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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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ches aber sofort wieder auf die bedenklichste Weise gestört werden mußte, .wenn
die ostindischen Zuschüsse von Millionen nicht einkamen, wie das Jahr 18i8
bewies, wo dieselben nnr 7 bis 8 Millionen betrügen. Dieses Jahr zeigte, wel¬
chen furchtbaren Zusammensturz das bisherige politische Jsolirungs- und Cvlonial-
monopolsystem bei einer europäischen Krise dem Staate und der Nation bereiten
könne, und die Colvnialreformer datirten von dieser Zeit als jeine wichtige
Partei.

Aber die Gefahr ging nach gegebener Warnung vorüber, der Finanzzustand
ward blühender als je, und erst dieser Nothwinter verleiht den Stimmen der
Finanz- und Colvnialreformer wieder neue Kraft, und die Niederlande werden
fortan nur eine Opposition von Bedeutung haben, nämlich die nationalökonomische.
Denn die Finanzen sind die Seele Hollands.

Sehen wir uns, um dieses zu verdeutliche", die gegenwärtige Finanzlage
der Niederlande näher an!

Bei einer Bevölkerung von noch nicht 3 Millionen, von denen noch ein star¬
kes Fünftel von der Wohlthätigkeit der vier andern lebt, haben die Niederlande
ein Budget von 70 Millionen Florins; ungefähr ebenso viel beträgt die Summe
der städtischen und Landgcmeindenbudgcts; außerdem drücken aus einen großen
Theil der Bevölkerung sehr schwere Polterkasten.

Die Höhe des Staatsbudgets hat zwei Hauptursachen, nämlich die bedeutenden
Geldopfer, welche die Niederlande bringen müssen, um vermittelst einer ansehnlichen
Land- und Seemacht das gegenwärtige Colonialshstem aufrecht erhalten zu kön¬
nen, da ihnen kein einziges anderes Mittel zur Sicherung der Kolonien zu Ge¬
bote steht als das Schwert. Die zweite Ursache liegt in deu 32^2 Millionen
FlorinS Zinsen für die Staatsschulden.

Nun ist aber die niederländische Staatsschuld fast nur in den Handen nieder¬
ländischer Kapitalisten, welche außerdem noch etwa 70 Millionen FlorinS an Zin¬
sen von fremden Staatspapieren ziehen, so daß im ganzen circa 100 Millionen
Florins Renten von einheimischen und fremden Papieren den niederländischen Ka¬
pitalisten zufließen; von dieser ungeheuren Summe fließt aber direct kein Pfennig
.als Steuer in die Staatskasse.

Denn das niederländische Einnahmebndget enthält in runder Summe folgende
Hauptposten.

Accisen...........19^ Millionen.
Ostindien ............ 1^/2 "
Ein- und Ausgangs-Steuer . . . "
Post-, Lotterie- und kleine Einnahmen 3 "
Grundsteuer ........ 10 "
'
Personensteuer 6 " ,

Diese letztere Steuer wird nicht nach dem Vermögen oder den Einnahmen,


ches aber sofort wieder auf die bedenklichste Weise gestört werden mußte, .wenn
die ostindischen Zuschüsse von Millionen nicht einkamen, wie das Jahr 18i8
bewies, wo dieselben nnr 7 bis 8 Millionen betrügen. Dieses Jahr zeigte, wel¬
chen furchtbaren Zusammensturz das bisherige politische Jsolirungs- und Cvlonial-
monopolsystem bei einer europäischen Krise dem Staate und der Nation bereiten
könne, und die Colvnialreformer datirten von dieser Zeit als jeine wichtige
Partei.

Aber die Gefahr ging nach gegebener Warnung vorüber, der Finanzzustand
ward blühender als je, und erst dieser Nothwinter verleiht den Stimmen der
Finanz- und Colvnialreformer wieder neue Kraft, und die Niederlande werden
fortan nur eine Opposition von Bedeutung haben, nämlich die nationalökonomische.
Denn die Finanzen sind die Seele Hollands.

Sehen wir uns, um dieses zu verdeutliche», die gegenwärtige Finanzlage
der Niederlande näher an!

Bei einer Bevölkerung von noch nicht 3 Millionen, von denen noch ein star¬
kes Fünftel von der Wohlthätigkeit der vier andern lebt, haben die Niederlande
ein Budget von 70 Millionen Florins; ungefähr ebenso viel beträgt die Summe
der städtischen und Landgcmeindenbudgcts; außerdem drücken aus einen großen
Theil der Bevölkerung sehr schwere Polterkasten.

Die Höhe des Staatsbudgets hat zwei Hauptursachen, nämlich die bedeutenden
Geldopfer, welche die Niederlande bringen müssen, um vermittelst einer ansehnlichen
Land- und Seemacht das gegenwärtige Colonialshstem aufrecht erhalten zu kön¬
nen, da ihnen kein einziges anderes Mittel zur Sicherung der Kolonien zu Ge¬
bote steht als das Schwert. Die zweite Ursache liegt in deu 32^2 Millionen
FlorinS Zinsen für die Staatsschulden.

Nun ist aber die niederländische Staatsschuld fast nur in den Handen nieder¬
ländischer Kapitalisten, welche außerdem noch etwa 70 Millionen FlorinS an Zin¬
sen von fremden Staatspapieren ziehen, so daß im ganzen circa 100 Millionen
Florins Renten von einheimischen und fremden Papieren den niederländischen Ka¬
pitalisten zufließen; von dieser ungeheuren Summe fließt aber direct kein Pfennig
.als Steuer in die Staatskasse.

Denn das niederländische Einnahmebndget enthält in runder Summe folgende
Hauptposten.

Accisen...........19^ Millionen.
Ostindien ............ 1^/2 „
Ein- und Ausgangs-Steuer . . . „
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[0420] ches aber sofort wieder auf die bedenklichste Weise gestört werden mußte, .wenn die ostindischen Zuschüsse von Millionen nicht einkamen, wie das Jahr 18i8 bewies, wo dieselben nnr 7 bis 8 Millionen betrügen. Dieses Jahr zeigte, wel¬ chen furchtbaren Zusammensturz das bisherige politische Jsolirungs- und Cvlonial- monopolsystem bei einer europäischen Krise dem Staate und der Nation bereiten könne, und die Colvnialreformer datirten von dieser Zeit als jeine wichtige Partei. Aber die Gefahr ging nach gegebener Warnung vorüber, der Finanzzustand ward blühender als je, und erst dieser Nothwinter verleiht den Stimmen der Finanz- und Colvnialreformer wieder neue Kraft, und die Niederlande werden fortan nur eine Opposition von Bedeutung haben, nämlich die nationalökonomische. Denn die Finanzen sind die Seele Hollands. Sehen wir uns, um dieses zu verdeutliche», die gegenwärtige Finanzlage der Niederlande näher an! Bei einer Bevölkerung von noch nicht 3 Millionen, von denen noch ein star¬ kes Fünftel von der Wohlthätigkeit der vier andern lebt, haben die Niederlande ein Budget von 70 Millionen Florins; ungefähr ebenso viel beträgt die Summe der städtischen und Landgcmeindenbudgcts; außerdem drücken aus einen großen Theil der Bevölkerung sehr schwere Polterkasten. Die Höhe des Staatsbudgets hat zwei Hauptursachen, nämlich die bedeutenden Geldopfer, welche die Niederlande bringen müssen, um vermittelst einer ansehnlichen Land- und Seemacht das gegenwärtige Colonialshstem aufrecht erhalten zu kön¬ nen, da ihnen kein einziges anderes Mittel zur Sicherung der Kolonien zu Ge¬ bote steht als das Schwert. Die zweite Ursache liegt in deu 32^2 Millionen FlorinS Zinsen für die Staatsschulden. Nun ist aber die niederländische Staatsschuld fast nur in den Handen nieder¬ ländischer Kapitalisten, welche außerdem noch etwa 70 Millionen FlorinS an Zin¬ sen von fremden Staatspapieren ziehen, so daß im ganzen circa 100 Millionen Florins Renten von einheimischen und fremden Papieren den niederländischen Ka¬ pitalisten zufließen; von dieser ungeheuren Summe fließt aber direct kein Pfennig .als Steuer in die Staatskasse. Denn das niederländische Einnahmebndget enthält in runder Summe folgende Hauptposten. Accisen...........19^ Millionen. Ostindien ............ 1^/2 „ Ein- und Ausgangs-Steuer . . . „ Post-, Lotterie- und kleine Einnahmen 3 „ Grundsteuer ........ 10 „ ' Personensteuer 6 „ , Diese letztere Steuer wird nicht nach dem Vermögen oder den Einnahmen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/420>, abgerufen am 22.07.2024.