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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

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für Ludwig Napoleon nahm. Mau wollte ihn mit dem EhrenlegiouSordcu beschenken;
er aber war klug genug ihn zurückzuweisen, Eine niederträchtige Verleumdung
aber war es, daß seine Feinde behaupteten, er sei im Sold der französischen Re¬
gierung gewesen. Warreus hat durch und mit Unterstützung seines Journals so
geschickt zu manövriren gewußt und ist in Besitz eines derartigen Vermögens gelangt,
daß die Summe, welche die französische Regierung einem Publicisten zum Geschenke
machen dürfte, für ihn immer eine Kleinigkeit bleibt. Seit dem Tode des Fürsten
war Warreus ohne eigentliche Freunde unter den Ministern. In der orientalischen'
Frage ging er rücksichtslos vorwärts, seitdem er merkte, wohin der Wind führe.
Herr v. Mcyendvrs beklagte sich ""unterbrochen, die Polizei verwarnte, suspendirte;
aber höheren Orts wollte man nicht scheinen, als mache man Rußland Concessionen.
Als Warrens im Sommer v. I. das Journal an sich brachte, wurden ihm alle
Verwarnungen nachgesehen. Allein eine Beleidigung gegen die Kaiserin von Ru߬
land scheint in den höchsten Kreisen Tadel gefunden zu haben und sein Schicksal
schien seitdem beschlossen. Mau fing nun an zu vermerken, daß er nicht undeutlich
an die Revolution appellire. Die Partei, welche ihre Politik erliegen sah, wollte
ihrem Unwillen Lust machen. An Höhergestellte konnte man nicht heran und die
Schläge trafen den, welchen man als den Wortführer der Masse ansah. Unbestreitbar
hat Herr Warrcns in der orientalischen Frage keine unwichtige Rolle gespielt. Er
hat die öffentliche Meinung Oestreichs in ein Fahrwasser gebracht, daß ihr Drang
bis.in höhere Regionen trieb; er hat Oestreich mit der öffentlichen Meinung von
Deutschland befreundet, ja es an deren Spitze gestellt; aber er hat es versehen, daß
ein Ritter von Geist nicht mit Holzhacken dreinschlagen darf.

Ais einen Beweis mehr, daß es der Regierung hier vornämlich daran gelegen
war, eine i>orxmu> in^ruu,, als ein Blatt zu entfernen, mag dienen, daß sie in letzter
Zeit leichte Concessionen zur Herausgabe vou Blättern selbst politischer Natur ertheilt.
Auch Julius Scidlitz hat soeben eine solche erhalten, und mehre Buchhändler stehen
auf dem Sprunge, solche Vergünstigungen zu erlangen. Nichtsdestoweniger ist und
bleibt der Lloyd ein Verlust; er dürfte in letzter Zeit sich zu den ersten deutschen
Blättern rechnen und hatte dem Auslande gegenüber jene Rolle eingenommen, die
-- 5 -- vor dem Jahre -I8i8 die Allgemeine Zeitung spielte.


Nachtrag der Redaction.

-- Wir müssen hinzufügen, daß es uns trotz
aller Einwendungen, die man gegen die Politik des Herrn Warrcns machen mag,
noch jetzt völlig unglaublich -ist, daß die östreichische Regierung im Ernst und definitiv
ein Organ unterdrücken sollte, das zuerst mit Ernst. Wärme und Geschicklichkeit
ihre gegenwärtige Politik dem deutsche" Volk verständlich gemacht hat. -- Beiläufig ,
bemerken wir, daß unser Eorrcspv"de"t ein anderer ist, als der Versasser der "Plau¬
dereien". --




Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als veranlwe>n>, Nedacreur lcaitimirn F. W. Gvunow. -- Verlag öl>u F. L. Herbig
in Leipzig,
Druck von K. <5. "5ihm in Leivzia,


für Ludwig Napoleon nahm. Mau wollte ihn mit dem EhrenlegiouSordcu beschenken;
er aber war klug genug ihn zurückzuweisen, Eine niederträchtige Verleumdung
aber war es, daß seine Feinde behaupteten, er sei im Sold der französischen Re¬
gierung gewesen. Warreus hat durch und mit Unterstützung seines Journals so
geschickt zu manövriren gewußt und ist in Besitz eines derartigen Vermögens gelangt,
daß die Summe, welche die französische Regierung einem Publicisten zum Geschenke
machen dürfte, für ihn immer eine Kleinigkeit bleibt. Seit dem Tode des Fürsten
war Warreus ohne eigentliche Freunde unter den Ministern. In der orientalischen'
Frage ging er rücksichtslos vorwärts, seitdem er merkte, wohin der Wind führe.
Herr v. Mcyendvrs beklagte sich »»unterbrochen, die Polizei verwarnte, suspendirte;
aber höheren Orts wollte man nicht scheinen, als mache man Rußland Concessionen.
Als Warrens im Sommer v. I. das Journal an sich brachte, wurden ihm alle
Verwarnungen nachgesehen. Allein eine Beleidigung gegen die Kaiserin von Ru߬
land scheint in den höchsten Kreisen Tadel gefunden zu haben und sein Schicksal
schien seitdem beschlossen. Mau fing nun an zu vermerken, daß er nicht undeutlich
an die Revolution appellire. Die Partei, welche ihre Politik erliegen sah, wollte
ihrem Unwillen Lust machen. An Höhergestellte konnte man nicht heran und die
Schläge trafen den, welchen man als den Wortführer der Masse ansah. Unbestreitbar
hat Herr Warrcns in der orientalischen Frage keine unwichtige Rolle gespielt. Er
hat die öffentliche Meinung Oestreichs in ein Fahrwasser gebracht, daß ihr Drang
bis.in höhere Regionen trieb; er hat Oestreich mit der öffentlichen Meinung von
Deutschland befreundet, ja es an deren Spitze gestellt; aber er hat es versehen, daß
ein Ritter von Geist nicht mit Holzhacken dreinschlagen darf.

Ais einen Beweis mehr, daß es der Regierung hier vornämlich daran gelegen
war, eine i>orxmu> in^ruu,, als ein Blatt zu entfernen, mag dienen, daß sie in letzter
Zeit leichte Concessionen zur Herausgabe vou Blättern selbst politischer Natur ertheilt.
Auch Julius Scidlitz hat soeben eine solche erhalten, und mehre Buchhändler stehen
auf dem Sprunge, solche Vergünstigungen zu erlangen. Nichtsdestoweniger ist und
bleibt der Lloyd ein Verlust; er dürfte in letzter Zeit sich zu den ersten deutschen
Blättern rechnen und hatte dem Auslande gegenüber jene Rolle eingenommen, die
— 5 — vor dem Jahre -I8i8 die Allgemeine Zeitung spielte.


Nachtrag der Redaction.

— Wir müssen hinzufügen, daß es uns trotz
aller Einwendungen, die man gegen die Politik des Herrn Warrcns machen mag,
noch jetzt völlig unglaublich -ist, daß die östreichische Regierung im Ernst und definitiv
ein Organ unterdrücken sollte, das zuerst mit Ernst. Wärme und Geschicklichkeit
ihre gegenwärtige Politik dem deutsche» Volk verständlich gemacht hat. — Beiläufig ,
bemerken wir, daß unser Eorrcspv»de»t ein anderer ist, als der Versasser der „Plau¬
dereien". —




Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als veranlwe>n>, Nedacreur lcaitimirn F. W. Gvunow. — Verlag öl>u F. L. Herbig
in Leipzig,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/88>, abgerufen am 26.06.2024.