Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.von den Freiheitskriegen bis zum Jahr 1848. Diesem Mißverhältniß verdanken wir Immer werden wir Deutschen ihm dafür danken, daß er zu wiederholten Malen, In deu englischen Blätter" sowol der Torypartei als der liberalen hat sich i" Grenzboten. I. ->8!ii. 10
von den Freiheitskriegen bis zum Jahr 1848. Diesem Mißverhältniß verdanken wir Immer werden wir Deutschen ihm dafür danken, daß er zu wiederholten Malen, In deu englischen Blätter» sowol der Torypartei als der liberalen hat sich i» Grenzboten. I. ->8!ii. 10
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von den Freiheitskriegen bis zum Jahr 1848. Diesem Mißverhältniß verdanken wir
den größten Theil der originellen Verwirrungen in Kunst, Literatur und Staatsleben,
welche die Nachwelt mit Verwunderung betrachten und verurtheilen wird. Auch
Joseph von Nadowitz ist ein Sohn dieser Zeit und sein Wesen wird nur ver¬
ständlich unter den Voraussetzungen derselben. Aber wenn ihm, dem Lebenden, bereits
mit Haß und Unmäßigkeit grade das zum Vorwurf gemacht worden ist, was ein Lei¬
den der Vlsteu seiner Zeit, ja in gewissem Sinne ein Leiden noch von uns allen ist,
so soll mit um so größerer Anerkennung hervorgehoben werden, daß grade er auch
ein glänzendes Beispiel wurde, wie die Güte der deutschen Natur unzerstörbar ist, und wie
in einem tüchtigen und brave» Manne trotz aller Wunderlichkeiten, welche ihm seine
zufällige Bildung angehängt hat, doch ein gesundes Verständniß des Lebens sich zuletzt
siegreich durchkämpft. Daß er das Bestreben hatte, in jedem Moment zusammenge¬
faßt, groß und fertig zu erscheinen, und daß er eine Freude daran hatte, dadurch zu
imponiren, das wird uns nicht mehr darüber täuschen, daß in ihm die innere Sicher¬
heit und die Größe eines gewiegten Staatsmannes nicht vorhanden war. Aber daß er
nie aufhörte, an sich zu arbeiten, an sich zu bessern, Klarheit zu suchen über sich und
die Kämpfe seiner Zeit, daß er sich vor sich selbst stets als Lernender, als ein Sohn
seines Volkes, ein Theil eines ungeheuren Ganzen erschien, das ist ein wirkliches und
echtes Zeichen seiner Tüchtigkeit. Daß er als Mensch und Staatsmann einen olympischen,
in Sicherheit ruhenden, unergründlichen Geist besaß, das haben wir seinen Verehrern
nie geglaubt. Aber daß er von Herzen brav, als Staatsmann im höchsten Grade'
ehrlich und ein wahrhaft edler Mensch war, das dürfen wir grade jetzt mit Wärme und
inniger Anerkennung ausspreche». Er ging in seinem Leben als Schriftsteller und Poli¬
tiker auf einer Bahn, welche sehr gefährlich wär, und auf deren Seiten ein tiefer Abgrund
gähnte. Nicht sein Witz hat ihn davor bewahrt, zu fallni und nnterzugehn, son¬
dern die Vortrefflichkeit seines Gemüthes, seine deutsche Ehrlichkeit und seine politische
Wahrhaftigkeit.
Immer werden wir Deutschen ihm dafür danken, daß er zu wiederholten Malen,
in schwierigster Zeit, in der wirksamsten Weise, das ausgesprochen hat, woran die Zukunft
unseres Vaterlandes hängt, die richtigen einfachen Sätze über den Beruf Preußens und
die Einheit Preußens und Deutschlands, Sätze, welche fortan für immer die Grund¬
lagen einer gesunden preußischen Politik sein müssen. Immer werden wir ihm dafür danken,
daß er der erste preußische Staatsmann war, welcher für diese große politische Wahrheit,
Haß und Verfolgung und jede Art von bitterem Gefühle aus sich nahm und ihr treu
blieb bis zu seinem Tode. Noch mancher preußische Staatsmann wird denken wie er,
und deshalb verfolgt werden wie er, bis zu dem Tage, wo eine allen verständ¬
liche Wahrheit werden wird, was wir unterdeß in unserm Herzen bewahren als das
Resultat der Sitzungen von Frankfurt und Erfurt, als das politische Testament des Ver¬
storbenen: Deutschland ein Bundesstaat, Preußen sein Führer.
In deu englischen Blätter» sowol der Torypartei als der liberalen hat sich i»
de» letzten Wochen ein wahrer Sturm erhoben gegc» eine präsumiren unparlamentarische
Einwirknng der königlichen Familie auf die Regierung, und die „Hauspolitik der
Koburger" ist ein stehender Schrei der Presse geworden. Dieser Wehruf hat seinen
Wiederhat! fast i» allen deutschen Zeitungen gefunden. Wenn unsere, Vetter» i» E»g-
laub sich, wie ihnen zuweilen geschieht, auf irgend einen Unsinn cntötiren, so brauchen
Grenzboten. I. ->8!ii. 10
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