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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

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Das letzte Dreieck im Rordosten des Hafens ist sozusagen eine chrysopeeatisch-
bosporische Stadt. Es umschließt Pera, Galata, Piri- und Kassia Pascha,
Haskoj und Findikli mit Dolma Bagdsche und- ist dem Flächenraum nach
vielleicht der größte Triangel; zugleich der, in welchem wie gesagt die Zukunft
der Metropole liegt.

Die Stadt innerhalb des Stambuler oder zwischen Hasen und Propontis
gelegenen Dreiecks nimmt dieselben Grenzen ein, wie das Konstantinopel der
römischen und griechischen Kaiser und erstreckt sich über die nämlichen sieben
Hügel hin, von denen sie ihren Zunamen entlehnte. Sie können als eine
Fortsetzung der großen Terrainwellen betrachtet werden, welche vom Fuß des
Strandschcagebirges her sich bis zum Marmorameer hin ausbreiten und der
ganzen Landschaft zwischen Stambul und Edrenel) oder Adrianopel ihren
Charakter geben.

Skutari dagegen ist auf den Vorhöhen erbaut, die sich vom hohen Bul-
gurlu Tepe (Bulgurluberg) herniederziehen. Unter sich verschieden durch Thäler
und Schluchten, in deren Gründen Gewässer fließen, machen sie ein weit krauseres
Terrain als das des eigentlichen Konstantinopels aus, aber welches demjenigen
nicht unähnlich ist, auf welchem sich zwischen dem Hafen (goldnen Horn) und
dem Bosporus die dritte Stadt erhebt.

Pera, Galata, Toppana (Top Hane) und ihre Ausbauten und Neben¬
ortschaften stehen nicht sowol auf dem welligen Hügelland zwischen dem Mar¬
morameer und dem Strandscheagebirge, als vielmehr auf den niedern Aus¬
läufern des letzteren selbst. Diese Ausläufer haben ihren am weitesten nach
Südwest vorgeschobenen Sammelpunkt in einen Berg- oder Hügelstock, welcher
durch Bosporus und Goldhorn auf zwei Seiten und durch das breite und
tiefe Thal von Kiahat Hane auf der dritten umgrenzt wird, eine vierte aber,
die durch zwei Perpendiculärthäler des Bospor und der süßen Gewässer*)
merklich eingeengt wird, als verbindende Fronte der Gebirgskette entgegenwendet.
Eine Diagonallinie, die man sich quer durch dieses Hügelviereck hindurch von
Dolma Bagdsche nach dem Ausgang des Thals von Kiahat Hane gezogen
denken kann, macht die Grenze zwischen der in Rede stehenden Stadt und ihrer
Umgegend aus.

Innerhalb dieses von der Diagonale abgeschiedenen Dreiecks gibt es keinen
hervorstehenderen Punkt als den, auf welchem der Galatathurm steht. Er ist
nicht die Spitze des Triangels selbst, aber die des Plateaus, welches, mannig¬
fach von Thalgründen durchschnitten, dessen Kern ausmacht. Am Fuß des
Thurmes liegt ein Kirchhof. Er ist nur klein ; die aufrechtstehenden, von Tur¬
banen gekrönten Leichensteine verrathen, daß hier Türken ruhen, und diesem



1) ^in und dasselbe mit Kiahat H.me,

Das letzte Dreieck im Rordosten des Hafens ist sozusagen eine chrysopeeatisch-
bosporische Stadt. Es umschließt Pera, Galata, Piri- und Kassia Pascha,
Haskoj und Findikli mit Dolma Bagdsche und- ist dem Flächenraum nach
vielleicht der größte Triangel; zugleich der, in welchem wie gesagt die Zukunft
der Metropole liegt.

Die Stadt innerhalb des Stambuler oder zwischen Hasen und Propontis
gelegenen Dreiecks nimmt dieselben Grenzen ein, wie das Konstantinopel der
römischen und griechischen Kaiser und erstreckt sich über die nämlichen sieben
Hügel hin, von denen sie ihren Zunamen entlehnte. Sie können als eine
Fortsetzung der großen Terrainwellen betrachtet werden, welche vom Fuß des
Strandschcagebirges her sich bis zum Marmorameer hin ausbreiten und der
ganzen Landschaft zwischen Stambul und Edrenel) oder Adrianopel ihren
Charakter geben.

Skutari dagegen ist auf den Vorhöhen erbaut, die sich vom hohen Bul-
gurlu Tepe (Bulgurluberg) herniederziehen. Unter sich verschieden durch Thäler
und Schluchten, in deren Gründen Gewässer fließen, machen sie ein weit krauseres
Terrain als das des eigentlichen Konstantinopels aus, aber welches demjenigen
nicht unähnlich ist, auf welchem sich zwischen dem Hafen (goldnen Horn) und
dem Bosporus die dritte Stadt erhebt.

Pera, Galata, Toppana (Top Hane) und ihre Ausbauten und Neben¬
ortschaften stehen nicht sowol auf dem welligen Hügelland zwischen dem Mar¬
morameer und dem Strandscheagebirge, als vielmehr auf den niedern Aus¬
läufern des letzteren selbst. Diese Ausläufer haben ihren am weitesten nach
Südwest vorgeschobenen Sammelpunkt in einen Berg- oder Hügelstock, welcher
durch Bosporus und Goldhorn auf zwei Seiten und durch das breite und
tiefe Thal von Kiahat Hane auf der dritten umgrenzt wird, eine vierte aber,
die durch zwei Perpendiculärthäler des Bospor und der süßen Gewässer*)
merklich eingeengt wird, als verbindende Fronte der Gebirgskette entgegenwendet.
Eine Diagonallinie, die man sich quer durch dieses Hügelviereck hindurch von
Dolma Bagdsche nach dem Ausgang des Thals von Kiahat Hane gezogen
denken kann, macht die Grenze zwischen der in Rede stehenden Stadt und ihrer
Umgegend aus.

Innerhalb dieses von der Diagonale abgeschiedenen Dreiecks gibt es keinen
hervorstehenderen Punkt als den, auf welchem der Galatathurm steht. Er ist
nicht die Spitze des Triangels selbst, aber die des Plateaus, welches, mannig¬
fach von Thalgründen durchschnitten, dessen Kern ausmacht. Am Fuß des
Thurmes liegt ein Kirchhof. Er ist nur klein ; die aufrechtstehenden, von Tur¬
banen gekrönten Leichensteine verrathen, daß hier Türken ruhen, und diesem



1) ^in und dasselbe mit Kiahat H.me,
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[0135] Das letzte Dreieck im Rordosten des Hafens ist sozusagen eine chrysopeeatisch- bosporische Stadt. Es umschließt Pera, Galata, Piri- und Kassia Pascha, Haskoj und Findikli mit Dolma Bagdsche und- ist dem Flächenraum nach vielleicht der größte Triangel; zugleich der, in welchem wie gesagt die Zukunft der Metropole liegt. Die Stadt innerhalb des Stambuler oder zwischen Hasen und Propontis gelegenen Dreiecks nimmt dieselben Grenzen ein, wie das Konstantinopel der römischen und griechischen Kaiser und erstreckt sich über die nämlichen sieben Hügel hin, von denen sie ihren Zunamen entlehnte. Sie können als eine Fortsetzung der großen Terrainwellen betrachtet werden, welche vom Fuß des Strandschcagebirges her sich bis zum Marmorameer hin ausbreiten und der ganzen Landschaft zwischen Stambul und Edrenel) oder Adrianopel ihren Charakter geben. Skutari dagegen ist auf den Vorhöhen erbaut, die sich vom hohen Bul- gurlu Tepe (Bulgurluberg) herniederziehen. Unter sich verschieden durch Thäler und Schluchten, in deren Gründen Gewässer fließen, machen sie ein weit krauseres Terrain als das des eigentlichen Konstantinopels aus, aber welches demjenigen nicht unähnlich ist, auf welchem sich zwischen dem Hafen (goldnen Horn) und dem Bosporus die dritte Stadt erhebt. Pera, Galata, Toppana (Top Hane) und ihre Ausbauten und Neben¬ ortschaften stehen nicht sowol auf dem welligen Hügelland zwischen dem Mar¬ morameer und dem Strandscheagebirge, als vielmehr auf den niedern Aus¬ läufern des letzteren selbst. Diese Ausläufer haben ihren am weitesten nach Südwest vorgeschobenen Sammelpunkt in einen Berg- oder Hügelstock, welcher durch Bosporus und Goldhorn auf zwei Seiten und durch das breite und tiefe Thal von Kiahat Hane auf der dritten umgrenzt wird, eine vierte aber, die durch zwei Perpendiculärthäler des Bospor und der süßen Gewässer*) merklich eingeengt wird, als verbindende Fronte der Gebirgskette entgegenwendet. Eine Diagonallinie, die man sich quer durch dieses Hügelviereck hindurch von Dolma Bagdsche nach dem Ausgang des Thals von Kiahat Hane gezogen denken kann, macht die Grenze zwischen der in Rede stehenden Stadt und ihrer Umgegend aus. Innerhalb dieses von der Diagonale abgeschiedenen Dreiecks gibt es keinen hervorstehenderen Punkt als den, auf welchem der Galatathurm steht. Er ist nicht die Spitze des Triangels selbst, aber die des Plateaus, welches, mannig¬ fach von Thalgründen durchschnitten, dessen Kern ausmacht. Am Fuß des Thurmes liegt ein Kirchhof. Er ist nur klein ; die aufrechtstehenden, von Tur¬ banen gekrönten Leichensteine verrathen, daß hier Türken ruhen, und diesem 1) ^in und dasselbe mit Kiahat H.me,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/135>, abgerufen am 28.09.2024.