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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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brachte: seine grandiose Heeresrüstung, die Entfaltung von neun Armeecorps
auf der Linie von Krakau über Tarnopol nach Galacz, und die Befestigung
des Kriegstheaters jenseits der Karpathen. Jemehr aber in jedem Einsich¬
tigen die Ueberzeugung Raum gewinnt und.sich befestigt, daß weder General
Canrobert noch Lord Raglan, und ersterer nicht mehr wie letzterer, der Große
seiner Ausgabe gewachsen ist, mit umsomehr Anerkennung und/Spannung
richten sich die Blicke aus den k. k. Feldzeugmeister von Heß, ven Generalijsimus
der östreichischen dritten und vierten Armee, über den man weiß, daß er im
Jahre 18i8 und in der nachsolgenden Campagne Die erfolgreichen Entwürfe
im Generalstabe >des Marschalls Radezky gemacht, und von dem man noch weit
größere Dinge in der nächsten Zukunft erwartet.

Wenn ich nicht irre, war Baron Heß vordem preußischer Staatsange¬
höriger und ist nicht weit von der Gegend gebürtig, die Herr von Brück seine
Heimat nennt. Jedenfalls gehört er zu jener Zahl talentvoller Rordventschen,
die das wiener Cabinet in der Ueberzeugung ihrer geistigen Ueberlegenheit uno
großen Brauchbarkeit von jeher bemüht gewesen ist,' in den sser,indischen
Staatsdienst hinüberzuziehen. Es ist dies die nämliche Classe, welcher auch
die Gentz, die Avam v. Möller und Schlegel zuzuzählen sind, uno in welche
in neuerer Zeit ein Bonitz und C. Stein eingetreten sind. Was mich hier in
Betreff des Feldzeugmeisters am meisten interejstrt, das ist seine enge uno in¬
nige Beziehung zu ber neueren östreichischen Kr iegsüh r ungöme-
Methode, eine Bezeichnung, die kaum eine andere wie die des Schöpfers
zum Geschaffenen ist. In der That: die neueren großen strategischen Leistungen
der östreichischen Heerführung lassen sich im Wesentlichen auf vie Entwürfe
des Baron Heß zurückleiten. Sie haben ihn auf ven hohen und in den
Kaiserstaaten kaum jemals von einem Parvenü erreichten Posten gehoben, den
er jetzt einnimmt, und der unbestritten nicht in besserer und mehr Garantien
bietender Weise hätte besetzt werden können.

Wer die Geschichte der letzten vierziger Jahre noch klar im Gedächtniß
hat, wird sich erinnern, daß neben Heß damals eine andere Gestalt, und, wie
es schien, von ähnlichem Gepräge wie er selbst, stand -- ein Mann, welchem
viele in den jüngsten italienischen Eampagnen dasselbe Verdienst zuschreiben,
ebenfalls Strateg und im östreichischen Generalquartiermeisterstabe in höchster
Stellung: Feldzeugmeister Schönhals. Bald nach dem ven letzten Feldzug ent¬
scheidenden Treffen von Novara kam es zur öffentlichen Kenntniß, baß zwischen
beiden ein Mißverständniß, mehr noch: ein Rivalenverhältuiß bestehe, uno wie
zu erwarte" stehn, daß einer von ihnen ehestens das Feld werde räumen müssen.
Man war, wenn ich nicht irre, im Publicum damals vorzugsweise geneigt,
dem Baron Schönhals seine Theilnahme zuzuwenden, weil man seinen Gegner
beim Kaiser in höherer Gunst wußte, und die allgemeine Meinung stets ge-


brachte: seine grandiose Heeresrüstung, die Entfaltung von neun Armeecorps
auf der Linie von Krakau über Tarnopol nach Galacz, und die Befestigung
des Kriegstheaters jenseits der Karpathen. Jemehr aber in jedem Einsich¬
tigen die Ueberzeugung Raum gewinnt und.sich befestigt, daß weder General
Canrobert noch Lord Raglan, und ersterer nicht mehr wie letzterer, der Große
seiner Ausgabe gewachsen ist, mit umsomehr Anerkennung und/Spannung
richten sich die Blicke aus den k. k. Feldzeugmeister von Heß, ven Generalijsimus
der östreichischen dritten und vierten Armee, über den man weiß, daß er im
Jahre 18i8 und in der nachsolgenden Campagne Die erfolgreichen Entwürfe
im Generalstabe >des Marschalls Radezky gemacht, und von dem man noch weit
größere Dinge in der nächsten Zukunft erwartet.

Wenn ich nicht irre, war Baron Heß vordem preußischer Staatsange¬
höriger und ist nicht weit von der Gegend gebürtig, die Herr von Brück seine
Heimat nennt. Jedenfalls gehört er zu jener Zahl talentvoller Rordventschen,
die das wiener Cabinet in der Ueberzeugung ihrer geistigen Ueberlegenheit uno
großen Brauchbarkeit von jeher bemüht gewesen ist,' in den sser,indischen
Staatsdienst hinüberzuziehen. Es ist dies die nämliche Classe, welcher auch
die Gentz, die Avam v. Möller und Schlegel zuzuzählen sind, uno in welche
in neuerer Zeit ein Bonitz und C. Stein eingetreten sind. Was mich hier in
Betreff des Feldzeugmeisters am meisten interejstrt, das ist seine enge uno in¬
nige Beziehung zu ber neueren östreichischen Kr iegsüh r ungöme-
Methode, eine Bezeichnung, die kaum eine andere wie die des Schöpfers
zum Geschaffenen ist. In der That: die neueren großen strategischen Leistungen
der östreichischen Heerführung lassen sich im Wesentlichen auf vie Entwürfe
des Baron Heß zurückleiten. Sie haben ihn auf ven hohen und in den
Kaiserstaaten kaum jemals von einem Parvenü erreichten Posten gehoben, den
er jetzt einnimmt, und der unbestritten nicht in besserer und mehr Garantien
bietender Weise hätte besetzt werden können.

Wer die Geschichte der letzten vierziger Jahre noch klar im Gedächtniß
hat, wird sich erinnern, daß neben Heß damals eine andere Gestalt, und, wie
es schien, von ähnlichem Gepräge wie er selbst, stand — ein Mann, welchem
viele in den jüngsten italienischen Eampagnen dasselbe Verdienst zuschreiben,
ebenfalls Strateg und im östreichischen Generalquartiermeisterstabe in höchster
Stellung: Feldzeugmeister Schönhals. Bald nach dem ven letzten Feldzug ent¬
scheidenden Treffen von Novara kam es zur öffentlichen Kenntniß, baß zwischen
beiden ein Mißverständniß, mehr noch: ein Rivalenverhältuiß bestehe, uno wie
zu erwarte» stehn, daß einer von ihnen ehestens das Feld werde räumen müssen.
Man war, wenn ich nicht irre, im Publicum damals vorzugsweise geneigt,
dem Baron Schönhals seine Theilnahme zuzuwenden, weil man seinen Gegner
beim Kaiser in höherer Gunst wußte, und die allgemeine Meinung stets ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/72>, abgerufen am 03.07.2024.