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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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die Armee muthmaßlich in zwei großen Feldschlachten erlitten haben würde, in
der ihre gesammten Streitkräfte engagirt gewesen wären.

Die Frage, welche sich uns als die allerdniigendste aufwirft, ist die: wird
die französische Regierung einen Mann, der sichtlich ohne Plan und ohne
höhern leitenden Gedanken die Armee in mechanischen Stoßen gegen schwer
überwindbare Hindernisse, die man gleichwol vom Rücken her (Eupatoria)
isoliren und damit zum Fall bringen konnte, der schnellen Zertrümmerung aus¬
setzt, -- wird das Gouvernement zu Paris diesem Mann noch weiterhin das
Commando überlassen? Ich denke, man hat Grund, zu Gunsten der guten
Sache, um die es sich hier handelt, daran zu zweifeln. Aber nur der sollte
bei Ertheilung des hohen Postens in Berücksichtigung gezogen werden, der im
Stande ist, einen neuen Gedanken in das Wirrsal der seitherigen Operationen
hineinzutragen.




Correspondenzen.

Man darf sich im übrigen Deutschland über die Schwere
der jüngsten Vorgänge im Königreich Hannover nicht dadurch täuschen lassen, daß
von beiden Seiten sowenig eigentlicher Lärm und Staub erregt wird. Der Nieder-
sachse ist zwar durchgehends von sicherm Rechtsgefühl erfüllt, aber von langsamer
Sinnlichkeit und einer ruhigen, fast schwerfälligen Art sich zu äußern.

Eine andre Ursache erklärt es noch besser, warum das Mitgefühl des außen¬
stehenden deutscheu Volks von seinem hartbedrängten Bruderstämme in diesen schwe¬
ren Tagen sowenig eifrig in Anspruch genommen wird. Die Negierung hat nicht um¬
sonst das Bundespreßgesctz einige Monate vor dem Zusammentritt der Stände durch
einfache königliche Verordnung in Kraft treten lassen. Sie wußte ohne Zweifel
so gut wie irgendeiner ihrer constitutionellen Gegner, daß sie sich damit der be¬
stimmtesten Gefahr aussetzen werde, von den Kammern einer Vcrsassungswidrigkcit
geziehen und demgemäß behandelt zu werden. Sie wird die taktischen Vortheile,
welche ihr die Verkündigung gab, eben höher geschätzt haben, als die nicht zu
verkennende Gefahr. Das Bundespreßgesctz hat die Eigenthümlichkeit, seine Gegen¬
stände aus der Sphäre, klarer öffentlicher Rechtsverhältnisse in die Sphäre geheimer
persönlicher Einflüsse zu versetzen. Es unterwirst die Handlanger und die capital-
bcsitzenden Eigenthümer der Presse beinahe ohne jede zuverlässige Schranke dem
Wohlwollen irgendeiner im Dunkeln bleibenden, in ihren Sympathien schlechter¬
dings nicht zu berechnenden und völlig unverantwortlichen Persönlichkeit, damit die
schutzlose Lage der Einen, verbunden mit der einflußreichen Furcht der Andern über
den unabhängigen Schriftsteller denjenigen Zaum verhänge, den man ihm mit den
Gefahren seiner persönlichen Verantwortlichkeit gegen das Publicum "ut die Ge¬
richte aufzuerlegen nachgrade wol verzweifeln mag. Man führt durch allerlei schone
Hinterpsorten die stille, eine löbliche Polizei nicht compromittirende'Ecnsur der


die Armee muthmaßlich in zwei großen Feldschlachten erlitten haben würde, in
der ihre gesammten Streitkräfte engagirt gewesen wären.

Die Frage, welche sich uns als die allerdniigendste aufwirft, ist die: wird
die französische Regierung einen Mann, der sichtlich ohne Plan und ohne
höhern leitenden Gedanken die Armee in mechanischen Stoßen gegen schwer
überwindbare Hindernisse, die man gleichwol vom Rücken her (Eupatoria)
isoliren und damit zum Fall bringen konnte, der schnellen Zertrümmerung aus¬
setzt, — wird das Gouvernement zu Paris diesem Mann noch weiterhin das
Commando überlassen? Ich denke, man hat Grund, zu Gunsten der guten
Sache, um die es sich hier handelt, daran zu zweifeln. Aber nur der sollte
bei Ertheilung des hohen Postens in Berücksichtigung gezogen werden, der im
Stande ist, einen neuen Gedanken in das Wirrsal der seitherigen Operationen
hineinzutragen.




Correspondenzen.

Man darf sich im übrigen Deutschland über die Schwere
der jüngsten Vorgänge im Königreich Hannover nicht dadurch täuschen lassen, daß
von beiden Seiten sowenig eigentlicher Lärm und Staub erregt wird. Der Nieder-
sachse ist zwar durchgehends von sicherm Rechtsgefühl erfüllt, aber von langsamer
Sinnlichkeit und einer ruhigen, fast schwerfälligen Art sich zu äußern.

Eine andre Ursache erklärt es noch besser, warum das Mitgefühl des außen¬
stehenden deutscheu Volks von seinem hartbedrängten Bruderstämme in diesen schwe¬
ren Tagen sowenig eifrig in Anspruch genommen wird. Die Negierung hat nicht um¬
sonst das Bundespreßgesctz einige Monate vor dem Zusammentritt der Stände durch
einfache königliche Verordnung in Kraft treten lassen. Sie wußte ohne Zweifel
so gut wie irgendeiner ihrer constitutionellen Gegner, daß sie sich damit der be¬
stimmtesten Gefahr aussetzen werde, von den Kammern einer Vcrsassungswidrigkcit
geziehen und demgemäß behandelt zu werden. Sie wird die taktischen Vortheile,
welche ihr die Verkündigung gab, eben höher geschätzt haben, als die nicht zu
verkennende Gefahr. Das Bundespreßgesctz hat die Eigenthümlichkeit, seine Gegen¬
stände aus der Sphäre, klarer öffentlicher Rechtsverhältnisse in die Sphäre geheimer
persönlicher Einflüsse zu versetzen. Es unterwirst die Handlanger und die capital-
bcsitzenden Eigenthümer der Presse beinahe ohne jede zuverlässige Schranke dem
Wohlwollen irgendeiner im Dunkeln bleibenden, in ihren Sympathien schlechter¬
dings nicht zu berechnenden und völlig unverantwortlichen Persönlichkeit, damit die
schutzlose Lage der Einen, verbunden mit der einflußreichen Furcht der Andern über
den unabhängigen Schriftsteller denjenigen Zaum verhänge, den man ihm mit den
Gefahren seiner persönlichen Verantwortlichkeit gegen das Publicum »ut die Ge¬
richte aufzuerlegen nachgrade wol verzweifeln mag. Man führt durch allerlei schone
Hinterpsorten die stille, eine löbliche Polizei nicht compromittirende'Ecnsur der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/198>, abgerufen am 22.12.2024.