Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.sie diese zur Geltung brachten, wuchs ihr eignes Ansehn; sie mußten also Wie wirkungsvoll sich das Zusammentreffen dieser Umstände zeigen mußte, Mit Theilnahme durchmustern wir jetzt das historische Gemälde, welches sie diese zur Geltung brachten, wuchs ihr eignes Ansehn; sie mußten also Wie wirkungsvoll sich das Zusammentreffen dieser Umstände zeigen mußte, Mit Theilnahme durchmustern wir jetzt das historische Gemälde, welches <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0415" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100869"/> <p xml:id="ID_1236" prev="#ID_1235"> sie diese zur Geltung brachten, wuchs ihr eignes Ansehn; sie mußten also<lb/> auf Seiten der nationalen Partei stehen, wenn sie nicht „grade das daran ge¬<lb/> ben wollten, wodurch sie mehr waren, als was sie ihrem Territorialbesitz nach<lb/> bedeuteten."</p><lb/> <p xml:id="ID_1237"> Wie wirkungsvoll sich das Zusammentreffen dieser Umstände zeigen mußte,<lb/> liegt aus der Hand. Nun wird vollkommen klar, weshalb die Burggrafen<lb/> überall auf der Seite waren, auf welcher die Idee des Reichs vertreten wurde,<lb/> und weshalb — wie man nur zu bald sagen mußte — das Reich da war,<lb/> wo die Burggrafen waren. Nirgend hat Droysen seinen Begriff von dem<lb/> Wesen der Geschichte, daß ihre Aufgabe sei, forschend verstehen zu lernen, so<lb/> schön in Anwendung gebracht, wie in der gründlichen Durchführung des Be¬<lb/> weises für diese bedeutende Thatsache.</p><lb/> <p xml:id="ID_1238" next="#ID_1239"> Mit Theilnahme durchmustern wir jetzt das historische Gemälde, welches<lb/> Droysen vor uns entrollt; er führt uns die einzelnen Burggrafen in ihren<lb/> Beziehungen auf das Reich vor Augen, tüchtige, vernünftige und treue Männer<lb/> in einer durch Selbstsucht, Thorheit und sittlichen Verfall tief zerrütteten Zeit,<lb/> überall das sinkende Reichsbanner mit entschlossener Hand aufrecht erhaltend.<lb/> Schwer war es oft, namentlich in der letzten Zeit Friedrichs it., als es schon<lb/> für eine Chimäre gehalten werden konnte, das europäische Uebergewicht des<lb/> deutschen Kaiserthums behaupten zu wollen, — schwer war es in dieser Zeit<lb/> oft, zu erkennen, wo das Neichsinteresse lag; aber auch in diesen verworrenen<lb/> Tagen finden wir den Burggrafen fast überall, wo die nationale Partei sich<lb/> regte: als man dem Könige von Böhmen, dem Sohn einer Staufin,<lb/> vergebens die Krone antrug; dann unter den Anhängern des unglücklichen<lb/> Konradin; endlich — nach der traurigen kaiserlosen Zeit—überaus thätig für<lb/> die Wahl Rudolphs, des Habsburgers, dessen Geschlecht ebenfalls durch die<lb/> Staufen groß geworden war. Seitdem erscheint Burggraf Friedrich III. in allen<lb/> wichtigen Unternehmungen Rudolphs, den diplomatischen wie den militärischen,<lb/> als Theilnehmer und Leiter; wir wissen nicht, weshalb Droysen es unterlassen<lb/> hat, speciell anzuführen, daß er auch, bald nach der Wahl Rudolphs, die Ver¬<lb/> handlungen mit dem Papst über die Anerkennung Rudolphs geführt und bei<lb/> dieser Gelegenheit den heiligen Vater bestimmt hat, Schritte zu thun, um<lb/> Ottokar von Böhmen zur Aussöhnung mit Habsburg zu bewegen. Es würde<lb/> uns zu weit führen, dem Verfasser in der Darstellung dieser und der spätern<lb/> Regierungen zu solgen. Er entwirft ein ergreifendes Gemälde der nächstfol¬<lb/> genden Zeiten, der wachsenden Auflösung des treuen und bald aussichtslosen<lb/> Ringens der Reichspartei für die Durchführung der einzelnen Reformversuche,<lb/> zu denen die Noth der Zeit unaufhörlich drängte und die doch in dem wider¬<lb/> strebenden Geist der Mächtigen nie Boden gewinnen konnten, — bis zu jenem<lb/> die neue Zeit einleitenden Wendepunkte, wo Kaiser Sigismund und sein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0415]
sie diese zur Geltung brachten, wuchs ihr eignes Ansehn; sie mußten also
auf Seiten der nationalen Partei stehen, wenn sie nicht „grade das daran ge¬
ben wollten, wodurch sie mehr waren, als was sie ihrem Territorialbesitz nach
bedeuteten."
Wie wirkungsvoll sich das Zusammentreffen dieser Umstände zeigen mußte,
liegt aus der Hand. Nun wird vollkommen klar, weshalb die Burggrafen
überall auf der Seite waren, auf welcher die Idee des Reichs vertreten wurde,
und weshalb — wie man nur zu bald sagen mußte — das Reich da war,
wo die Burggrafen waren. Nirgend hat Droysen seinen Begriff von dem
Wesen der Geschichte, daß ihre Aufgabe sei, forschend verstehen zu lernen, so
schön in Anwendung gebracht, wie in der gründlichen Durchführung des Be¬
weises für diese bedeutende Thatsache.
Mit Theilnahme durchmustern wir jetzt das historische Gemälde, welches
Droysen vor uns entrollt; er führt uns die einzelnen Burggrafen in ihren
Beziehungen auf das Reich vor Augen, tüchtige, vernünftige und treue Männer
in einer durch Selbstsucht, Thorheit und sittlichen Verfall tief zerrütteten Zeit,
überall das sinkende Reichsbanner mit entschlossener Hand aufrecht erhaltend.
Schwer war es oft, namentlich in der letzten Zeit Friedrichs it., als es schon
für eine Chimäre gehalten werden konnte, das europäische Uebergewicht des
deutschen Kaiserthums behaupten zu wollen, — schwer war es in dieser Zeit
oft, zu erkennen, wo das Neichsinteresse lag; aber auch in diesen verworrenen
Tagen finden wir den Burggrafen fast überall, wo die nationale Partei sich
regte: als man dem Könige von Böhmen, dem Sohn einer Staufin,
vergebens die Krone antrug; dann unter den Anhängern des unglücklichen
Konradin; endlich — nach der traurigen kaiserlosen Zeit—überaus thätig für
die Wahl Rudolphs, des Habsburgers, dessen Geschlecht ebenfalls durch die
Staufen groß geworden war. Seitdem erscheint Burggraf Friedrich III. in allen
wichtigen Unternehmungen Rudolphs, den diplomatischen wie den militärischen,
als Theilnehmer und Leiter; wir wissen nicht, weshalb Droysen es unterlassen
hat, speciell anzuführen, daß er auch, bald nach der Wahl Rudolphs, die Ver¬
handlungen mit dem Papst über die Anerkennung Rudolphs geführt und bei
dieser Gelegenheit den heiligen Vater bestimmt hat, Schritte zu thun, um
Ottokar von Böhmen zur Aussöhnung mit Habsburg zu bewegen. Es würde
uns zu weit führen, dem Verfasser in der Darstellung dieser und der spätern
Regierungen zu solgen. Er entwirft ein ergreifendes Gemälde der nächstfol¬
genden Zeiten, der wachsenden Auflösung des treuen und bald aussichtslosen
Ringens der Reichspartei für die Durchführung der einzelnen Reformversuche,
zu denen die Noth der Zeit unaufhörlich drängte und die doch in dem wider¬
strebenden Geist der Mächtigen nie Boden gewinnen konnten, — bis zu jenem
die neue Zeit einleitenden Wendepunkte, wo Kaiser Sigismund und sein
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