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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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und zieht dann die save entlang bis zur Donau, wo sie, in unzählige Zweige
auslaufend, Serbien und das westliche-Bulgarien bildet. Einer dieser Balkan-
Weige scheint ehedem mit den jenseits der Donan liegenden Karpathen zusammen¬
gehangen und bei Orsowa die Donau gesperrt zu haben, bis diese die Felsen
durchbrach und jene merkwürdigen Wasserfälle am eisernen Thore bildete.

Alle diese Berge, steil und mit herrlichen Waldungen gekrönt, bezeichnet
man mit dem gemeinschaftlichen Namen Balkan oder Hanns. Sie begrenzen
das Donauthal, bilden im Osten am schwarzen Meere mit ihren Gipfeln ein
Bollwerk, scheiden Bulgarien von Thracien und senken ihre Ausläufer, die bar-
barischen Berge, durch Thracien bis nach dem Bosporus und den Dardanellen.

Die Bergkette des Rhodope (Despoto-Dagh) mit ihren Schneegipfeln, in
Thracien, scheidet den slawischen von dem griechischen Stamme; doch ist sie an
vielen Stellen durchbrochen und Engpässe vermitteln den beiderseitigen Verkehr.
Zugleich verbindet auch die Hochebene, welche der Strom der Bulgaren, die Ma-
ritza, durchfließt, den Fuß des griechische" Rhodope mit dem des slawischen Bal¬
kan. In ganz Griechenland sind Slawen als Ackerbauer und Hirten zerstreut,
wie andrerseits Griechen zum Zweck des Handels und Gewerböbetriebes in den
slawischen Provinzen wohnen.

Nach der Gruppirung der Balkanberge, nach den zu ihnen gehörenden Ebenen
und deu hier entquellenden Flüssen und Seen bestimmt sich auch die politische
Eintheilung der Halbinsel. Sie ist eine fünffache. Im Süden liegt Ru-
Melien, das Land der '/^"we oder Griechen; im Westen gegen das adriatische
Meer hin die drei sogenannten albanischen Provinzen; im Nordwesten die
große Landschaft, welche ehemals das serbische Reich bildete und jetzt unter dem
Namen Herzegowina, Bosnien, Montenegro, Croatien und Serbien
bekannt ist, im Osten die zahlreichen Paschaliks des früheren Bulgareustaats;
auf dem andern Ufer der Donau endlich die weiten Strecken der Moldau und
Walachei.

Diese fünf Theile der europäische" Türkei werde" von fünf verschiedenen
Völkerschaften bewohnt, von denen jedoch der slawische Stamm der Zahl nach
überwiegt. Dieser Stamm theilt sich wieder in zwei besondere Zweige, die Bul¬
garen und Serben. Die Bulgare" lieben de" Friede" und Ackerbau, wo¬
gegen die Serben das unstete Krieger- und Hirtenleben vorziehen. Beide aber
ungen nach Unabhängigkeit. Die Moldau-Walachen jenseits der Donan sind
römischer Abkunft oder Romanen, die Nachkommen der alten Dacier, welche
"ut den römischen Einwohnern des Landes sich vermischt und ihre Sprache und
Sitten angenommen haben. Moldau-Walachen und Slawen bilden die sogenann¬
ten neuen Völkerschaften der Balkanhalbinsel im Gegensatz zu den beiden
alten Stammvölkern der Hellenen und den Albanesen oder illyrischen Ur¬
einwohnern. Das ath attische Volk, einst bis zur Donan verbreitet und nun-


und zieht dann die save entlang bis zur Donau, wo sie, in unzählige Zweige
auslaufend, Serbien und das westliche-Bulgarien bildet. Einer dieser Balkan-
Weige scheint ehedem mit den jenseits der Donan liegenden Karpathen zusammen¬
gehangen und bei Orsowa die Donau gesperrt zu haben, bis diese die Felsen
durchbrach und jene merkwürdigen Wasserfälle am eisernen Thore bildete.

Alle diese Berge, steil und mit herrlichen Waldungen gekrönt, bezeichnet
man mit dem gemeinschaftlichen Namen Balkan oder Hanns. Sie begrenzen
das Donauthal, bilden im Osten am schwarzen Meere mit ihren Gipfeln ein
Bollwerk, scheiden Bulgarien von Thracien und senken ihre Ausläufer, die bar-
barischen Berge, durch Thracien bis nach dem Bosporus und den Dardanellen.

Die Bergkette des Rhodope (Despoto-Dagh) mit ihren Schneegipfeln, in
Thracien, scheidet den slawischen von dem griechischen Stamme; doch ist sie an
vielen Stellen durchbrochen und Engpässe vermitteln den beiderseitigen Verkehr.
Zugleich verbindet auch die Hochebene, welche der Strom der Bulgaren, die Ma-
ritza, durchfließt, den Fuß des griechische» Rhodope mit dem des slawischen Bal¬
kan. In ganz Griechenland sind Slawen als Ackerbauer und Hirten zerstreut,
wie andrerseits Griechen zum Zweck des Handels und Gewerböbetriebes in den
slawischen Provinzen wohnen.

Nach der Gruppirung der Balkanberge, nach den zu ihnen gehörenden Ebenen
und deu hier entquellenden Flüssen und Seen bestimmt sich auch die politische
Eintheilung der Halbinsel. Sie ist eine fünffache. Im Süden liegt Ru-
Melien, das Land der '/^«we oder Griechen; im Westen gegen das adriatische
Meer hin die drei sogenannten albanischen Provinzen; im Nordwesten die
große Landschaft, welche ehemals das serbische Reich bildete und jetzt unter dem
Namen Herzegowina, Bosnien, Montenegro, Croatien und Serbien
bekannt ist, im Osten die zahlreichen Paschaliks des früheren Bulgareustaats;
auf dem andern Ufer der Donau endlich die weiten Strecken der Moldau und
Walachei.

Diese fünf Theile der europäische» Türkei werde» von fünf verschiedenen
Völkerschaften bewohnt, von denen jedoch der slawische Stamm der Zahl nach
überwiegt. Dieser Stamm theilt sich wieder in zwei besondere Zweige, die Bul¬
garen und Serben. Die Bulgare» lieben de» Friede» und Ackerbau, wo¬
gegen die Serben das unstete Krieger- und Hirtenleben vorziehen. Beide aber
ungen nach Unabhängigkeit. Die Moldau-Walachen jenseits der Donan sind
römischer Abkunft oder Romanen, die Nachkommen der alten Dacier, welche
»ut den römischen Einwohnern des Landes sich vermischt und ihre Sprache und
Sitten angenommen haben. Moldau-Walachen und Slawen bilden die sogenann¬
ten neuen Völkerschaften der Balkanhalbinsel im Gegensatz zu den beiden
alten Stammvölkern der Hellenen und den Albanesen oder illyrischen Ur¬
einwohnern. Das ath attische Volk, einst bis zur Donan verbreitet und nun-


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[0311] und zieht dann die save entlang bis zur Donau, wo sie, in unzählige Zweige auslaufend, Serbien und das westliche-Bulgarien bildet. Einer dieser Balkan- Weige scheint ehedem mit den jenseits der Donan liegenden Karpathen zusammen¬ gehangen und bei Orsowa die Donau gesperrt zu haben, bis diese die Felsen durchbrach und jene merkwürdigen Wasserfälle am eisernen Thore bildete. Alle diese Berge, steil und mit herrlichen Waldungen gekrönt, bezeichnet man mit dem gemeinschaftlichen Namen Balkan oder Hanns. Sie begrenzen das Donauthal, bilden im Osten am schwarzen Meere mit ihren Gipfeln ein Bollwerk, scheiden Bulgarien von Thracien und senken ihre Ausläufer, die bar- barischen Berge, durch Thracien bis nach dem Bosporus und den Dardanellen. Die Bergkette des Rhodope (Despoto-Dagh) mit ihren Schneegipfeln, in Thracien, scheidet den slawischen von dem griechischen Stamme; doch ist sie an vielen Stellen durchbrochen und Engpässe vermitteln den beiderseitigen Verkehr. Zugleich verbindet auch die Hochebene, welche der Strom der Bulgaren, die Ma- ritza, durchfließt, den Fuß des griechische» Rhodope mit dem des slawischen Bal¬ kan. In ganz Griechenland sind Slawen als Ackerbauer und Hirten zerstreut, wie andrerseits Griechen zum Zweck des Handels und Gewerböbetriebes in den slawischen Provinzen wohnen. Nach der Gruppirung der Balkanberge, nach den zu ihnen gehörenden Ebenen und deu hier entquellenden Flüssen und Seen bestimmt sich auch die politische Eintheilung der Halbinsel. Sie ist eine fünffache. Im Süden liegt Ru- Melien, das Land der '/^«we oder Griechen; im Westen gegen das adriatische Meer hin die drei sogenannten albanischen Provinzen; im Nordwesten die große Landschaft, welche ehemals das serbische Reich bildete und jetzt unter dem Namen Herzegowina, Bosnien, Montenegro, Croatien und Serbien bekannt ist, im Osten die zahlreichen Paschaliks des früheren Bulgareustaats; auf dem andern Ufer der Donau endlich die weiten Strecken der Moldau und Walachei. Diese fünf Theile der europäische» Türkei werde» von fünf verschiedenen Völkerschaften bewohnt, von denen jedoch der slawische Stamm der Zahl nach überwiegt. Dieser Stamm theilt sich wieder in zwei besondere Zweige, die Bul¬ garen und Serben. Die Bulgare» lieben de» Friede» und Ackerbau, wo¬ gegen die Serben das unstete Krieger- und Hirtenleben vorziehen. Beide aber ungen nach Unabhängigkeit. Die Moldau-Walachen jenseits der Donan sind römischer Abkunft oder Romanen, die Nachkommen der alten Dacier, welche »ut den römischen Einwohnern des Landes sich vermischt und ihre Sprache und Sitten angenommen haben. Moldau-Walachen und Slawen bilden die sogenann¬ ten neuen Völkerschaften der Balkanhalbinsel im Gegensatz zu den beiden alten Stammvölkern der Hellenen und den Albanesen oder illyrischen Ur¬ einwohnern. Das ath attische Volk, einst bis zur Donan verbreitet und nun-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/311>, abgerufen am 22.07.2024.