Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.vielleicht nicht ohne Mitwirkung der Regierungen, die Ansicht in Umlauf gesetzt vielleicht nicht ohne Mitwirkung der Regierungen, die Ansicht in Umlauf gesetzt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0444" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100364"/> <p xml:id="ID_1277" prev="#ID_1276" next="#ID_1278"> vielleicht nicht ohne Mitwirkung der Regierungen, die Ansicht in Umlauf gesetzt<lb/> worden, daß sich im Lager der Verbündeten vor Sewastopol nahezu 200,000 Mann<lb/> versammelt befänden. In einer meiner früheren Zuschriften an Ihre geehrten<lb/> Blätter bin ich bereits bemüht gewesen, diese Illusion zu zerstören, und zwar mit<lb/> Vorbedacht, denn es muß selbstredend einer Kriegführung, die bis dahin er¬<lb/> folglos geblieben ist, in den Augen des Veurtheilers schaden und eine härtere Kritik<lb/> über sie heraufbeschwören, wenn derselbe sich in dem Fall befindet, die Stärke<lb/> der verwendbaren Kriegsmittel höher abschätzen zu müssen, als die Thatsachen es<lb/> rechtfertigen. Wenn ich mich recht erinnere bezeichnete ich Ihnen in dem erwähnten<lb/> Briefe 140,000—130,000 Mann als den damaligen muthmaßlichen Stärkcnetal<lb/> der Alliirten. Diese Ziffer hat seitdem einen Zuwachs gehabt, aber die Ausfälle,<lb/> welche bald darnach Krankheiten und Gefechte herbeiführten, im Besonderen die<lb/> Affaire vom 15. August, bedingen die Annahm«!, daß auch heute noch das Maximum<lb/> sich auf etwa anderthalbhunderttausend Mann stellen wird. Wenn hier eines Zu¬<lb/> wachses erwähnt worden, der in den letzten Monaten stattgefunden hat,und nun¬<lb/> mehr wiederum ausgeglichen worden ist, so betraf derselbe wesentlich die englische<lb/> und französische Armee, namentlich die letztere. Die piemontesischen Truppe» dürsten<lb/> erst in den nächsten Wochen eine Verstärkung im Belaufe von 4000 Mann zuge¬<lb/> führt erhalten, und was' die türkischen Truppen angeht, so sind sie seit der An¬<lb/> kunft der ägyptischen Division unter Achmed Menekli Pascha (im April d. I.)<lb/> weder verstärkt worden, noch befand sich die Pforte in der Lage, ihnen einen Zu-<lb/> schub zugehen zu lassen. Eine richtige Abschätzung ihres wahren Bestandes ist da¬<lb/> rum das schwierigste Problem, welches sich bei der Frage der Ermittlung der<lb/> Größe des alliirten Heeres stellt. Wie Sie sich erinnern werden führte Omer<lb/> Pascha etwa 70 Bataillone nach der Krim hinüber, von denen derzeit ein jedes einen<lb/> Etat von etwa 300 Mann repräsentirte. Die ganze mit ihm gekommene Streitmacht ist<lb/> demnach an Infanterie aus 33,000 Mann zu berechnen. Cav-alerie und Artillerie mögen<lb/> auf weitere 3000 Mann abgeschätzt werden können, so daß dem Ganzen eine Stärke von<lb/> etwa 40,000 Mann beizumessen war. Hierzu traten noch die Truppen (zehn Bataillone)<lb/> welche gleich anfangs (im September 1834) sich mit den Verbündeten, unter Osman<lb/> Pascha, eingeschifft hatten, und denen später acht oder neun Bataillone nachgesendet<lb/> worden waren. Mit anderen Worten heißt das: Omer Pascha hatte vor Ankunft<lb/> des Achmed Menekli mit den Aegyptern ein Heer von etwa 88 Bataillonen, von<lb/> 3000 Mann Cavälerie und Artillerie, alles in allem also zwischen vierzig- und<lb/> funfzigtausend Mann beisammen. Es dürste diese Schätzung für die Tage gelten,<lb/> in denen der Sturm auf Eupatoria abgewiesen worden war (17ten Februar 1833),<lb/> die späteren Krankheiten rafften viel Leute weg; lichteten die schwachen Bataillone<lb/> noch mehr, und wenn man auch mehre tartarische Reiterregimenter errichtete,<lb/> vermochte dieser Zuschub dennoch nicht die Lücken auszufüllen, die täglich von der<lb/> Cholera, dem Typhus und Scorbut gerissen wurden. Es war im Monat Mai,<lb/> wie ich aus meinem Notizenbuch ersehe, als ich von sonst gut unterrichteter Seite die<lb/> Bemerkung fallen hörte, die türkische Armee zähle mit Einschluß der Aegypter<lb/> nahe an hundert Bataillone, aber man kann sie nichtsdestoweniger auf nicht<lb/> höher wie 33,000 Mann anschlagen. Um den Stärkenbestand sür heute bemessen<lb/> zu können, muß man vor allen Dingen eingedenk sein, daß diese osmanisch-tanrische</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0444]
vielleicht nicht ohne Mitwirkung der Regierungen, die Ansicht in Umlauf gesetzt
worden, daß sich im Lager der Verbündeten vor Sewastopol nahezu 200,000 Mann
versammelt befänden. In einer meiner früheren Zuschriften an Ihre geehrten
Blätter bin ich bereits bemüht gewesen, diese Illusion zu zerstören, und zwar mit
Vorbedacht, denn es muß selbstredend einer Kriegführung, die bis dahin er¬
folglos geblieben ist, in den Augen des Veurtheilers schaden und eine härtere Kritik
über sie heraufbeschwören, wenn derselbe sich in dem Fall befindet, die Stärke
der verwendbaren Kriegsmittel höher abschätzen zu müssen, als die Thatsachen es
rechtfertigen. Wenn ich mich recht erinnere bezeichnete ich Ihnen in dem erwähnten
Briefe 140,000—130,000 Mann als den damaligen muthmaßlichen Stärkcnetal
der Alliirten. Diese Ziffer hat seitdem einen Zuwachs gehabt, aber die Ausfälle,
welche bald darnach Krankheiten und Gefechte herbeiführten, im Besonderen die
Affaire vom 15. August, bedingen die Annahm«!, daß auch heute noch das Maximum
sich auf etwa anderthalbhunderttausend Mann stellen wird. Wenn hier eines Zu¬
wachses erwähnt worden, der in den letzten Monaten stattgefunden hat,und nun¬
mehr wiederum ausgeglichen worden ist, so betraf derselbe wesentlich die englische
und französische Armee, namentlich die letztere. Die piemontesischen Truppe» dürsten
erst in den nächsten Wochen eine Verstärkung im Belaufe von 4000 Mann zuge¬
führt erhalten, und was' die türkischen Truppen angeht, so sind sie seit der An¬
kunft der ägyptischen Division unter Achmed Menekli Pascha (im April d. I.)
weder verstärkt worden, noch befand sich die Pforte in der Lage, ihnen einen Zu-
schub zugehen zu lassen. Eine richtige Abschätzung ihres wahren Bestandes ist da¬
rum das schwierigste Problem, welches sich bei der Frage der Ermittlung der
Größe des alliirten Heeres stellt. Wie Sie sich erinnern werden führte Omer
Pascha etwa 70 Bataillone nach der Krim hinüber, von denen derzeit ein jedes einen
Etat von etwa 300 Mann repräsentirte. Die ganze mit ihm gekommene Streitmacht ist
demnach an Infanterie aus 33,000 Mann zu berechnen. Cav-alerie und Artillerie mögen
auf weitere 3000 Mann abgeschätzt werden können, so daß dem Ganzen eine Stärke von
etwa 40,000 Mann beizumessen war. Hierzu traten noch die Truppen (zehn Bataillone)
welche gleich anfangs (im September 1834) sich mit den Verbündeten, unter Osman
Pascha, eingeschifft hatten, und denen später acht oder neun Bataillone nachgesendet
worden waren. Mit anderen Worten heißt das: Omer Pascha hatte vor Ankunft
des Achmed Menekli mit den Aegyptern ein Heer von etwa 88 Bataillonen, von
3000 Mann Cavälerie und Artillerie, alles in allem also zwischen vierzig- und
funfzigtausend Mann beisammen. Es dürste diese Schätzung für die Tage gelten,
in denen der Sturm auf Eupatoria abgewiesen worden war (17ten Februar 1833),
die späteren Krankheiten rafften viel Leute weg; lichteten die schwachen Bataillone
noch mehr, und wenn man auch mehre tartarische Reiterregimenter errichtete,
vermochte dieser Zuschub dennoch nicht die Lücken auszufüllen, die täglich von der
Cholera, dem Typhus und Scorbut gerissen wurden. Es war im Monat Mai,
wie ich aus meinem Notizenbuch ersehe, als ich von sonst gut unterrichteter Seite die
Bemerkung fallen hörte, die türkische Armee zähle mit Einschluß der Aegypter
nahe an hundert Bataillone, aber man kann sie nichtsdestoweniger auf nicht
höher wie 33,000 Mann anschlagen. Um den Stärkenbestand sür heute bemessen
zu können, muß man vor allen Dingen eingedenk sein, daß diese osmanisch-tanrische
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