Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.Es würde daraus ein Krieg entstehen, wie er in der Weltgeschichte noch Eine zweite Eventualität. Der Krieg wird eine Zeitlang in Deutschland Nach der Misston des Fürsten von Hohenzollern nud des Grafen Gröden Unter diesen Umständen kaun die Aufklärung, welche der Minister über die Es würde daraus ein Krieg entstehen, wie er in der Weltgeschichte noch Eine zweite Eventualität. Der Krieg wird eine Zeitlang in Deutschland Nach der Misston des Fürsten von Hohenzollern nud des Grafen Gröden Unter diesen Umständen kaun die Aufklärung, welche der Minister über die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0512" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97758"/> <p xml:id="ID_1469"> Es würde daraus ein Krieg entstehen, wie er in der Weltgeschichte noch<lb/> gar nicht erhört ist, ein Krieg, der lediglich in Deutschland spielte, und seine<lb/> Cultur schneller und dauernder verwüstete, als der dreißigjährige Krieg, ein<lb/> Krieg, in dem alle wilden Elemente, die bisher gefesselt waren, sich wieder lösen<lb/> würden, ein Krieg, in dem wir die Schmach hätten, für eine Sache gemißbraucht<lb/> zu werden, die wir selber verwerfen. Es steht noch mehr auf dem Spiel, als<lb/> selbst die Existenz des preußische» Staats. — Und wenn es nun doch noch<lb/> möglich wäre, daß Oestreich wieder auf die Bahn einlenkte, die es schon betreten<lb/> hat! Wenn es im Verein mit den sämmtlichen civilisirten Staaten Preußen be¬<lb/> kämpfte! Welch ein Ausgang für einen ruhmgekrönten Staat, in dem bisher<lb/> .ganz Europa den geborenen Bvrfechter der deutschen Unabhängigkeit ange¬<lb/> sehen hat!</p><lb/> <p xml:id="ID_1470"> Eine zweite Eventualität. Der Krieg wird eine Zeitlang in Deutschland<lb/> und ans Kosten Deutschlands ohne entscheidenden Ausgang geführt, Nußland und<lb/> Frankreich werdeu müde, sie frage» beieinander vielleicht ohne Vvrwisse» Englands<lb/> an, wie man den unseligen Streit austragen könne. Kann der Ausgang zweifel¬<lb/> haft sein, wenn mau sich an den Tilsiter Frieden erinnert?</p><lb/> <p xml:id="ID_1471"> Nach der Misston des Fürsten von Hohenzollern nud des Grafen Gröden<lb/> und nach den damit zusammenhängenden Schritten steht eine ernste und energische<lb/> Drohung von Seite» Englands und Frankreichs nahe bevor, und es ist voraus-<lb/> zusehen, daß die Krenzzeitungspartei diesen Moment benutzen wird, um die preu¬<lb/> ßische Ehre anzustacheln und den Staat >zu einem verhängnißvollen Entschluß zu<lb/> treiben. ></p><lb/> <p xml:id="ID_1472"> Unter diesen Umständen kaun die Aufklärung, welche der Minister über die<lb/> preußische Politik gibt, uicht befriedige». Er verspricht Neutralität, zeigt aber<lb/> nicht, wie diese möglich ist; er stellt sich vom Rechtsstandpunkte auf Seite der<lb/> Westmächtc, vergißt aber die Eventualität, durch den Drang der Umstände auf<lb/> die unrechte Seite getrieben zu werdeu. Er verspricht Oestreich deu preußischen<lb/> Schutz, vergißt aber zu sagen, gegen welchen Feind. Er drängt den großen,<lb/> ernsten Monate in kleinliche Betrachtungen zusammen. — Eine solche Politik<lb/> bietet keine Sicherheit, sie ist unvereinbar mit Preußens Bedeutung, verhängniß-<lb/> voll für das Wohl des ganzen Volks; wer sich dabei, auch nnr passiv betheiligt,<lb/> nimmt alle Verantwortung der Folgen mit auf sich.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0512]
Es würde daraus ein Krieg entstehen, wie er in der Weltgeschichte noch
gar nicht erhört ist, ein Krieg, der lediglich in Deutschland spielte, und seine
Cultur schneller und dauernder verwüstete, als der dreißigjährige Krieg, ein
Krieg, in dem alle wilden Elemente, die bisher gefesselt waren, sich wieder lösen
würden, ein Krieg, in dem wir die Schmach hätten, für eine Sache gemißbraucht
zu werden, die wir selber verwerfen. Es steht noch mehr auf dem Spiel, als
selbst die Existenz des preußische» Staats. — Und wenn es nun doch noch
möglich wäre, daß Oestreich wieder auf die Bahn einlenkte, die es schon betreten
hat! Wenn es im Verein mit den sämmtlichen civilisirten Staaten Preußen be¬
kämpfte! Welch ein Ausgang für einen ruhmgekrönten Staat, in dem bisher
.ganz Europa den geborenen Bvrfechter der deutschen Unabhängigkeit ange¬
sehen hat!
Eine zweite Eventualität. Der Krieg wird eine Zeitlang in Deutschland
und ans Kosten Deutschlands ohne entscheidenden Ausgang geführt, Nußland und
Frankreich werdeu müde, sie frage» beieinander vielleicht ohne Vvrwisse» Englands
an, wie man den unseligen Streit austragen könne. Kann der Ausgang zweifel¬
haft sein, wenn mau sich an den Tilsiter Frieden erinnert?
Nach der Misston des Fürsten von Hohenzollern nud des Grafen Gröden
und nach den damit zusammenhängenden Schritten steht eine ernste und energische
Drohung von Seite» Englands und Frankreichs nahe bevor, und es ist voraus-
zusehen, daß die Krenzzeitungspartei diesen Moment benutzen wird, um die preu¬
ßische Ehre anzustacheln und den Staat >zu einem verhängnißvollen Entschluß zu
treiben. >
Unter diesen Umständen kaun die Aufklärung, welche der Minister über die
preußische Politik gibt, uicht befriedige». Er verspricht Neutralität, zeigt aber
nicht, wie diese möglich ist; er stellt sich vom Rechtsstandpunkte auf Seite der
Westmächtc, vergißt aber die Eventualität, durch den Drang der Umstände auf
die unrechte Seite getrieben zu werdeu. Er verspricht Oestreich deu preußischen
Schutz, vergißt aber zu sagen, gegen welchen Feind. Er drängt den großen,
ernsten Monate in kleinliche Betrachtungen zusammen. — Eine solche Politik
bietet keine Sicherheit, sie ist unvereinbar mit Preußens Bedeutung, verhängniß-
voll für das Wohl des ganzen Volks; wer sich dabei, auch nnr passiv betheiligt,
nimmt alle Verantwortung der Folgen mit auf sich.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |