus unzureichenden seine Weiterführung betrieben. Wenn man an entscheidender Stelle zu dieser Einsicht gelangen wird, steht dahin. Die 70,000 Mann Franzosen (hier hat die Angabe des Moniteur, daß nur 1i,000 Mann verloren gegangen, ein schmerzliches Lächeln erregt) würden vielleicht nicht in Bulgarien, in der Krim und am Bos¬ porus neben 30,000 Engländern eingescharrt liegen, wenn man sich gleich anfangs entschlossen hätte, anstatt 40.000 Mann deren 140,000 nach dem Orient zu senden. Solcher wichtigen Einsicht den Weg an entscheidender Stelle zu bahnen, wäre wol eine des Generals Canrobcrt würdige Misston bei seiner Reise nach Paris. Ob er ihrer eingedenk gewesen ist?!--— — Es sind Nachrichten von hoher Bedeutung, die ich Ihnen heute zu schreibe« habe. Sie kennen wol bereits die Vorgänge vom 16. und 17. Man erachtet die Verluste der Russen an beiden Tagen (das Feuer war nach 4 Uhr Morgens am 17. nur noch schwach) auf 3—6000 Mann. Daß man auf französischer Seite mehr wie 1200 Mann verloren, dürfen Sie annehmen. Alles ist in Erwartung einer großen Schlacht, die vielleicht jetzt bereits vor sich gegangen. Man meint hier: die Russen hätten für den 13. August auf einen An¬ griff der Verbündeten gegen den Malakow gerechnet und beabsichtigt, in diesem Augenblick von der Tschernaja her ihre rechte Flanke anzufallen. Der Serda Ekräm Omer Pascha wird, wie vorgestern entschieden worden, nach Batna gehen und von dort ans eine Offensive gegen Tiflis einleiten, um einen Entsatz von Kars in dieser indirecten Weise zu versuchen. Zu diesem Zweck sollen ehestens 25 Bataillone der osmanischen Donau- und Krimarmee nach Batna gesendet werden und zwar wird Ismael Pascha 16—17 Ba¬ taillone stellen und Achmed Manetti Pascha die andern 8—9 zuführen. Darnach zu schließen ist es ans eine Räumung Eupatorias abgesehen, des einzigen Punktes, von dem aus eine glückliche Operation möglich wäre.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/446>, abgerufen am 23.06.2024.