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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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tige Weise dem Pul'unum vorgeführt wird. Die eigentliche Virtuosität, d. h. die
einseitige Leistung, die nur sür sich gelten will, wirkt verderblich auf den Geschmack
des Publicums, verwirrend auf die einheimischen Künstler. Wir erinnern an den
Versuch, den man vor einigen Jahren machte, Frau von Marra zu einer längern
Reihe von Gastspielen für unsre-Bühne zu gewinnen; ein Versuch, gegen den wir
uns damals mit Rücksichtslosigkeit aussprachen. Diese Dame war eine Virtuosin, die
in ihrem Fache vorzügliches leistete, deren Fach aber leider von der Art ist', daß
wenn es bei einem Theater längere Zeit um sich greift, alle Geschmacksbildung,ver¬
loren geht. Wir hörten in dieser Zeit nichts als Meyerbeer,. Vellini und Doni-
zetti, und zwar in einer Art, die alles übrige mit Ausnahme der Virtuosität der
Sängerin- als gleichgiltig erscheinen ließ, die also unsre eigne Oper an Liederlichkeit,
das Publicum an die Freude am gedankenlosen Klingklang gewöhnte. Derartige
Gastspiele siud nach unsrer Ueberzeugung schlechthin auszuschließen, und wenn anch
die Theaterkasse bei der augenblicklichen Aufregung ihre Rechnung finden mag, so
wird sie doch bei der unmittelbar darauf eintretenden Erschlaffung merken, wie
falsch sie speculirt hat. Nur durch Solidität der Leistungen und durch einen' un¬
ausgesetzte", nach einer Richtung hingebenden Eifer kann das Theater auf die
Dauer etwas erreichen. Für' das' eigentliche Schauspiel haben wir in Beziehung
auf Leipzig, um es ehrlich zu gestehen, diese Hoffnung längst aufgegeben. Wir ha¬
ben uns daher auch schou längere Zeit gar nicht darum gekümmert. Für die Oper
dagegen kann noch etwas gethan werden; denn sie hat einen tüchtigen Dirigenten,
die besten Voraussetzungen zu einem guten Orchester, nud uuter den Säugern und
Sängerinnen wenigstens einige gute Kräfte, die leicht vervollständigt werden konnten.
Ans die Einzelheiten lassen wir uns dabei natürlich nicht ein, da diese sich durch
den Augenschein ergeben. Allein die Hauptsache ist hier die Erzielung eines guten
Repertoirs und was, damit zusammenhängt, die Bildung eines guten Chors, der
jetzt sehr im Argen liegt. Wenn dafür von Seiten des Theaters etwas geschieht,
wird ihm gewiß eine günstige Stimmung vom Publicum entgegenkommen und wir
werden wenigstens eine Kunstleistung gewinnen, die der Stellung und Bedeutung
Leipzigs entspricht.


Reiseliteratur.

-- Eine Weltumseglung mit der schwedischen Kriegs¬
fregatte Eugenie (18S1--S3), von Andersson. Deutsch von Kannegießer.
Leipzig, Expedition der Hausbibliothek. (Lvrck.) -- Die Hausbibliothek eröffnet mit
diesem Werke eine neue Reihe ihrer vielgelesenen Sammlung, nämlich eine "Bibliothek
sür Länder- und Völkerkunde". Die Wahl ist sehr glücklich, denn der Verfasser
hat durch seine Stellung auf einem Kriegsschiffe bessere Gelegenheit gehabt, bei dem
kurzen und flüchtigen Aufenthalte in den verschiedenen Ländern > viel und eindringlich
zu beobachten, als es sonst gewöhnlich der Fall ist, und er hat ein gutes plastisches
Talent, uns das Beobachtete anschaulich mitzutheilen. Die Reise erstreckt sich auf
die Küste von Südamerika, von Rio bis herunter durch die Maghellansstraßc, dann
wieder herauf bis San Francisco, dann über Neuholland, China, die oceanischen
'Inseln, das Cap der guten Hoffnung u. s. w. zurück, also eine reiche Ausbeute
mannigfaltiger Anschauungen, bei denen uns zunächst am meisten aufgefallen ist,
wie die nivellirende Moderne Cultur jetzt selbst unter die Wilden eindringt. Was


tige Weise dem Pul'unum vorgeführt wird. Die eigentliche Virtuosität, d. h. die
einseitige Leistung, die nur sür sich gelten will, wirkt verderblich auf den Geschmack
des Publicums, verwirrend auf die einheimischen Künstler. Wir erinnern an den
Versuch, den man vor einigen Jahren machte, Frau von Marra zu einer längern
Reihe von Gastspielen für unsre-Bühne zu gewinnen; ein Versuch, gegen den wir
uns damals mit Rücksichtslosigkeit aussprachen. Diese Dame war eine Virtuosin, die
in ihrem Fache vorzügliches leistete, deren Fach aber leider von der Art ist', daß
wenn es bei einem Theater längere Zeit um sich greift, alle Geschmacksbildung,ver¬
loren geht. Wir hörten in dieser Zeit nichts als Meyerbeer,. Vellini und Doni-
zetti, und zwar in einer Art, die alles übrige mit Ausnahme der Virtuosität der
Sängerin- als gleichgiltig erscheinen ließ, die also unsre eigne Oper an Liederlichkeit,
das Publicum an die Freude am gedankenlosen Klingklang gewöhnte. Derartige
Gastspiele siud nach unsrer Ueberzeugung schlechthin auszuschließen, und wenn anch
die Theaterkasse bei der augenblicklichen Aufregung ihre Rechnung finden mag, so
wird sie doch bei der unmittelbar darauf eintretenden Erschlaffung merken, wie
falsch sie speculirt hat. Nur durch Solidität der Leistungen und durch einen' un¬
ausgesetzte», nach einer Richtung hingebenden Eifer kann das Theater auf die
Dauer etwas erreichen. Für' das' eigentliche Schauspiel haben wir in Beziehung
auf Leipzig, um es ehrlich zu gestehen, diese Hoffnung längst aufgegeben. Wir ha¬
ben uns daher auch schou längere Zeit gar nicht darum gekümmert. Für die Oper
dagegen kann noch etwas gethan werden; denn sie hat einen tüchtigen Dirigenten,
die besten Voraussetzungen zu einem guten Orchester, nud uuter den Säugern und
Sängerinnen wenigstens einige gute Kräfte, die leicht vervollständigt werden konnten.
Ans die Einzelheiten lassen wir uns dabei natürlich nicht ein, da diese sich durch
den Augenschein ergeben. Allein die Hauptsache ist hier die Erzielung eines guten
Repertoirs und was, damit zusammenhängt, die Bildung eines guten Chors, der
jetzt sehr im Argen liegt. Wenn dafür von Seiten des Theaters etwas geschieht,
wird ihm gewiß eine günstige Stimmung vom Publicum entgegenkommen und wir
werden wenigstens eine Kunstleistung gewinnen, die der Stellung und Bedeutung
Leipzigs entspricht.


Reiseliteratur.

— Eine Weltumseglung mit der schwedischen Kriegs¬
fregatte Eugenie (18S1—S3), von Andersson. Deutsch von Kannegießer.
Leipzig, Expedition der Hausbibliothek. (Lvrck.) — Die Hausbibliothek eröffnet mit
diesem Werke eine neue Reihe ihrer vielgelesenen Sammlung, nämlich eine „Bibliothek
sür Länder- und Völkerkunde". Die Wahl ist sehr glücklich, denn der Verfasser
hat durch seine Stellung auf einem Kriegsschiffe bessere Gelegenheit gehabt, bei dem
kurzen und flüchtigen Aufenthalte in den verschiedenen Ländern > viel und eindringlich
zu beobachten, als es sonst gewöhnlich der Fall ist, und er hat ein gutes plastisches
Talent, uns das Beobachtete anschaulich mitzutheilen. Die Reise erstreckt sich auf
die Küste von Südamerika, von Rio bis herunter durch die Maghellansstraßc, dann
wieder herauf bis San Francisco, dann über Neuholland, China, die oceanischen
'Inseln, das Cap der guten Hoffnung u. s. w. zurück, also eine reiche Ausbeute
mannigfaltiger Anschauungen, bei denen uns zunächst am meisten aufgefallen ist,
wie die nivellirende Moderne Cultur jetzt selbst unter die Wilden eindringt. Was


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/404>, abgerufen am 22.12.2024.