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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.

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dem seien besondere Unterstaatssecretäre erforderlich. Auch müßten die Secre-
täre nicht aufs Gerathewohl angenommen, sondern sorgfältig ausgewählt und
auch besser besoldet werden; bei ihrer Beförderung müsse nicht allein die An¬
ciennetät, sondern auch das Verdienst maßgebend sein. 4 846 beschloß Lord
John Rüssel, als erster Lord des Schatzamtes, daß eine, bestimmte Anzahl der un¬
tersten Verwaltungsstellen mit den besten Zöglingen derjenigen Schulen besetzt
würden, welche unter Aufsicht der Regierung stehen. 186 8 beauftragte er in
EinVerständniß mit dem Schatzkanzler drei höhere Beamte des Schatzamtes, die
Organisation aller Branchen dieses Dienstes zu untersuchen. Zwei dieser
Commissäre sollten,'von den betreffenden Beamten unterstützt, die Untersuchung
auf zehn andere Departements ausdehnen. Diese Arbeit wurde unter dem
Ministerium Derby fortgesetzt, noch eifriger wurde sie unter dem folgenden
Ministerium betrieben; der Schatzkanzler Gladstone fügte den Untersuchungs-
commissaren Sir Stafforv Northcote zu. Das Resultat der Untersuchung
wurde 18SK in zwei Bänden gedruckt. Der Bericht der Commissäre stellt fest,
daß der Civildienst nicht der Art organisirt ist, daß die fähigsten Personen zu
demselben verwendet werden. Die Aemter werden von denen gesucht, welche
wenig Strebsamkeit und Eifer haben; denn die Arbeit ist leicht und das Fort¬
kommen gesichert. Die Anfänger Junior olerks) werden nach Willkür der
Patronage gewählt. Ihre ganze Berufsbildung besteht in der Bureauroutine
und die nach der Anciennetät erfolgende Beförderung befreit sie von jeder An¬
strengung. Da die einzelnen Zweige des Dienstes vollständig voneinander
getrennt sind, kann niemand eine allgemeine und systematische Kenntniß der
Verwaltung sich erwerben. Auch werden die höchsten Aemter Personen ge¬
geben, welche der Verwaltung ganz fremd sind. Es sei daher eine Parlaments¬
acte nothwendig, welche diesem Zustande ein Ende mache. Es müsse nicht nach
der Anciennetät, sondern nach dem Verdienst befördert, die verschiedenen Bureaur
miteinander in Verbindung gebracht, es müsse eine Eraminativnsbehörde er¬
richtet werden, welche die Candidaten in der Geschichte, Rechtswissenschaft,
Nationalökonomie,- in den neueren Sprachen prüfe und eine Liste derjenigen
aufstelle, welche die Prüfung bestanden haben, damit dieselben zu den erledigten
Stellen allmälig ernannt werden.

Der Bericht der Untersuchungscommission war vom 13. November -1833-
Am 31. Januar l8Si kündigte die Königin in ihrer Thronrede an das Parla¬
ment an, daß man auf ihren Befehl einen Plan entwerfe, um die Anstellungen
in den Civilämtern zu regeln. Der Schatzkanzler Gladstone schickte sich an,
diesen Plan in der laufenden Session dem Parlament vorzulegen.

Unter diesen Umständen traten die Ereignisse in der Krim ein und die
administrative Reform wurde die Hauptfrage des Tages. Heer Grey veröffent¬
lichte eine Flugschrift: "Die einzige nothwendige Sache. ('I^s vns 'rninx use-et-


dem seien besondere Unterstaatssecretäre erforderlich. Auch müßten die Secre-
täre nicht aufs Gerathewohl angenommen, sondern sorgfältig ausgewählt und
auch besser besoldet werden; bei ihrer Beförderung müsse nicht allein die An¬
ciennetät, sondern auch das Verdienst maßgebend sein. 4 846 beschloß Lord
John Rüssel, als erster Lord des Schatzamtes, daß eine, bestimmte Anzahl der un¬
tersten Verwaltungsstellen mit den besten Zöglingen derjenigen Schulen besetzt
würden, welche unter Aufsicht der Regierung stehen. 186 8 beauftragte er in
EinVerständniß mit dem Schatzkanzler drei höhere Beamte des Schatzamtes, die
Organisation aller Branchen dieses Dienstes zu untersuchen. Zwei dieser
Commissäre sollten,'von den betreffenden Beamten unterstützt, die Untersuchung
auf zehn andere Departements ausdehnen. Diese Arbeit wurde unter dem
Ministerium Derby fortgesetzt, noch eifriger wurde sie unter dem folgenden
Ministerium betrieben; der Schatzkanzler Gladstone fügte den Untersuchungs-
commissaren Sir Stafforv Northcote zu. Das Resultat der Untersuchung
wurde 18SK in zwei Bänden gedruckt. Der Bericht der Commissäre stellt fest,
daß der Civildienst nicht der Art organisirt ist, daß die fähigsten Personen zu
demselben verwendet werden. Die Aemter werden von denen gesucht, welche
wenig Strebsamkeit und Eifer haben; denn die Arbeit ist leicht und das Fort¬
kommen gesichert. Die Anfänger Junior olerks) werden nach Willkür der
Patronage gewählt. Ihre ganze Berufsbildung besteht in der Bureauroutine
und die nach der Anciennetät erfolgende Beförderung befreit sie von jeder An¬
strengung. Da die einzelnen Zweige des Dienstes vollständig voneinander
getrennt sind, kann niemand eine allgemeine und systematische Kenntniß der
Verwaltung sich erwerben. Auch werden die höchsten Aemter Personen ge¬
geben, welche der Verwaltung ganz fremd sind. Es sei daher eine Parlaments¬
acte nothwendig, welche diesem Zustande ein Ende mache. Es müsse nicht nach
der Anciennetät, sondern nach dem Verdienst befördert, die verschiedenen Bureaur
miteinander in Verbindung gebracht, es müsse eine Eraminativnsbehörde er¬
richtet werden, welche die Candidaten in der Geschichte, Rechtswissenschaft,
Nationalökonomie,- in den neueren Sprachen prüfe und eine Liste derjenigen
aufstelle, welche die Prüfung bestanden haben, damit dieselben zu den erledigten
Stellen allmälig ernannt werden.

Der Bericht der Untersuchungscommission war vom 13. November -1833-
Am 31. Januar l8Si kündigte die Königin in ihrer Thronrede an das Parla¬
ment an, daß man auf ihren Befehl einen Plan entwerfe, um die Anstellungen
in den Civilämtern zu regeln. Der Schatzkanzler Gladstone schickte sich an,
diesen Plan in der laufenden Session dem Parlament vorzulegen.

Unter diesen Umständen traten die Ereignisse in der Krim ein und die
administrative Reform wurde die Hauptfrage des Tages. Heer Grey veröffent¬
lichte eine Flugschrift: „Die einzige nothwendige Sache. ('I^s vns 'rninx use-et-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/260>, abgerufen am 15.01.2025.