Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.Wenn man das Tableau der heutigen französischen Armee in der Krim , Neben den Stäben der Armee, der Corps und Divisionen hat man für Wenn man das Tableau der heutigen französischen Armee in der Krim , Neben den Stäben der Armee, der Corps und Divisionen hat man für <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0156" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99542"/> <p xml:id="ID_531"> Wenn man das Tableau der heutigen französischen Armee in der Krim<lb/> durchläuft, kann man nicht unir'n, der scharfen Logik, mit welcher die Einthei-<lb/> lung geordnet ist, seinen Beifall zu zollen. Im Gegensatz zu dem Schematis¬<lb/> mus anderer Heere überrascht bei dem in Rede siebenden zunächst am meisten<lb/> die große Selbstständigkeit, welche bier die Diviston vermöge ihrer auf alle<lb/> Kriegsverhältnissc Bedacht nehmenden Organisation erhält, und die besondere<lb/> Sorgfalt, welche der Formirung der betreffenden Stäbe zugewendet ist, von<lb/> denen der obere Befehl ausgeht. Jede der erwähnten Armeeabtheilungen (Divi¬<lb/> sionen) hat ihren besonderen Etat major (Generalstab); und zwar sind dem<lb/> betreffenden Chef eines jeden nicht weniger wie drei Generalstabsofsiziere bei-<lb/> gegeben. Unabhängig von diesen Divisionsstäben besteht für jedes Corps ein<lb/> besonderer Etat major, während ein Etat major g<zu«;rat in höchster Instanz dem<lb/> Oberfeldherrn zur Seite steht. Diese Einrichtung in ihrer durchgebildeten<lb/> Vollkommenheit war, wenn ick> nicht irre, den Heeren des großen Napoleon<lb/> noch nicht eigen; Preußen würde, weil es ihm an gedienten Generalftabsoffi-<lb/> zieren auffallenderweise mangelt, sür den Augenblick kaum im Stande sein,<lb/> sie einzuführen, und es ist kaum für etwas Anderes, wie für eine Rückwirkung<lb/> der in die Oeffentlichkeit getretenen französischen Stabsorganisation anzusehen,<lb/> wenn neuerdings vom Kriegsministerium in Berlin den sogenannten General¬<lb/> stabsreisen eine weitere Ausdehnung verlieben worden und eine unverhältniß-<lb/> mäßig größere Anzahl von Offizieren zur Betheiligung an diesen praktischen<lb/> AusbildungSlehrgängen herangezogen worden ist. Wie es in der besagten Hin¬<lb/> sicht in Oestreich steht, weiß ich nicht anzugeben; indeß steht zu vermuthen,<lb/> daß ein Armcechef wie Feldzeugmeister von Heß am mindesten den Generalstab<lb/> vernachlässigt haben dürfte, in welchem er selbst während seiner dienstlichen<lb/> Carriöre am längsten gedient. Nußland besitzt für den Etat major seines Heeres<lb/> treffliche Institute, die freilich erst in der Entwicklung begriffen zu sein scheinen,<lb/> aber schon jetzt eine große Anzahl von Armceverwaltungsbeamten und von<lb/> Colonnensührern geliefert haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_532" next="#ID_533"> , Neben den Stäben der Armee, der Corps und Divisionen hat man für<lb/> das französische Krimheer ein besonderes topographisches Bureau, aus einem<lb/> Chef und sieben höheren Offizieren bestehend, formirt. Diese Einrichtung ist<lb/> allerdings nicht neu, aber sie wurde in so großartigem Maßstabe selten zur<lb/> Anwendung gebracht. Wiewol es unzweifelhaft ist, daß Napoleon Hi. in der<lb/> Wahl des Generals Canrobert zum Obercommandanten seiner Streitkräfte in<lb/> der Krim einen bedeutenden Fehlgriff gethan, muß man nichtsdestoweniger an¬<lb/> erkennen, daß die Organisation der berathenden und die Befehle erecutirenden<lb/> Corps, welche er ihm zur Seite gestellt, nicht großartiger gedacht werden kann.<lb/> Wenn etwas Tadel verdient, so ist es neben der Mißwahl des Oberbefehls¬<lb/> habers die Hartnäckigkeit, mit welcher dieselbe aufrecht erhalten wird. Der</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0156]
Wenn man das Tableau der heutigen französischen Armee in der Krim
durchläuft, kann man nicht unir'n, der scharfen Logik, mit welcher die Einthei-
lung geordnet ist, seinen Beifall zu zollen. Im Gegensatz zu dem Schematis¬
mus anderer Heere überrascht bei dem in Rede siebenden zunächst am meisten
die große Selbstständigkeit, welche bier die Diviston vermöge ihrer auf alle
Kriegsverhältnissc Bedacht nehmenden Organisation erhält, und die besondere
Sorgfalt, welche der Formirung der betreffenden Stäbe zugewendet ist, von
denen der obere Befehl ausgeht. Jede der erwähnten Armeeabtheilungen (Divi¬
sionen) hat ihren besonderen Etat major (Generalstab); und zwar sind dem
betreffenden Chef eines jeden nicht weniger wie drei Generalstabsofsiziere bei-
gegeben. Unabhängig von diesen Divisionsstäben besteht für jedes Corps ein
besonderer Etat major, während ein Etat major g<zu«;rat in höchster Instanz dem
Oberfeldherrn zur Seite steht. Diese Einrichtung in ihrer durchgebildeten
Vollkommenheit war, wenn ick> nicht irre, den Heeren des großen Napoleon
noch nicht eigen; Preußen würde, weil es ihm an gedienten Generalftabsoffi-
zieren auffallenderweise mangelt, sür den Augenblick kaum im Stande sein,
sie einzuführen, und es ist kaum für etwas Anderes, wie für eine Rückwirkung
der in die Oeffentlichkeit getretenen französischen Stabsorganisation anzusehen,
wenn neuerdings vom Kriegsministerium in Berlin den sogenannten General¬
stabsreisen eine weitere Ausdehnung verlieben worden und eine unverhältniß-
mäßig größere Anzahl von Offizieren zur Betheiligung an diesen praktischen
AusbildungSlehrgängen herangezogen worden ist. Wie es in der besagten Hin¬
sicht in Oestreich steht, weiß ich nicht anzugeben; indeß steht zu vermuthen,
daß ein Armcechef wie Feldzeugmeister von Heß am mindesten den Generalstab
vernachlässigt haben dürfte, in welchem er selbst während seiner dienstlichen
Carriöre am längsten gedient. Nußland besitzt für den Etat major seines Heeres
treffliche Institute, die freilich erst in der Entwicklung begriffen zu sein scheinen,
aber schon jetzt eine große Anzahl von Armceverwaltungsbeamten und von
Colonnensührern geliefert haben.
, Neben den Stäben der Armee, der Corps und Divisionen hat man für
das französische Krimheer ein besonderes topographisches Bureau, aus einem
Chef und sieben höheren Offizieren bestehend, formirt. Diese Einrichtung ist
allerdings nicht neu, aber sie wurde in so großartigem Maßstabe selten zur
Anwendung gebracht. Wiewol es unzweifelhaft ist, daß Napoleon Hi. in der
Wahl des Generals Canrobert zum Obercommandanten seiner Streitkräfte in
der Krim einen bedeutenden Fehlgriff gethan, muß man nichtsdestoweniger an¬
erkennen, daß die Organisation der berathenden und die Befehle erecutirenden
Corps, welche er ihm zur Seite gestellt, nicht großartiger gedacht werden kann.
Wenn etwas Tadel verdient, so ist es neben der Mißwahl des Oberbefehls¬
habers die Hartnäckigkeit, mit welcher dieselbe aufrecht erhalten wird. Der
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