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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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Truppen man bei Eupatoria zu concentriren vermag, desto besser. Vielleicht
daß eben in jenen 30,000 Mann der Kraftzuwachs ausgesprochen ist, welchen
die Umwälzung der Entscheidung, Abschneiden, Schlagen und Gefangennahme
der russischen Armee erheischen.




Korrespondenzen.
Aus Konstantinopel,

-- In den letzten Tagen kreuzten sich mehr
wie jemals vielleicht abenteuerliche Gerüchte in Pera und fanden, wiewol sie unter¬
einander im Widerspruch standen, Glauben, nicht nur an der Börse, sondern anch
in anderen Kreisen. Das Verbot der östreichischen, im eignen k. k. Gebiet anßer
Cours gesetzten Kupferkreuzer als Scheidemünze, und der Beschluß der Pforte,
türkische Fünf-, Zehn-, und Zwanzigperastücke vom Realwerthe in ausreichender
Menge prägen zu lassen, führte dunkle und unklare Köpfe auf die Vermuthung:
die Beziehungen zwischen Oestreich und dem Divan könnten sich getrübt haben.
Von gut unterrichteter Seite erfahre ich dagegen, wie in diesen Beziehungen durch¬
aus keine Veränderung eingetreten sei, und daß man lediglich einen kleinen Zwischen-
fall zu beklagen habe, der sich am Tage ereignete, wo der Beschluß rücksichtlich der
Kupfermünzen getroffen wurde, der indeß an sich ohne alle Bedeutung ist. Baron
Koller, der hiesige k. k. Geschäftsträger und Jntcruuntius, hielt es für angemessen,
dem bezüglichen Medschliss (Divanberathung) in Person anzuwohnen, wogegen der
Grvßvezier ihm höflich und in aller Form vorstellte, daß die zu verhandelnde An¬
gelegenheit eine rein innere sei, und um deswillen die Einmischung eines aus¬
wärtigen Repräsentanten durchaus nicht gestatte. Der östreichische Diplomat soll
hiervon empfindlich berührt worden sein, indeß ist es klar, auf wessen Seite sich
das Recht befindet, und es kann kaum einem Zweifel unterworfen werden, daß man
in Wien den richtigen Takt besitzen wird, in dieser Angelegenheit durchaus keine
weiteren Schritte zu thun.

Unter solchen Umständen hat es mir um so befremdender geschienen, daß man in den
letzten Tagen von gewissen Vibrationen in der ministeriellen Sphäre und dem un¬
erwarteten Schwanken des Großvcziers (Aali Pascha) und des Seriaskers (Mchem-
med Nuscbdi Pascha) hörte. Ich sehe diese Gerüchte vorerst nur als solche an, und
bin der Ansicht, daß sich in denselben die Wünsche einer Coterie von Emigranten
aussprachen, denen nichts erwünschter kommen würde, wie ein Bruch der Pforte
mit Oestreich.

Von Omer Pascha heißt es, daß er dennoch entschieden als eine gesunkene
Größe angesehen werden müsse. Man wollte neuerdings von seiner definitiven Er¬
nennung zum Scriaskcr für Anadoli wissen, indeß ist man wol bis jetzt noch nicht
soweit. Vom Sultan bekam der Serdar Ekräm neulich zwei äußerst bedeutende
Geschenke: eine Summe von dreitausend Beuteln (ein jeder Beutel zu fünfhundert
Piaster) und ein großes Tschiftalik aus dem Nachlasse von Chosrew Pascha, welcher,
wie Ihnen wol erinnerlich, der Krone anheim fiel. Man sieht Omer Pascha nur


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Truppen man bei Eupatoria zu concentriren vermag, desto besser. Vielleicht
daß eben in jenen 30,000 Mann der Kraftzuwachs ausgesprochen ist, welchen
die Umwälzung der Entscheidung, Abschneiden, Schlagen und Gefangennahme
der russischen Armee erheischen.




Korrespondenzen.
Aus Konstantinopel,

— In den letzten Tagen kreuzten sich mehr
wie jemals vielleicht abenteuerliche Gerüchte in Pera und fanden, wiewol sie unter¬
einander im Widerspruch standen, Glauben, nicht nur an der Börse, sondern anch
in anderen Kreisen. Das Verbot der östreichischen, im eignen k. k. Gebiet anßer
Cours gesetzten Kupferkreuzer als Scheidemünze, und der Beschluß der Pforte,
türkische Fünf-, Zehn-, und Zwanzigperastücke vom Realwerthe in ausreichender
Menge prägen zu lassen, führte dunkle und unklare Köpfe auf die Vermuthung:
die Beziehungen zwischen Oestreich und dem Divan könnten sich getrübt haben.
Von gut unterrichteter Seite erfahre ich dagegen, wie in diesen Beziehungen durch¬
aus keine Veränderung eingetreten sei, und daß man lediglich einen kleinen Zwischen-
fall zu beklagen habe, der sich am Tage ereignete, wo der Beschluß rücksichtlich der
Kupfermünzen getroffen wurde, der indeß an sich ohne alle Bedeutung ist. Baron
Koller, der hiesige k. k. Geschäftsträger und Jntcruuntius, hielt es für angemessen,
dem bezüglichen Medschliss (Divanberathung) in Person anzuwohnen, wogegen der
Grvßvezier ihm höflich und in aller Form vorstellte, daß die zu verhandelnde An¬
gelegenheit eine rein innere sei, und um deswillen die Einmischung eines aus¬
wärtigen Repräsentanten durchaus nicht gestatte. Der östreichische Diplomat soll
hiervon empfindlich berührt worden sein, indeß ist es klar, auf wessen Seite sich
das Recht befindet, und es kann kaum einem Zweifel unterworfen werden, daß man
in Wien den richtigen Takt besitzen wird, in dieser Angelegenheit durchaus keine
weiteren Schritte zu thun.

Unter solchen Umständen hat es mir um so befremdender geschienen, daß man in den
letzten Tagen von gewissen Vibrationen in der ministeriellen Sphäre und dem un¬
erwarteten Schwanken des Großvcziers (Aali Pascha) und des Seriaskers (Mchem-
med Nuscbdi Pascha) hörte. Ich sehe diese Gerüchte vorerst nur als solche an, und
bin der Ansicht, daß sich in denselben die Wünsche einer Coterie von Emigranten
aussprachen, denen nichts erwünschter kommen würde, wie ein Bruch der Pforte
mit Oestreich.

Von Omer Pascha heißt es, daß er dennoch entschieden als eine gesunkene
Größe angesehen werden müsse. Man wollte neuerdings von seiner definitiven Er¬
nennung zum Scriaskcr für Anadoli wissen, indeß ist man wol bis jetzt noch nicht
soweit. Vom Sultan bekam der Serdar Ekräm neulich zwei äußerst bedeutende
Geschenke: eine Summe von dreitausend Beuteln (ein jeder Beutel zu fünfhundert
Piaster) und ein großes Tschiftalik aus dem Nachlasse von Chosrew Pascha, welcher,
wie Ihnen wol erinnerlich, der Krone anheim fiel. Man sieht Omer Pascha nur


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[0363] Truppen man bei Eupatoria zu concentriren vermag, desto besser. Vielleicht daß eben in jenen 30,000 Mann der Kraftzuwachs ausgesprochen ist, welchen die Umwälzung der Entscheidung, Abschneiden, Schlagen und Gefangennahme der russischen Armee erheischen. Korrespondenzen. Aus Konstantinopel, — In den letzten Tagen kreuzten sich mehr wie jemals vielleicht abenteuerliche Gerüchte in Pera und fanden, wiewol sie unter¬ einander im Widerspruch standen, Glauben, nicht nur an der Börse, sondern anch in anderen Kreisen. Das Verbot der östreichischen, im eignen k. k. Gebiet anßer Cours gesetzten Kupferkreuzer als Scheidemünze, und der Beschluß der Pforte, türkische Fünf-, Zehn-, und Zwanzigperastücke vom Realwerthe in ausreichender Menge prägen zu lassen, führte dunkle und unklare Köpfe auf die Vermuthung: die Beziehungen zwischen Oestreich und dem Divan könnten sich getrübt haben. Von gut unterrichteter Seite erfahre ich dagegen, wie in diesen Beziehungen durch¬ aus keine Veränderung eingetreten sei, und daß man lediglich einen kleinen Zwischen- fall zu beklagen habe, der sich am Tage ereignete, wo der Beschluß rücksichtlich der Kupfermünzen getroffen wurde, der indeß an sich ohne alle Bedeutung ist. Baron Koller, der hiesige k. k. Geschäftsträger und Jntcruuntius, hielt es für angemessen, dem bezüglichen Medschliss (Divanberathung) in Person anzuwohnen, wogegen der Grvßvezier ihm höflich und in aller Form vorstellte, daß die zu verhandelnde An¬ gelegenheit eine rein innere sei, und um deswillen die Einmischung eines aus¬ wärtigen Repräsentanten durchaus nicht gestatte. Der östreichische Diplomat soll hiervon empfindlich berührt worden sein, indeß ist es klar, auf wessen Seite sich das Recht befindet, und es kann kaum einem Zweifel unterworfen werden, daß man in Wien den richtigen Takt besitzen wird, in dieser Angelegenheit durchaus keine weiteren Schritte zu thun. Unter solchen Umständen hat es mir um so befremdender geschienen, daß man in den letzten Tagen von gewissen Vibrationen in der ministeriellen Sphäre und dem un¬ erwarteten Schwanken des Großvcziers (Aali Pascha) und des Seriaskers (Mchem- med Nuscbdi Pascha) hörte. Ich sehe diese Gerüchte vorerst nur als solche an, und bin der Ansicht, daß sich in denselben die Wünsche einer Coterie von Emigranten aussprachen, denen nichts erwünschter kommen würde, wie ein Bruch der Pforte mit Oestreich. Von Omer Pascha heißt es, daß er dennoch entschieden als eine gesunkene Größe angesehen werden müsse. Man wollte neuerdings von seiner definitiven Er¬ nennung zum Scriaskcr für Anadoli wissen, indeß ist man wol bis jetzt noch nicht soweit. Vom Sultan bekam der Serdar Ekräm neulich zwei äußerst bedeutende Geschenke: eine Summe von dreitausend Beuteln (ein jeder Beutel zu fünfhundert Piaster) und ein großes Tschiftalik aus dem Nachlasse von Chosrew Pascha, welcher, wie Ihnen wol erinnerlich, der Krone anheim fiel. Man sieht Omer Pascha nur *

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/363>, abgerufen am 22.12.2024.