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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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Der Plattebner und seine Kinder. Erzählung aus dem Tiroler Volksleben.
Von I. F. Lentner. Stuttgart, Scheitlin. --

In der Vorrede hat Ludwig Steub seinem Freunde ein Denkmal gesetzt.
Friedrich Lentner war 181 i zu München geboren, ursprünglich für den Buch¬
handel bestimmt, aber seit dem Jahre 1841 vorzugsweise mit schriftstellerischen
Arbeiten beschäftigt. Die Aufgabe seines Lebens war, die Sitten und Zustände
des Lechthals in möglichster Treue novellistisch darzustellen. Er hat diese Auf¬
gabe mit einer Treue und Ehrlichkeit gelöst, die ihm eine ehrenvolle Stelle in
der populären Literatur bewahren wird. Eine gemüthliche Natur, harmlos und
dem Volk wahrhaft ergeben, hatte et doch das seltsame Schicksal, sowol von
Seiten der Regierungen als des Volks fortwährend Anfechtungen zu erleiden.
Nur einmal schien ihm das Glück günstig. Im Jahre 18i6 übertrug ihm der
damalige Kronprinz Maximilian die Ausführung eines höchst zeitgemäßen Ge¬
dankens. Es sollte, erzählt der Herausgeber, des Baierlandcs Volksthum gleich¬
sam inventarisirt werden. Alles, was sich in Städten und Dörfern noch an
altem deutschen Herkommen finden ließe, sollte der Sammler aufzeichnen, zu¬
sammentragen, vergleichen und auslegen. Lieder und Sagen, Volksmeinungen
und Bauerregeln, Glauben und Aberglauben, Gebräuche im Winter und
Sommer, bei Geburten, Hochzeiten und Sterbefällen, ältere und neuere Trach¬
ten, auch die Arten des Haus- und Feldbaues, kurz das ganze Thun und
Lassen, insoweit es nicht in das sprachliche Gebiet einschlug, das schon Andreas
Schmeller in seinem unübertrefflichen bairischen Wörterbuche behandelt, das
Alles sollte jetzt zusammengesucht werden. Lentner ging mit freudigem Eifer
an seine Aufgaben, an deren vollständiger Durchführung ihn leider sein früher
Tod 1852 verhinderte. -- Die vorliegende Novelle ist aus seinem Nachlaß.
Sie gehört nicht zu der aufregenden Lectüre, ist aber im Ganzen eine ge¬
sunde Kost und gehört entschieden zu den bessern Leistungen der populären
Literatur. --


Aus der Gegenwart. Roman von Theodor König. 2 Bände. Leipzig,
Schnitze. --

Wir haben bei den frühern Romanen des Verfassers das Talent gut zu
sehen und lebhast zu erzählen, anerkannt. In dem gegenwärtigen Buch wird
das Talent dadurch einigermaßen verkümmert, daß er nicht unbefangen ist. Er
scheint mit. seinem frühern Recensenten unzufrieden zu sein und schildert, um sich
gewissermaßen seiner Haut zu wehren, einen Schriftsteller, den das Loos, ver¬
kannt zu werden, gleichfalls getroffen hat. Leider sind wir in der Lage, uns
den Gegnern dieses Schriftstellers beigesellen zu müssen, denn die Maximen,
nach denen er handelt, können vor einem gesunden Urtheil nicht bestehen. So
hat er z. B. einen Mündel, der trotz seiner poetischen Anlagen im Abiturienten-


Der Plattebner und seine Kinder. Erzählung aus dem Tiroler Volksleben.
Von I. F. Lentner. Stuttgart, Scheitlin. —

In der Vorrede hat Ludwig Steub seinem Freunde ein Denkmal gesetzt.
Friedrich Lentner war 181 i zu München geboren, ursprünglich für den Buch¬
handel bestimmt, aber seit dem Jahre 1841 vorzugsweise mit schriftstellerischen
Arbeiten beschäftigt. Die Aufgabe seines Lebens war, die Sitten und Zustände
des Lechthals in möglichster Treue novellistisch darzustellen. Er hat diese Auf¬
gabe mit einer Treue und Ehrlichkeit gelöst, die ihm eine ehrenvolle Stelle in
der populären Literatur bewahren wird. Eine gemüthliche Natur, harmlos und
dem Volk wahrhaft ergeben, hatte et doch das seltsame Schicksal, sowol von
Seiten der Regierungen als des Volks fortwährend Anfechtungen zu erleiden.
Nur einmal schien ihm das Glück günstig. Im Jahre 18i6 übertrug ihm der
damalige Kronprinz Maximilian die Ausführung eines höchst zeitgemäßen Ge¬
dankens. Es sollte, erzählt der Herausgeber, des Baierlandcs Volksthum gleich¬
sam inventarisirt werden. Alles, was sich in Städten und Dörfern noch an
altem deutschen Herkommen finden ließe, sollte der Sammler aufzeichnen, zu¬
sammentragen, vergleichen und auslegen. Lieder und Sagen, Volksmeinungen
und Bauerregeln, Glauben und Aberglauben, Gebräuche im Winter und
Sommer, bei Geburten, Hochzeiten und Sterbefällen, ältere und neuere Trach¬
ten, auch die Arten des Haus- und Feldbaues, kurz das ganze Thun und
Lassen, insoweit es nicht in das sprachliche Gebiet einschlug, das schon Andreas
Schmeller in seinem unübertrefflichen bairischen Wörterbuche behandelt, das
Alles sollte jetzt zusammengesucht werden. Lentner ging mit freudigem Eifer
an seine Aufgaben, an deren vollständiger Durchführung ihn leider sein früher
Tod 1852 verhinderte. — Die vorliegende Novelle ist aus seinem Nachlaß.
Sie gehört nicht zu der aufregenden Lectüre, ist aber im Ganzen eine ge¬
sunde Kost und gehört entschieden zu den bessern Leistungen der populären
Literatur. —


Aus der Gegenwart. Roman von Theodor König. 2 Bände. Leipzig,
Schnitze. —

Wir haben bei den frühern Romanen des Verfassers das Talent gut zu
sehen und lebhast zu erzählen, anerkannt. In dem gegenwärtigen Buch wird
das Talent dadurch einigermaßen verkümmert, daß er nicht unbefangen ist. Er
scheint mit. seinem frühern Recensenten unzufrieden zu sein und schildert, um sich
gewissermaßen seiner Haut zu wehren, einen Schriftsteller, den das Loos, ver¬
kannt zu werden, gleichfalls getroffen hat. Leider sind wir in der Lage, uns
den Gegnern dieses Schriftstellers beigesellen zu müssen, denn die Maximen,
nach denen er handelt, können vor einem gesunden Urtheil nicht bestehen. So
hat er z. B. einen Mündel, der trotz seiner poetischen Anlagen im Abiturienten-


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[0398] Der Plattebner und seine Kinder. Erzählung aus dem Tiroler Volksleben. Von I. F. Lentner. Stuttgart, Scheitlin. — In der Vorrede hat Ludwig Steub seinem Freunde ein Denkmal gesetzt. Friedrich Lentner war 181 i zu München geboren, ursprünglich für den Buch¬ handel bestimmt, aber seit dem Jahre 1841 vorzugsweise mit schriftstellerischen Arbeiten beschäftigt. Die Aufgabe seines Lebens war, die Sitten und Zustände des Lechthals in möglichster Treue novellistisch darzustellen. Er hat diese Auf¬ gabe mit einer Treue und Ehrlichkeit gelöst, die ihm eine ehrenvolle Stelle in der populären Literatur bewahren wird. Eine gemüthliche Natur, harmlos und dem Volk wahrhaft ergeben, hatte et doch das seltsame Schicksal, sowol von Seiten der Regierungen als des Volks fortwährend Anfechtungen zu erleiden. Nur einmal schien ihm das Glück günstig. Im Jahre 18i6 übertrug ihm der damalige Kronprinz Maximilian die Ausführung eines höchst zeitgemäßen Ge¬ dankens. Es sollte, erzählt der Herausgeber, des Baierlandcs Volksthum gleich¬ sam inventarisirt werden. Alles, was sich in Städten und Dörfern noch an altem deutschen Herkommen finden ließe, sollte der Sammler aufzeichnen, zu¬ sammentragen, vergleichen und auslegen. Lieder und Sagen, Volksmeinungen und Bauerregeln, Glauben und Aberglauben, Gebräuche im Winter und Sommer, bei Geburten, Hochzeiten und Sterbefällen, ältere und neuere Trach¬ ten, auch die Arten des Haus- und Feldbaues, kurz das ganze Thun und Lassen, insoweit es nicht in das sprachliche Gebiet einschlug, das schon Andreas Schmeller in seinem unübertrefflichen bairischen Wörterbuche behandelt, das Alles sollte jetzt zusammengesucht werden. Lentner ging mit freudigem Eifer an seine Aufgaben, an deren vollständiger Durchführung ihn leider sein früher Tod 1852 verhinderte. — Die vorliegende Novelle ist aus seinem Nachlaß. Sie gehört nicht zu der aufregenden Lectüre, ist aber im Ganzen eine ge¬ sunde Kost und gehört entschieden zu den bessern Leistungen der populären Literatur. — Aus der Gegenwart. Roman von Theodor König. 2 Bände. Leipzig, Schnitze. — Wir haben bei den frühern Romanen des Verfassers das Talent gut zu sehen und lebhast zu erzählen, anerkannt. In dem gegenwärtigen Buch wird das Talent dadurch einigermaßen verkümmert, daß er nicht unbefangen ist. Er scheint mit. seinem frühern Recensenten unzufrieden zu sein und schildert, um sich gewissermaßen seiner Haut zu wehren, einen Schriftsteller, den das Loos, ver¬ kannt zu werden, gleichfalls getroffen hat. Leider sind wir in der Lage, uns den Gegnern dieses Schriftstellers beigesellen zu müssen, denn die Maximen, nach denen er handelt, können vor einem gesunden Urtheil nicht bestehen. So hat er z. B. einen Mündel, der trotz seiner poetischen Anlagen im Abiturienten-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/398>, abgerufen am 22.12.2024.