Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.für die richtige Würdigung der Bedeutung der Festungen von ausnehmender Im schroffen Gegensatz zu dieser Methode, bei welcher kaum andere directe Im September vorigen Jahres befanden sich die Alliirten Sebastopol Diese förmliche Belagerung steht mitten inne zwischen der Methode, den für die richtige Würdigung der Bedeutung der Festungen von ausnehmender Im schroffen Gegensatz zu dieser Methode, bei welcher kaum andere directe Im September vorigen Jahres befanden sich die Alliirten Sebastopol Diese förmliche Belagerung steht mitten inne zwischen der Methode, den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0226" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100146"/> <p xml:id="ID_659" prev="#ID_658"> für die richtige Würdigung der Bedeutung der Festungen von ausnehmender<lb/> Wichtigkeit ist. Wenn man sich vergegenwärtigt, daß eine Festung, insofern sie ein¬<lb/> geschlossen werden kann, nach ihrer Cernirung lediglich auf die innerhalb des Ver¬<lb/> theidigungskreises angehäuften Vorräthe angewiesen und letztlich zur Ohnmacht<lb/> gebracht und in dem Fall ist, sich ergeben zu müssen, wenn diese Vorräthe<lb/> verbraucht sind, so kann man behaupten: eine jede blockirbare Festung könne<lb/> durch das bloße Mittel der Einschließung überwunden werden; auch hat es mit<lb/> dieser Behauptung seine volle Richtigkeit. Allein es ist schon darum nicht das<lb/> empfehlenswertheste, weil es am langsamsten zum Ziele führt, weil die lange<lb/> Zeit, welche es erheischt, dem Feinde um so größere Chancen für eine etwaige<lb/> Umwandlung der Situation zu seinen Gunsten bietet, in deren Folge die<lb/> Einschließung leichtmöglich aufgehoben werden muß und weil endlich der mit<lb/> derselben beauftragte Heertheil diese lange Zeit hindurch zu keinen andern Opera¬<lb/> tionen verwendet werden kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_660"> Im schroffen Gegensatz zu dieser Methode, bei welcher kaum andere directe<lb/> materielle Verluste entstehen können, als wenn der Feind entweder von innen her<lb/> oder mittelst einer Diversion von außen die Einschließungslinie zu durchbrechen<lb/> suchte, steht der sogenannte gewaltsame Festungsangriff. Gleichwie die Ein¬<lb/> schließung nicht gegen allzuausgedehnte Plätze angewendet werden kann, sind solche<lb/> gegen den gewaltsamen Angriff sicher gestellt, deren hohe Escarpen und Evntres-<lb/> carpen eine Ersteigung ohne vorherige Bresche, sei es durch Leitern oder andre<lb/> Hilfsmittel, unmöglich machen. Neuerdings hat Sebastopol einen Beweis dafür<lb/> geliefert, daß an und für sich dieses Verfahren auch einer jeden mit einer<lb/> starken Garnison und insbesondere mit einer zahlreichen und machtvollen Ar¬<lb/> tillerie versehenen Festung gegenüber ausnehmend mißlich und wol gradezu<lb/> unthunlich ist. Es bedarf keiner weitern Erörterung , daß der gewaltsame An¬<lb/> griff in der verhältnißmäßig kürzesten Zeit in den Besitz des Platzes setzt,<lb/> daß er aber auch gleichzeitig enorme Opfer verlangt, und nur dann gerecht¬<lb/> fertigt werden kann, wenn Zeitersparung die'höchste Rücksicht ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_661"> Im September vorigen Jahres befanden sich die Alliirten Sebastopol<lb/> gegenüber durchaus in solcher Lage. Wenn die Expedition, welche damals nur<lb/> auf die Wegnahme der Festung hinzielte, gelingen sollte, mußte diese durch<lb/> einen Handstreich genommen werden d. h. durch den in Rede stehenden ge¬<lb/> waltsamen Angriff. Denn nur dann konnte man nachträglich die gekantete<lb/> Armee entweder wieder einschiffen, was in Ermangelung von Trains das Beste<lb/> gewesen wäre oder, den Platz zur Basis machend, den Russen im freien Felde<lb/> entgegentreten. Als man zur förmlichen Belagerung von Sebastopol schritt,<lb/> begab man sich in die Lage hinein, die nicht anders als eine äußerst unglück¬<lb/> selige bezeichnet werden kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_662" next="#ID_663"> Diese förmliche Belagerung steht mitten inne zwischen der Methode, den</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0226]
für die richtige Würdigung der Bedeutung der Festungen von ausnehmender
Wichtigkeit ist. Wenn man sich vergegenwärtigt, daß eine Festung, insofern sie ein¬
geschlossen werden kann, nach ihrer Cernirung lediglich auf die innerhalb des Ver¬
theidigungskreises angehäuften Vorräthe angewiesen und letztlich zur Ohnmacht
gebracht und in dem Fall ist, sich ergeben zu müssen, wenn diese Vorräthe
verbraucht sind, so kann man behaupten: eine jede blockirbare Festung könne
durch das bloße Mittel der Einschließung überwunden werden; auch hat es mit
dieser Behauptung seine volle Richtigkeit. Allein es ist schon darum nicht das
empfehlenswertheste, weil es am langsamsten zum Ziele führt, weil die lange
Zeit, welche es erheischt, dem Feinde um so größere Chancen für eine etwaige
Umwandlung der Situation zu seinen Gunsten bietet, in deren Folge die
Einschließung leichtmöglich aufgehoben werden muß und weil endlich der mit
derselben beauftragte Heertheil diese lange Zeit hindurch zu keinen andern Opera¬
tionen verwendet werden kann.
Im schroffen Gegensatz zu dieser Methode, bei welcher kaum andere directe
materielle Verluste entstehen können, als wenn der Feind entweder von innen her
oder mittelst einer Diversion von außen die Einschließungslinie zu durchbrechen
suchte, steht der sogenannte gewaltsame Festungsangriff. Gleichwie die Ein¬
schließung nicht gegen allzuausgedehnte Plätze angewendet werden kann, sind solche
gegen den gewaltsamen Angriff sicher gestellt, deren hohe Escarpen und Evntres-
carpen eine Ersteigung ohne vorherige Bresche, sei es durch Leitern oder andre
Hilfsmittel, unmöglich machen. Neuerdings hat Sebastopol einen Beweis dafür
geliefert, daß an und für sich dieses Verfahren auch einer jeden mit einer
starken Garnison und insbesondere mit einer zahlreichen und machtvollen Ar¬
tillerie versehenen Festung gegenüber ausnehmend mißlich und wol gradezu
unthunlich ist. Es bedarf keiner weitern Erörterung , daß der gewaltsame An¬
griff in der verhältnißmäßig kürzesten Zeit in den Besitz des Platzes setzt,
daß er aber auch gleichzeitig enorme Opfer verlangt, und nur dann gerecht¬
fertigt werden kann, wenn Zeitersparung die'höchste Rücksicht ist.
Im September vorigen Jahres befanden sich die Alliirten Sebastopol
gegenüber durchaus in solcher Lage. Wenn die Expedition, welche damals nur
auf die Wegnahme der Festung hinzielte, gelingen sollte, mußte diese durch
einen Handstreich genommen werden d. h. durch den in Rede stehenden ge¬
waltsamen Angriff. Denn nur dann konnte man nachträglich die gekantete
Armee entweder wieder einschiffen, was in Ermangelung von Trains das Beste
gewesen wäre oder, den Platz zur Basis machend, den Russen im freien Felde
entgegentreten. Als man zur förmlichen Belagerung von Sebastopol schritt,
begab man sich in die Lage hinein, die nicht anders als eine äußerst unglück¬
selige bezeichnet werden kann.
Diese förmliche Belagerung steht mitten inne zwischen der Methode, den
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