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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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Feldzüge mit und setzte dann seine Reise als Tourist fort. Die Berichte! die er
von diesen Neiseeindrücken gibt, haben den Vorzug großer Ausführlichkeit und
anschaulicher Darstellung. Sie haben die Form von Tagebüchern, in denen der
Verfasser alles Mögliche aufzeichnet, was er sieht, hört, liest, denkt und empfindet.
Manches würde also ebenso bequem haben wegbleiben können; indeß bleibt noch
genug Interessantes übrig, namentlich da die Stellung des Verfassers als Inge¬
nieur und Geograph im Generalstabe ihm eine Menge von Quellen zugänglich
machte, die dem gewöhnlichen Reisenden verschlossen sind. Mit seinen Sympathien
sind wir natürlich nicht einverstanden, aber er zeigt uns wenigstens ein lebhaftes
und ansprechendes Gemüth, welches keinen Anstand nimmt, auch dem Gegner bis
zu einer gewissen Grenze Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Uebrigens würde
auch im, gegenwärtigen Augenblick seine Politik mit der herrschenden nicht ganz
übereinstimmen. Er ist leidenschaftlicher Oestreicher und hält das schwarze Meer
und deZ Balkan für die natürlichen Grenzen seines Staats. Das werden ihm
nun zwar die Türken nicht einräumen, aber auch die Russen werden sehr erheb¬
liche Einwendungen dagegen zu machen haben. Wenn Oestreich diese Voraus¬
setzung uoch festhält und die Opfer, die ein derartiger großer Plan nothwendig
voraussetzt zu bringen bereit ist, so wird es auch in der gegenwärtigen Politik
eine Stellung gewinne", die seinen Interessen wie der guten Sache selbst nur
förderlich sein kann. Denn ein Bund mit deu Westmächten kann ihm wenigstens
unter gewissen Eventualitäten verschaffen, was es erstrebt, niemals aber ein
Bund mit Rußland. --


Hessisches Jahrbuch für 18Se. Mit Beiträgen ovo Bernhardt, Borrenbusch,
Grimm, König, Lyneker, Landau, Mittler, L. v. Plönnies, Schmitt,
I. v. Rodenberg u. a. Cassel, Bertram. --

Das Buch gehört nur uneigentlich in diese Reihe, denn es enthält auch
mehre belletristische Beiträge z. B. ein Lustspiel von H. Grimm, lyrische Ge¬
dichte u. tgi. Wir ziehen es aber dennoch hierher, weil der Hauptbestandtheil
historischer Natur ist. Es sind nämlich eine ziemliche Zahl kleiner Monographien
über merkwürdige geschichtliche Perioden, über berühmte Männer, über geogra¬
phische Verhältnisse und Sitten des Hessenlandes, die letztern zum Theil nach
Vvlkssprüchen und Sagen dargestellt, zum großen Theil vortrefflich ausgewählt
und mit Sorgfalt behandelt. Der streng festgehaltene Localcharakter gibt dem
Jahrbuche einen besondern Reiz. --




Feldzüge mit und setzte dann seine Reise als Tourist fort. Die Berichte! die er
von diesen Neiseeindrücken gibt, haben den Vorzug großer Ausführlichkeit und
anschaulicher Darstellung. Sie haben die Form von Tagebüchern, in denen der
Verfasser alles Mögliche aufzeichnet, was er sieht, hört, liest, denkt und empfindet.
Manches würde also ebenso bequem haben wegbleiben können; indeß bleibt noch
genug Interessantes übrig, namentlich da die Stellung des Verfassers als Inge¬
nieur und Geograph im Generalstabe ihm eine Menge von Quellen zugänglich
machte, die dem gewöhnlichen Reisenden verschlossen sind. Mit seinen Sympathien
sind wir natürlich nicht einverstanden, aber er zeigt uns wenigstens ein lebhaftes
und ansprechendes Gemüth, welches keinen Anstand nimmt, auch dem Gegner bis
zu einer gewissen Grenze Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Uebrigens würde
auch im, gegenwärtigen Augenblick seine Politik mit der herrschenden nicht ganz
übereinstimmen. Er ist leidenschaftlicher Oestreicher und hält das schwarze Meer
und deZ Balkan für die natürlichen Grenzen seines Staats. Das werden ihm
nun zwar die Türken nicht einräumen, aber auch die Russen werden sehr erheb¬
liche Einwendungen dagegen zu machen haben. Wenn Oestreich diese Voraus¬
setzung uoch festhält und die Opfer, die ein derartiger großer Plan nothwendig
voraussetzt zu bringen bereit ist, so wird es auch in der gegenwärtigen Politik
eine Stellung gewinne», die seinen Interessen wie der guten Sache selbst nur
förderlich sein kann. Denn ein Bund mit deu Westmächten kann ihm wenigstens
unter gewissen Eventualitäten verschaffen, was es erstrebt, niemals aber ein
Bund mit Rußland. —


Hessisches Jahrbuch für 18Se. Mit Beiträgen ovo Bernhardt, Borrenbusch,
Grimm, König, Lyneker, Landau, Mittler, L. v. Plönnies, Schmitt,
I. v. Rodenberg u. a. Cassel, Bertram. —

Das Buch gehört nur uneigentlich in diese Reihe, denn es enthält auch
mehre belletristische Beiträge z. B. ein Lustspiel von H. Grimm, lyrische Ge¬
dichte u. tgi. Wir ziehen es aber dennoch hierher, weil der Hauptbestandtheil
historischer Natur ist. Es sind nämlich eine ziemliche Zahl kleiner Monographien
über merkwürdige geschichtliche Perioden, über berühmte Männer, über geogra¬
phische Verhältnisse und Sitten des Hessenlandes, die letztern zum Theil nach
Vvlkssprüchen und Sagen dargestellt, zum großen Theil vortrefflich ausgewählt
und mit Sorgfalt behandelt. Der streng festgehaltene Localcharakter gibt dem
Jahrbuche einen besondern Reiz. —




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[0186] Feldzüge mit und setzte dann seine Reise als Tourist fort. Die Berichte! die er von diesen Neiseeindrücken gibt, haben den Vorzug großer Ausführlichkeit und anschaulicher Darstellung. Sie haben die Form von Tagebüchern, in denen der Verfasser alles Mögliche aufzeichnet, was er sieht, hört, liest, denkt und empfindet. Manches würde also ebenso bequem haben wegbleiben können; indeß bleibt noch genug Interessantes übrig, namentlich da die Stellung des Verfassers als Inge¬ nieur und Geograph im Generalstabe ihm eine Menge von Quellen zugänglich machte, die dem gewöhnlichen Reisenden verschlossen sind. Mit seinen Sympathien sind wir natürlich nicht einverstanden, aber er zeigt uns wenigstens ein lebhaftes und ansprechendes Gemüth, welches keinen Anstand nimmt, auch dem Gegner bis zu einer gewissen Grenze Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Uebrigens würde auch im, gegenwärtigen Augenblick seine Politik mit der herrschenden nicht ganz übereinstimmen. Er ist leidenschaftlicher Oestreicher und hält das schwarze Meer und deZ Balkan für die natürlichen Grenzen seines Staats. Das werden ihm nun zwar die Türken nicht einräumen, aber auch die Russen werden sehr erheb¬ liche Einwendungen dagegen zu machen haben. Wenn Oestreich diese Voraus¬ setzung uoch festhält und die Opfer, die ein derartiger großer Plan nothwendig voraussetzt zu bringen bereit ist, so wird es auch in der gegenwärtigen Politik eine Stellung gewinne», die seinen Interessen wie der guten Sache selbst nur förderlich sein kann. Denn ein Bund mit deu Westmächten kann ihm wenigstens unter gewissen Eventualitäten verschaffen, was es erstrebt, niemals aber ein Bund mit Rußland. — Hessisches Jahrbuch für 18Se. Mit Beiträgen ovo Bernhardt, Borrenbusch, Grimm, König, Lyneker, Landau, Mittler, L. v. Plönnies, Schmitt, I. v. Rodenberg u. a. Cassel, Bertram. — Das Buch gehört nur uneigentlich in diese Reihe, denn es enthält auch mehre belletristische Beiträge z. B. ein Lustspiel von H. Grimm, lyrische Ge¬ dichte u. tgi. Wir ziehen es aber dennoch hierher, weil der Hauptbestandtheil historischer Natur ist. Es sind nämlich eine ziemliche Zahl kleiner Monographien über merkwürdige geschichtliche Perioden, über berühmte Männer, über geogra¬ phische Verhältnisse und Sitten des Hessenlandes, die letztern zum Theil nach Vvlkssprüchen und Sagen dargestellt, zum großen Theil vortrefflich ausgewählt und mit Sorgfalt behandelt. Der streng festgehaltene Localcharakter gibt dem Jahrbuche einen besondern Reiz. —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/185>, abgerufen am 23.07.2024.