Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.darauf nicht eingehen können, wenn es seine selbständige Stellung als Großmacht Die preußische Regierung erblickt also in ihrer Theilnahme an den Wiener Wir müssen es dahingestellt sein lassen, ob die Männer, welche den Sturz Der Prinz von Preußen soll von Bonins Entlassung erst nach geschehener HuauSge^eben von Gustav Fveytag und Julian Schmidt" Als verantwortl. Redacteur legitimirt: F. W, Grnnow.--- Verlag von F. L. Herbig in Leivzia. Druck von C. E. Elbert in Leipzig. darauf nicht eingehen können, wenn es seine selbständige Stellung als Großmacht Die preußische Regierung erblickt also in ihrer Theilnahme an den Wiener Wir müssen es dahingestellt sein lassen, ob die Männer, welche den Sturz Der Prinz von Preußen soll von Bonins Entlassung erst nach geschehener HuauSge^eben von Gustav Fveytag und Julian Schmidt» Als verantwortl. Redacteur legitimirt: F. W, Grnnow.-— Verlag von F. L. Herbig in Leivzia. Druck von C. E. Elbert in Leipzig. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0288" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98068"/> <p xml:id="ID_895" prev="#ID_894"> darauf nicht eingehen können, wenn es seine selbständige Stellung als Großmacht<lb/> und die Freiheit seiner Entschließung nicht ausgeben wollte. Außerdem hätte man<lb/> durch eine solche Neutralität den audern Mächten einen Vorwand zu einer feindlichen<lb/> Haltung, wenn sie solche ihren Zwecken sür entsprechend erachtet hätten, suppeditirt.<lb/> Die Sache sei heute durch das Engagement der Westmächte eine<lb/> wesentlich andere wie damals."</p><lb/> <p xml:id="ID_896"> Die preußische Regierung erblickt also in ihrer Theilnahme an den Wiener<lb/> Conferenzen viel weniger eine Gelegenheit, aus Rußland einzuwirken, als eine solche,<lb/> die „Einfluß aus die Westmächte" gestattet. Sie war der Ansicht, daß eine ausge¬<lb/> sprochene Neutralität die Wcstmächtc zu Feindseligkeiten bewegen wurde, entschloß<lb/> sich deshalb zu einer durch ihre fortgesetzte Betheiligung an den Wiener Conferenzen<lb/> verdeckten Neutralität, unterzeichnete sogar die Protokolle, aber nicht, um Nußland<lb/> durch die einer Großmacht zustehenden Mittel zur Bewilligung der in den Proto¬<lb/> kollen formulirten Forderungen zu bestimmen, sondern lediglich, weil ihr durch die<lb/> Unterzeichnung „die Fernhaltung des Krieges von Preußen und Deutschland mög¬<lb/> lich gemacht" schien, d. h. weil sie dadurch den Westmächtcn jeden Vorwand zu<lb/> Feindseligkeiten zu entziehen hoffte. Es kommt gar nicht darauf an. ob sonst noch<lb/> irgend jemand glaubt, daß d i e s e r Weg zu dem von dem Herrn Ministerpräsi¬<lb/> denten verfolgten Ziele fuhren kann: Herr von Manteuffel glaubt es. Die.ganze<lb/> Welt mag sonst der Ansicht sein, daß Preußen durch die Unterzeichnung des Protokolls<lb/> Verpflichtungen übernommen und grade dadurch den Ansprüchen auf eine Erfüllung der¬<lb/> selben einen festen, legalen Grund gegeben hat: der Chef der Regierung ist der gegenthei-<lb/> ligen Meinung, daß er dnrch jenen Act solchen Ansichten die Spitze abgebrochen hat.<lb/> Er befindet sich also in einem diametralen Gegensatz zu Herrn v. Bonin.<lb/> Der Kriegsminister stand ganz allein unter seinen Kollegen, und jetzt hat man es<lb/> für nothwendig erachtet, ihn trotz seines hervorragenden Organisationstalentes, trotz<lb/> seiner unermüdlichen Thätigkeit, zu beseitigen; man hat aus den immensen Vortheil<lb/> verzichtet, die Durchführung seiner Pläne, Entwürfe und Vorarbeiten, die doch in<lb/> jedem. Moment nothwendig werden kann, in den Händen ihres Urhebers zu wissen,<lb/> um nur des größern Gewinnes theilhaftig zu werden, daß in dem Rathe der Krone<lb/> auch die letzte, einsame Stimme für einen Anschluß an die Vertheidiger der „im<lb/> Recht begründeten" Sache zum Schweigen gebracht würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_897"> Wir müssen es dahingestellt sein lassen, ob die Männer, welche den Sturz<lb/> des Kriegsministers bewerkstelligten, die Stunde für gekommen erachten, alle<lb/> Stellen des Ministeriums mit Personen zu besetzen, die ihnen als durchaus<lb/> zuverlässig erscheinen, oder ob sie sich noch mit einer Kapitulation der Zweifel¬<lb/> haften begnügen werden. Es scheint' sast, als ob das Letztere nicht der Fall sein<lb/> wird>. Herr v. Bismark-Schönhausen, der in den ersten Tagen des März seiner<lb/> Partei ausgezeichnete Dienste geleistet hat, ist sofort hicrhergceilt oder hierher-<lb/> geruscn. Wir gehen merkwürdige» Tagen entgegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_898"> Der Prinz von Preußen soll von Bonins Entlassung erst nach geschehener<lb/> That Kunde erhalten haben. Er hat plötzlich Berlin verlassen, um sich nach Ba-<lb/> ,den-Baden zu begeben, und es ist ganz ungewiß, wann er wieder zurückkehren wird.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> HuauSge^eben von Gustav Fveytag und Julian Schmidt»<lb/> Als verantwortl. Redacteur legitimirt: F. W, Grnnow.-— Verlag von F. L. Herbig<lb/> in Leivzia.<lb/> Druck von C. E. Elbert in Leipzig.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0288]
darauf nicht eingehen können, wenn es seine selbständige Stellung als Großmacht
und die Freiheit seiner Entschließung nicht ausgeben wollte. Außerdem hätte man
durch eine solche Neutralität den audern Mächten einen Vorwand zu einer feindlichen
Haltung, wenn sie solche ihren Zwecken sür entsprechend erachtet hätten, suppeditirt.
Die Sache sei heute durch das Engagement der Westmächte eine
wesentlich andere wie damals."
Die preußische Regierung erblickt also in ihrer Theilnahme an den Wiener
Conferenzen viel weniger eine Gelegenheit, aus Rußland einzuwirken, als eine solche,
die „Einfluß aus die Westmächte" gestattet. Sie war der Ansicht, daß eine ausge¬
sprochene Neutralität die Wcstmächtc zu Feindseligkeiten bewegen wurde, entschloß
sich deshalb zu einer durch ihre fortgesetzte Betheiligung an den Wiener Conferenzen
verdeckten Neutralität, unterzeichnete sogar die Protokolle, aber nicht, um Nußland
durch die einer Großmacht zustehenden Mittel zur Bewilligung der in den Proto¬
kollen formulirten Forderungen zu bestimmen, sondern lediglich, weil ihr durch die
Unterzeichnung „die Fernhaltung des Krieges von Preußen und Deutschland mög¬
lich gemacht" schien, d. h. weil sie dadurch den Westmächtcn jeden Vorwand zu
Feindseligkeiten zu entziehen hoffte. Es kommt gar nicht darauf an. ob sonst noch
irgend jemand glaubt, daß d i e s e r Weg zu dem von dem Herrn Ministerpräsi¬
denten verfolgten Ziele fuhren kann: Herr von Manteuffel glaubt es. Die.ganze
Welt mag sonst der Ansicht sein, daß Preußen durch die Unterzeichnung des Protokolls
Verpflichtungen übernommen und grade dadurch den Ansprüchen auf eine Erfüllung der¬
selben einen festen, legalen Grund gegeben hat: der Chef der Regierung ist der gegenthei-
ligen Meinung, daß er dnrch jenen Act solchen Ansichten die Spitze abgebrochen hat.
Er befindet sich also in einem diametralen Gegensatz zu Herrn v. Bonin.
Der Kriegsminister stand ganz allein unter seinen Kollegen, und jetzt hat man es
für nothwendig erachtet, ihn trotz seines hervorragenden Organisationstalentes, trotz
seiner unermüdlichen Thätigkeit, zu beseitigen; man hat aus den immensen Vortheil
verzichtet, die Durchführung seiner Pläne, Entwürfe und Vorarbeiten, die doch in
jedem. Moment nothwendig werden kann, in den Händen ihres Urhebers zu wissen,
um nur des größern Gewinnes theilhaftig zu werden, daß in dem Rathe der Krone
auch die letzte, einsame Stimme für einen Anschluß an die Vertheidiger der „im
Recht begründeten" Sache zum Schweigen gebracht würde.
Wir müssen es dahingestellt sein lassen, ob die Männer, welche den Sturz
des Kriegsministers bewerkstelligten, die Stunde für gekommen erachten, alle
Stellen des Ministeriums mit Personen zu besetzen, die ihnen als durchaus
zuverlässig erscheinen, oder ob sie sich noch mit einer Kapitulation der Zweifel¬
haften begnügen werden. Es scheint' sast, als ob das Letztere nicht der Fall sein
wird>. Herr v. Bismark-Schönhausen, der in den ersten Tagen des März seiner
Partei ausgezeichnete Dienste geleistet hat, ist sofort hicrhergceilt oder hierher-
geruscn. Wir gehen merkwürdige» Tagen entgegen.
Der Prinz von Preußen soll von Bonins Entlassung erst nach geschehener
That Kunde erhalten haben. Er hat plötzlich Berlin verlassen, um sich nach Ba-
,den-Baden zu begeben, und es ist ganz ungewiß, wann er wieder zurückkehren wird.
HuauSge^eben von Gustav Fveytag und Julian Schmidt»
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