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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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Wir haben in dieser sorgfältig geschriebenen kleinen Monographie das inter¬
essante Bild einer merkwürdigen und einflußreichen Persönlichkeit, die für
die erste Bildungsgeschichte des preußischen Staats nicht ohne Bedeutung gewesen
ist und die uns zum Theil die Widersprüche versinnlicht', an welche man sich
bei Männern einer werdenden Monarchie gewöhnen muß, wenn man ein ge¬
rechtes Urtheil über sie fällen will. --


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Der Versasser beabsichtigt kein eigentliches Geschichtswerk, sondern ein an¬
ziehendes und belehrendes Lesebuch zunächst für die Jugend bestimmt. Er gibt
daher nur die allgemeinen Umrisse der Gegenstände an, aber er hat ihnen durch
Gesinnung und ansprechende Form ein gewisses Leben zu verleihen gewußt,
wie es sür ein solches Unternehmen zweckmäßig ist, und zeichnet sich außerdem
noch durch eine bescheidene anspruchslose Haltung aus. --




Man begegnet jetzt in den Zeitungen häufig dem Raisonnement, daß die
letzten Personalveränderungen in Preußen, so ausfällig und schmerzlich sie seien,
doch keinen gegründeten Anlaß zu ernsten Besorgnissen darböten. Die preu¬
ßische Regierung habe ihrer Politik, die im Großen und Ganzen mit den Ten¬
denzen der Westmächte und mit den Interessen des eignen Landes im Einklang
stände, durch Stimulationen von völkerrechtlicher Bedeutung feste Bahnen an¬
gewiesen, die nicht mehr verlassen werden könnten; selbst Personen von ent¬
schieden russischer Färbung' würden sich den Verpflichtungen, die der Staat
durch bedeutungsvolle Acte einmal übernommen habe, nicht entziehen können.
Man hat sogar in Erwägung gezogen, inwieweit bei uns Whigmaßregeln
durch Tones durchgeführt werden könnten, und -- wie mir scheint ^- schon
durch diese unglückliche Parallele, selbst wenn man ihre Unzulänglichkeit nach¬
weist, einen bedenklichen Irrthum genährt. Ich lasse es dahingestellt sein, ob die
Verbreiter dieses Raisonnements an seine Stichhaltigkeit selbst glauben oder
ob sie es nur als eine gute Zeitungstaktik betrachten, durch welche dem Mi¬
nisterium die Bedeutung seiner völkerrechtlichen Verpflichtungen mit nachdrück¬
licher Wirkung ans Herz gelegt werden soll; aber ich kann mich nicht enthalten,
das Raisonnement in sich als falsch und in taktischer Beziehung als gefährlich
zu bezeichnen.'


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Wir haben in dieser sorgfältig geschriebenen kleinen Monographie das inter¬
essante Bild einer merkwürdigen und einflußreichen Persönlichkeit, die für
die erste Bildungsgeschichte des preußischen Staats nicht ohne Bedeutung gewesen
ist und die uns zum Theil die Widersprüche versinnlicht', an welche man sich
bei Männern einer werdenden Monarchie gewöhnen muß, wenn man ein ge¬
rechtes Urtheil über sie fällen will. —


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Der Versasser beabsichtigt kein eigentliches Geschichtswerk, sondern ein an¬
ziehendes und belehrendes Lesebuch zunächst für die Jugend bestimmt. Er gibt
daher nur die allgemeinen Umrisse der Gegenstände an, aber er hat ihnen durch
Gesinnung und ansprechende Form ein gewisses Leben zu verleihen gewußt,
wie es sür ein solches Unternehmen zweckmäßig ist, und zeichnet sich außerdem
noch durch eine bescheidene anspruchslose Haltung aus. —




Man begegnet jetzt in den Zeitungen häufig dem Raisonnement, daß die
letzten Personalveränderungen in Preußen, so ausfällig und schmerzlich sie seien,
doch keinen gegründeten Anlaß zu ernsten Besorgnissen darböten. Die preu¬
ßische Regierung habe ihrer Politik, die im Großen und Ganzen mit den Ten¬
denzen der Westmächte und mit den Interessen des eignen Landes im Einklang
stände, durch Stimulationen von völkerrechtlicher Bedeutung feste Bahnen an¬
gewiesen, die nicht mehr verlassen werden könnten; selbst Personen von ent¬
schieden russischer Färbung' würden sich den Verpflichtungen, die der Staat
durch bedeutungsvolle Acte einmal übernommen habe, nicht entziehen können.
Man hat sogar in Erwägung gezogen, inwieweit bei uns Whigmaßregeln
durch Tones durchgeführt werden könnten, und — wie mir scheint ^- schon
durch diese unglückliche Parallele, selbst wenn man ihre Unzulänglichkeit nach¬
weist, einen bedenklichen Irrthum genährt. Ich lasse es dahingestellt sein, ob die
Verbreiter dieses Raisonnements an seine Stichhaltigkeit selbst glauben oder
ob sie es nur als eine gute Zeitungstaktik betrachten, durch welche dem Mi¬
nisterium die Bedeutung seiner völkerrechtlichen Verpflichtungen mit nachdrück¬
licher Wirkung ans Herz gelegt werden soll; aber ich kann mich nicht enthalten,
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[0395] Wir haben in dieser sorgfältig geschriebenen kleinen Monographie das inter¬ essante Bild einer merkwürdigen und einflußreichen Persönlichkeit, die für die erste Bildungsgeschichte des preußischen Staats nicht ohne Bedeutung gewesen ist und die uns zum Theil die Widersprüche versinnlicht', an welche man sich bei Männern einer werdenden Monarchie gewöhnen muß, wenn man ein ge¬ rechtes Urtheil über sie fällen will. — lioeits «l o l'bistoii'e <I«z !?i'i>n<!s par l, ^. ^ourgson. piemivro Periode: til Fsulö inclöpsml!w>.iz el. is gaulv ron»me. l»frih, llsekette et Komp. — Der Versasser beabsichtigt kein eigentliches Geschichtswerk, sondern ein an¬ ziehendes und belehrendes Lesebuch zunächst für die Jugend bestimmt. Er gibt daher nur die allgemeinen Umrisse der Gegenstände an, aber er hat ihnen durch Gesinnung und ansprechende Form ein gewisses Leben zu verleihen gewußt, wie es sür ein solches Unternehmen zweckmäßig ist, und zeichnet sich außerdem noch durch eine bescheidene anspruchslose Haltung aus. — Man begegnet jetzt in den Zeitungen häufig dem Raisonnement, daß die letzten Personalveränderungen in Preußen, so ausfällig und schmerzlich sie seien, doch keinen gegründeten Anlaß zu ernsten Besorgnissen darböten. Die preu¬ ßische Regierung habe ihrer Politik, die im Großen und Ganzen mit den Ten¬ denzen der Westmächte und mit den Interessen des eignen Landes im Einklang stände, durch Stimulationen von völkerrechtlicher Bedeutung feste Bahnen an¬ gewiesen, die nicht mehr verlassen werden könnten; selbst Personen von ent¬ schieden russischer Färbung' würden sich den Verpflichtungen, die der Staat durch bedeutungsvolle Acte einmal übernommen habe, nicht entziehen können. Man hat sogar in Erwägung gezogen, inwieweit bei uns Whigmaßregeln durch Tones durchgeführt werden könnten, und — wie mir scheint ^- schon durch diese unglückliche Parallele, selbst wenn man ihre Unzulänglichkeit nach¬ weist, einen bedenklichen Irrthum genährt. Ich lasse es dahingestellt sein, ob die Verbreiter dieses Raisonnements an seine Stichhaltigkeit selbst glauben oder ob sie es nur als eine gute Zeitungstaktik betrachten, durch welche dem Mi¬ nisterium die Bedeutung seiner völkerrechtlichen Verpflichtungen mit nachdrück¬ licher Wirkung ans Herz gelegt werden soll; aber ich kann mich nicht enthalten, das Raisonnement in sich als falsch und in taktischer Beziehung als gefährlich zu bezeichnen.' '

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/394>, abgerufen am 23.07.2024.