Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.nicht lesen und auswendig weiß ich nur das Paternoster, das dauert nicht lange. 11*
nicht lesen und auswendig weiß ich nur das Paternoster, das dauert nicht lange. 11*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0091" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97871"/> <p xml:id="ID_251" prev="#ID_250" next="#ID_252"> nicht lesen und auswendig weiß ich nur das Paternoster, das dauert nicht lange.<lb/> D, So benutzt diese kostbare halbe Stunde, um Gott alle Bitten vorzutragen,<lb/> die Euch am Herze» liegeu. I. Aber man könnte doch in zwanzig Minuten mit<lb/> der Messe fertig werden! Die Priester macheu es manchmal so lange. D. Also<lb/> mit der Uhr in der Hand wohnt Ihr der heiligen Messe bei? I. Ich will Euch<lb/> sagen, wie ich es zu halten pflege. Ich rechne ans ein halbes Stündchen un¬<lb/> gefähr. So lange bleibe ich, dauert es länger, so gehe ich davon. D. Ihr<lb/> kümmert Euch nicht sehr um das Heil Eurer Seele. Wißt Ihr, daß die Messe das<lb/> Opfer bedeutet, das Christus am Kreuze vollbrachte? Und Ihr wollt nicht einmal<lb/> in aller Bequemlichkeit zu Ende ausharren? Kniee Ihr denn auch? I. Ich<lb/> habe nicht gewußt, daß es nöthig ist. D. Es ist immer besser; jedenfalls bei<lb/> den wichtigsten Augenblicken, der Erhebung der Hostie, der Communion. — Ist<lb/> aber mit der Messe allein mi! Heiligung des Sonntags genug gethan? I. Die<lb/> Kirche befiehlt ja nur dieses. D. Würdet Ihr wol glauben, Euch eiuen Tag im<lb/> Carneval gut unterhalten zu haben, wenn Ihr nur eine halbe Stunde dabei ge¬<lb/> wesen wäret? I. Das wäre eine magere Unterhaltung! Aber das steht ja auf<lb/> einem ganz andern Blatt (ciukKt's un' altro corio). Die Messe ist etwas Be¬<lb/> fohlenes, und. der Carneval ist ein Vergnügen. Ihr macht eben das Gesetz nach<lb/> Eurem Belieben. Gott hat weiter nichts befohlen, als deu Tag heilig zu halten,<lb/> und die Kirche hat erst die Vorschrift gemacht, die Messe zu hören. D. Das<lb/> hat sie gethan, um eine Vorschrift zu machen, die von allen Menschen ohne Unter-<lb/> - schied befolgt werben kann, , wenn auch ihr Stand, ihre Fähigkeiten, ihre Er¬<lb/> ziehung noch so verschieden sind. Es ist aber daran nicht genng, man muß auch<lb/> eine Predigt hören. I. Das mag ich nicht, alle Predigten sind für mich Sec-<lb/> catnren. D. Es ist aber für das Heil Eurer Seele unerläßlich. In Rom gibt<lb/> es ja Predigten von jeder Art, zu jeder Stunde. Ihr könnt Euch die wählen,<lb/> die für Euch am besten paßt. I. Wißt Ihr, was ich manchmal am Sonntag<lb/> thue? Ich kann selbst nicht lesen, aber gehe zu einem Freunde, wo gute Bücher<lb/> gelesen werden. Dagegen ist doch nichts zu sagen! D. Was für Bücher werden<lb/> das sein? Beispiele von tugendhaften Handlungen, Leben der Heiligen und Mär¬<lb/> tyrer, geistliche Geschichte? Wol schwerlich! Es werden wol Romane, Gedichte<lb/> und dergleichen sein. I. O mein! Es war ein schönes Buch von geistlichem<lb/> Inhalt, gut gebunden, mit einem Titelkupfer, das die Hoffnung vorstellte.<lb/> D. Solchen Büchern ist oft nickt zu brauen. Sie sehen manchmal schön aus,<lb/> und haben den Teufel innerlich. Ich warne Euch davor, es gibt eine Propa¬<lb/> ganda, die sie unter die Leute verbreitet und Unheil damit stiftet. I. Am spa¬<lb/> nischen Platz? D. O nein, viel weiter von hier! Aber dagegen ist freilich nichts<lb/> zu sagen, daß mau mit einem wirklich guten Buch, wie die sind, die ich genannt habe,<lb/> Sonntags eine halbe Stunde oder eine Stunde zubringe. — Wie haltet Ihr es<lb/> denn mit der Communion? I. Man kann sie ja nicht nehmen, ohne^ vorher ge-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 11*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0091]
nicht lesen und auswendig weiß ich nur das Paternoster, das dauert nicht lange.
D, So benutzt diese kostbare halbe Stunde, um Gott alle Bitten vorzutragen,
die Euch am Herze» liegeu. I. Aber man könnte doch in zwanzig Minuten mit
der Messe fertig werden! Die Priester macheu es manchmal so lange. D. Also
mit der Uhr in der Hand wohnt Ihr der heiligen Messe bei? I. Ich will Euch
sagen, wie ich es zu halten pflege. Ich rechne ans ein halbes Stündchen un¬
gefähr. So lange bleibe ich, dauert es länger, so gehe ich davon. D. Ihr
kümmert Euch nicht sehr um das Heil Eurer Seele. Wißt Ihr, daß die Messe das
Opfer bedeutet, das Christus am Kreuze vollbrachte? Und Ihr wollt nicht einmal
in aller Bequemlichkeit zu Ende ausharren? Kniee Ihr denn auch? I. Ich
habe nicht gewußt, daß es nöthig ist. D. Es ist immer besser; jedenfalls bei
den wichtigsten Augenblicken, der Erhebung der Hostie, der Communion. — Ist
aber mit der Messe allein mi! Heiligung des Sonntags genug gethan? I. Die
Kirche befiehlt ja nur dieses. D. Würdet Ihr wol glauben, Euch eiuen Tag im
Carneval gut unterhalten zu haben, wenn Ihr nur eine halbe Stunde dabei ge¬
wesen wäret? I. Das wäre eine magere Unterhaltung! Aber das steht ja auf
einem ganz andern Blatt (ciukKt's un' altro corio). Die Messe ist etwas Be¬
fohlenes, und. der Carneval ist ein Vergnügen. Ihr macht eben das Gesetz nach
Eurem Belieben. Gott hat weiter nichts befohlen, als deu Tag heilig zu halten,
und die Kirche hat erst die Vorschrift gemacht, die Messe zu hören. D. Das
hat sie gethan, um eine Vorschrift zu machen, die von allen Menschen ohne Unter-
- schied befolgt werben kann, , wenn auch ihr Stand, ihre Fähigkeiten, ihre Er¬
ziehung noch so verschieden sind. Es ist aber daran nicht genng, man muß auch
eine Predigt hören. I. Das mag ich nicht, alle Predigten sind für mich Sec-
catnren. D. Es ist aber für das Heil Eurer Seele unerläßlich. In Rom gibt
es ja Predigten von jeder Art, zu jeder Stunde. Ihr könnt Euch die wählen,
die für Euch am besten paßt. I. Wißt Ihr, was ich manchmal am Sonntag
thue? Ich kann selbst nicht lesen, aber gehe zu einem Freunde, wo gute Bücher
gelesen werden. Dagegen ist doch nichts zu sagen! D. Was für Bücher werden
das sein? Beispiele von tugendhaften Handlungen, Leben der Heiligen und Mär¬
tyrer, geistliche Geschichte? Wol schwerlich! Es werden wol Romane, Gedichte
und dergleichen sein. I. O mein! Es war ein schönes Buch von geistlichem
Inhalt, gut gebunden, mit einem Titelkupfer, das die Hoffnung vorstellte.
D. Solchen Büchern ist oft nickt zu brauen. Sie sehen manchmal schön aus,
und haben den Teufel innerlich. Ich warne Euch davor, es gibt eine Propa¬
ganda, die sie unter die Leute verbreitet und Unheil damit stiftet. I. Am spa¬
nischen Platz? D. O nein, viel weiter von hier! Aber dagegen ist freilich nichts
zu sagen, daß mau mit einem wirklich guten Buch, wie die sind, die ich genannt habe,
Sonntags eine halbe Stunde oder eine Stunde zubringe. — Wie haltet Ihr es
denn mit der Communion? I. Man kann sie ja nicht nehmen, ohne^ vorher ge-
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