Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
2) Was verliert sie durch umgermanistrte Englische Lustspiele?
3) Ist Befriedigung der NenheitSgierde oder Ernst auf Darstellung guter
alter Stücke, der Bühne heilsamer?
i) Darf die Bühne Moden mitmachen oder muß sie einem Plane gemäß
handeln und ist sie dann
3) Im Stande, Retterin des gesunkenen Geschmacks zu sein?

° Ich wünsche daß Jhro Excellenz mich würdigen mögten, mir nach Gelegenheit,
und mir allgemein, Ihre Resultate hierüber zu sagen. Sie waren mir von jeher
wichtig, diese Fragen, und lezt sind sie es mehr als je, da Ausdauer und Ruf die
Mannheimer Bühne, mit eigner Würde bezeichnen. Da Schiller ihre Dramaturgie
schreibt, da ihre innere Einrichtung vor so vielen andern sich auszeichnet: so wünsche
ich auch nun doppelt daß sie von den Mängeln der Andern immer mehr gereinigt,
zu einer deutschen Bühne sich ganz bildete.

Ich glaube dem Wunsche Ihrer Excellenz beizutreten, wenn ich sage, daß in
dem vesten Karakter derselben; d. h. in der Wahl, Anerkennung, Verwertung der
Stücke nach einem Plane, der jede Unstttlichkeit der Dichter, jeden wilden Rausch,
jedes gclogene Menschengemälde, jede Unmoralität und saftlose Posse von unserer
Bühne ausschließt -- -- daß hierin allein einiger Ersatz für die Geduld liegt,
womit Sie die Schauspielkunst von Brotarbett getrennt haben. Werfe man den
Franzosen Hartnäckigkeit vor, sei es, aber ihre Geschichte der Bühne, beweist, daß der
Eifer für den Geschmack, auch-den Geschmack erhielt. Die Wiener Bühne, kann
ohne Reform nicht dauern. Schröder, wird seine eigne, in einem Jahre, nach Grund¬
sätzen anfangen.

Die Berliner Bühne, kann so nicht lange mehr stehen. Schröder und Mann¬
heim sind genug, um in einer Art dramatischer Akademie, mit Zuziehung Gollers
und Schnees für deutsche Bühnen-etwas zu thun.

Wir hatten nie so sehr die Krafft planmäßig zu handeln, als lezt. Wir haben,
Götz, Don Carlos, Alzire, Antonius und Cleopatra, Julius Cäsar,
die Mündel, Timon von Athen durch Schiller.

Ich kenne keine Bühne, so reich an Trauerspielen und Dramen. Dazu rechne
ich nicht die neue Besetzung guter alter Stücke, die Lustspiele, welche, wenn auch
nicht gekrönt, dennoch durch die Akademische Prcißaufgabe, guten Preises, von den
Verfaßern in unsere Hände kommen.

Es ist eine gute kunstreiche Zeit für uns, und wir sollten sie nicht ungenüzt
vorübergehen lassen.

Ferner bitte ich Jhro Excellenz, in den nunmehrigen etwanigen Austheilungen
ernsthafter Rollen, Herr Beil nicht zu vergeßen. Unsre Nichtrivalitat beruht bloß
auf den bisherigen billigen Austheilungen, und einigen Resignationen von beiden


ihn nicht von dem Wege ab, auf dem er bis ize wandelt. -- Mich kann wahrlich nur die
Kasse verleiten Werke dieser Art zu geben. -- Bey mehrer Müsse werde ich die Ehre haben
Ew. Ex. mehr über diesen Punkt und was von Seiten der Dichter fürs Deutsche Theater
geschehen muß, zu schreiben.
2) Was verliert sie durch umgermanistrte Englische Lustspiele?
3) Ist Befriedigung der NenheitSgierde oder Ernst auf Darstellung guter
alter Stücke, der Bühne heilsamer?
i) Darf die Bühne Moden mitmachen oder muß sie einem Plane gemäß
handeln und ist sie dann
3) Im Stande, Retterin des gesunkenen Geschmacks zu sein?

° Ich wünsche daß Jhro Excellenz mich würdigen mögten, mir nach Gelegenheit,
und mir allgemein, Ihre Resultate hierüber zu sagen. Sie waren mir von jeher
wichtig, diese Fragen, und lezt sind sie es mehr als je, da Ausdauer und Ruf die
Mannheimer Bühne, mit eigner Würde bezeichnen. Da Schiller ihre Dramaturgie
schreibt, da ihre innere Einrichtung vor so vielen andern sich auszeichnet: so wünsche
ich auch nun doppelt daß sie von den Mängeln der Andern immer mehr gereinigt,
zu einer deutschen Bühne sich ganz bildete.

Ich glaube dem Wunsche Ihrer Excellenz beizutreten, wenn ich sage, daß in
dem vesten Karakter derselben; d. h. in der Wahl, Anerkennung, Verwertung der
Stücke nach einem Plane, der jede Unstttlichkeit der Dichter, jeden wilden Rausch,
jedes gclogene Menschengemälde, jede Unmoralität und saftlose Posse von unserer
Bühne ausschließt — — daß hierin allein einiger Ersatz für die Geduld liegt,
womit Sie die Schauspielkunst von Brotarbett getrennt haben. Werfe man den
Franzosen Hartnäckigkeit vor, sei es, aber ihre Geschichte der Bühne, beweist, daß der
Eifer für den Geschmack, auch-den Geschmack erhielt. Die Wiener Bühne, kann
ohne Reform nicht dauern. Schröder, wird seine eigne, in einem Jahre, nach Grund¬
sätzen anfangen.

Die Berliner Bühne, kann so nicht lange mehr stehen. Schröder und Mann¬
heim sind genug, um in einer Art dramatischer Akademie, mit Zuziehung Gollers
und Schnees für deutsche Bühnen-etwas zu thun.

Wir hatten nie so sehr die Krafft planmäßig zu handeln, als lezt. Wir haben,
Götz, Don Carlos, Alzire, Antonius und Cleopatra, Julius Cäsar,
die Mündel, Timon von Athen durch Schiller.

Ich kenne keine Bühne, so reich an Trauerspielen und Dramen. Dazu rechne
ich nicht die neue Besetzung guter alter Stücke, die Lustspiele, welche, wenn auch
nicht gekrönt, dennoch durch die Akademische Prcißaufgabe, guten Preises, von den
Verfaßern in unsere Hände kommen.

Es ist eine gute kunstreiche Zeit für uns, und wir sollten sie nicht ungenüzt
vorübergehen lassen.

Ferner bitte ich Jhro Excellenz, in den nunmehrigen etwanigen Austheilungen
ernsthafter Rollen, Herr Beil nicht zu vergeßen. Unsre Nichtrivalitat beruht bloß
auf den bisherigen billigen Austheilungen, und einigen Resignationen von beiden


ihn nicht von dem Wege ab, auf dem er bis ize wandelt. — Mich kann wahrlich nur die
Kasse verleiten Werke dieser Art zu geben. — Bey mehrer Müsse werde ich die Ehre haben
Ew. Ex. mehr über diesen Punkt und was von Seiten der Dichter fürs Deutsche Theater
geschehen muß, zu schreiben.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0445" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98225"/>
            <list>
              <item> 2) Was verliert sie durch umgermanistrte Englische Lustspiele?</item>
              <item> 3) Ist Befriedigung der NenheitSgierde oder Ernst auf Darstellung guter<lb/>
alter Stücke, der Bühne heilsamer?</item>
              <item> i) Darf die Bühne Moden mitmachen oder muß sie einem Plane gemäß<lb/>
handeln und ist sie dann</item>
              <item> 3) Im Stande, Retterin des gesunkenen Geschmacks zu sein?</item>
            </list><lb/>
            <p xml:id="ID_1415"> ° Ich wünsche daß Jhro Excellenz mich würdigen mögten, mir nach Gelegenheit,<lb/>
und mir allgemein, Ihre Resultate hierüber zu sagen. Sie waren mir von jeher<lb/>
wichtig, diese Fragen, und lezt sind sie es mehr als je, da Ausdauer und Ruf die<lb/>
Mannheimer Bühne, mit eigner Würde bezeichnen. Da Schiller ihre Dramaturgie<lb/>
schreibt, da ihre innere Einrichtung vor so vielen andern sich auszeichnet: so wünsche<lb/>
ich auch nun doppelt daß sie von den Mängeln der Andern immer mehr gereinigt,<lb/>
zu einer deutschen Bühne sich ganz bildete.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1416"> Ich glaube dem Wunsche Ihrer Excellenz beizutreten, wenn ich sage, daß in<lb/>
dem vesten Karakter derselben; d. h. in der Wahl, Anerkennung, Verwertung der<lb/>
Stücke nach einem Plane, der jede Unstttlichkeit der Dichter, jeden wilden Rausch,<lb/>
jedes gclogene Menschengemälde, jede Unmoralität und saftlose Posse von unserer<lb/>
Bühne ausschließt &#x2014; &#x2014; daß hierin allein einiger Ersatz für die Geduld liegt,<lb/>
womit Sie die Schauspielkunst von Brotarbett getrennt haben. Werfe man den<lb/>
Franzosen Hartnäckigkeit vor, sei es, aber ihre Geschichte der Bühne, beweist, daß der<lb/>
Eifer für den Geschmack, auch-den Geschmack erhielt. Die Wiener Bühne, kann<lb/>
ohne Reform nicht dauern. Schröder, wird seine eigne, in einem Jahre, nach Grund¬<lb/>
sätzen anfangen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1417"> Die Berliner Bühne, kann so nicht lange mehr stehen. Schröder und Mann¬<lb/>
heim sind genug, um in einer Art dramatischer Akademie, mit Zuziehung Gollers<lb/>
und Schnees für deutsche Bühnen-etwas zu thun.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1418"> Wir hatten nie so sehr die Krafft planmäßig zu handeln, als lezt. Wir haben,<lb/>
Götz, Don Carlos, Alzire, Antonius und Cleopatra, Julius Cäsar,<lb/>
die Mündel, Timon von Athen durch Schiller.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1419"> Ich kenne keine Bühne, so reich an Trauerspielen und Dramen. Dazu rechne<lb/>
ich nicht die neue Besetzung guter alter Stücke, die Lustspiele, welche, wenn auch<lb/>
nicht gekrönt, dennoch durch die Akademische Prcißaufgabe, guten Preises, von den<lb/>
Verfaßern in unsere Hände kommen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1420"> Es ist eine gute kunstreiche Zeit für uns, und wir sollten sie nicht ungenüzt<lb/>
vorübergehen lassen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1421" next="#ID_1422"> Ferner bitte ich Jhro Excellenz, in den nunmehrigen etwanigen Austheilungen<lb/>
ernsthafter Rollen, Herr Beil nicht zu vergeßen. Unsre Nichtrivalitat beruht bloß<lb/>
auf den bisherigen billigen Austheilungen, und einigen Resignationen von beiden</p><lb/>
            <note xml:id="FID_23" prev="#FID_22" place="foot"> ihn nicht von dem Wege ab, auf dem er bis ize wandelt. &#x2014; Mich kann wahrlich nur die<lb/>
Kasse verleiten Werke dieser Art zu geben. &#x2014; Bey mehrer Müsse werde ich die Ehre haben<lb/>
Ew. Ex. mehr über diesen Punkt und was von Seiten der Dichter fürs Deutsche Theater<lb/>
geschehen muß, zu schreiben.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0445] 2) Was verliert sie durch umgermanistrte Englische Lustspiele? 3) Ist Befriedigung der NenheitSgierde oder Ernst auf Darstellung guter alter Stücke, der Bühne heilsamer? i) Darf die Bühne Moden mitmachen oder muß sie einem Plane gemäß handeln und ist sie dann 3) Im Stande, Retterin des gesunkenen Geschmacks zu sein? ° Ich wünsche daß Jhro Excellenz mich würdigen mögten, mir nach Gelegenheit, und mir allgemein, Ihre Resultate hierüber zu sagen. Sie waren mir von jeher wichtig, diese Fragen, und lezt sind sie es mehr als je, da Ausdauer und Ruf die Mannheimer Bühne, mit eigner Würde bezeichnen. Da Schiller ihre Dramaturgie schreibt, da ihre innere Einrichtung vor so vielen andern sich auszeichnet: so wünsche ich auch nun doppelt daß sie von den Mängeln der Andern immer mehr gereinigt, zu einer deutschen Bühne sich ganz bildete. Ich glaube dem Wunsche Ihrer Excellenz beizutreten, wenn ich sage, daß in dem vesten Karakter derselben; d. h. in der Wahl, Anerkennung, Verwertung der Stücke nach einem Plane, der jede Unstttlichkeit der Dichter, jeden wilden Rausch, jedes gclogene Menschengemälde, jede Unmoralität und saftlose Posse von unserer Bühne ausschließt — — daß hierin allein einiger Ersatz für die Geduld liegt, womit Sie die Schauspielkunst von Brotarbett getrennt haben. Werfe man den Franzosen Hartnäckigkeit vor, sei es, aber ihre Geschichte der Bühne, beweist, daß der Eifer für den Geschmack, auch-den Geschmack erhielt. Die Wiener Bühne, kann ohne Reform nicht dauern. Schröder, wird seine eigne, in einem Jahre, nach Grund¬ sätzen anfangen. Die Berliner Bühne, kann so nicht lange mehr stehen. Schröder und Mann¬ heim sind genug, um in einer Art dramatischer Akademie, mit Zuziehung Gollers und Schnees für deutsche Bühnen-etwas zu thun. Wir hatten nie so sehr die Krafft planmäßig zu handeln, als lezt. Wir haben, Götz, Don Carlos, Alzire, Antonius und Cleopatra, Julius Cäsar, die Mündel, Timon von Athen durch Schiller. Ich kenne keine Bühne, so reich an Trauerspielen und Dramen. Dazu rechne ich nicht die neue Besetzung guter alter Stücke, die Lustspiele, welche, wenn auch nicht gekrönt, dennoch durch die Akademische Prcißaufgabe, guten Preises, von den Verfaßern in unsere Hände kommen. Es ist eine gute kunstreiche Zeit für uns, und wir sollten sie nicht ungenüzt vorübergehen lassen. Ferner bitte ich Jhro Excellenz, in den nunmehrigen etwanigen Austheilungen ernsthafter Rollen, Herr Beil nicht zu vergeßen. Unsre Nichtrivalitat beruht bloß auf den bisherigen billigen Austheilungen, und einigen Resignationen von beiden ihn nicht von dem Wege ab, auf dem er bis ize wandelt. — Mich kann wahrlich nur die Kasse verleiten Werke dieser Art zu geben. — Bey mehrer Müsse werde ich die Ehre haben Ew. Ex. mehr über diesen Punkt und was von Seiten der Dichter fürs Deutsche Theater geschehen muß, zu schreiben.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/444
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/444>, abgerufen am 01.07.2024.