Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.Artillericsalven klingt mir noch in den Ohren. Man kann, behaupten, daß kaum Den Türken galt es als eine gute Vorbedeutung und als eine Kundgebung Nachdem der Besuch und Gegenbesuch zwischen dem Sultan und dem Prinzen Abdul Medschid legte in den letztvergangenen Wochen ein großes Interesse an Die Wohnzimmer des Sultans in seinen Bospornspalästcn sind ziemlich ein¬ Grenzvotcn, IV. lLöi. <jg
Artillericsalven klingt mir noch in den Ohren. Man kann, behaupten, daß kaum Den Türken galt es als eine gute Vorbedeutung und als eine Kundgebung Nachdem der Besuch und Gegenbesuch zwischen dem Sultan und dem Prinzen Abdul Medschid legte in den letztvergangenen Wochen ein großes Interesse an Die Wohnzimmer des Sultans in seinen Bospornspalästcn sind ziemlich ein¬ Grenzvotcn, IV. lLöi. <jg
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0521" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98835"/> <p xml:id="ID_1666" prev="#ID_1665"> Artillericsalven klingt mir noch in den Ohren. Man kann, behaupten, daß kaum<lb/> in einer anderen Hauptstadt der Welt, auch in der Umgegend Berlins nicht, wenn<lb/> die Garden im Herbst im Feuer zu manövriren pflegen, eine solche Verschwendung<lb/> mit Schießpulver getrieben wird. Und dennoch ist seit Ausbruch des Krieges dieser<lb/> Luxus, — was sehr rühmlich erscheinen muß — im Abnehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1667"> Den Türken galt es als eine gute Vorbedeutung und als eine Kundgebung<lb/> der Gunst des Himmels — an der übrigens der echte Muselmann keinen Augen¬<lb/> blick lang zweifelt, denn die Bekenner des Islam sind ihm, den anderen Völkern<lb/> gegenüber, die Erstcrwahlten und Bevorzugten Gottes — daß am Schluß einer<lb/> Woche voll Sturm und Nebel und sündflutlicher Regengüsse das Wetter sich gestern<lb/> aufgeklärt hatte und den ganzen Tag lang ziemlich heiter verblieb. Heute weht<lb/> wieder ein vrkauähnlichcr Südwind, und dann und wann offnen die blaugrauen Wol¬<lb/> ken .ihre Schleußen, um, freilich nur für Augenblicke, das Terrain mit rie¬<lb/> selnden Rcgcubächeu zu durchfurchen. An solchen Tagen sieht das goldene Horn,<lb/> der weite Hafen von Stambul, lehmbraun aus; die Fluten des Bosporus, die<lb/> sonst so azurblau leuchten, sind durch einen weitgedehnten breiten Schaumgürtel<lb/> vom User, diesseits wie jenseits, geschieden, und am Leanderthurm, wie bei Moda<lb/> Burnu, und an der Harcmkucllc, nahe der großen Kaserne von Skutari. erhebt<lb/> sich eine beinahe haushohe Brandung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1668"> Nachdem der Besuch und Gegenbesuch zwischen dem Sultan und dem Prinzen<lb/> Napoleon ausgetauscht worden, hat weiter keine Berührung zwischen dem osmani-<lb/> schen Souverän und dem Vetter seines hohen Verbündeten stattgefunden. Dagegen<lb/> war der Herzog von Cambridge jüngst im Palais von Tschiraghan, und, wie nicht<lb/> zu bezweifeln steht, wird der Padischah diese Visite erwiedern. Man ergötzt sich<lb/> hier an dem Zusammentreffen der Abreise der beiden Prinzen Napoleon und Cam¬<lb/> bridge nach Konstantinopel mit der Rückkehr' der beiden Großfürsten Nikolaus und<lb/> Michael aus der Krim nach Se. Petersburg.-</p><lb/> <p xml:id="ID_1669"> Abdul Medschid legte in den letztvergangenen Wochen ein großes Interesse an<lb/> den Vcrschönerungsbauteu an den Tag, die in verschiedenen seiner.Paläste an den<lb/> Gestaden des Bosporus (zu Tschiraghan, Bcschiktasch, Dolma Bagdsche und Beg-<lb/> lcrlcg) zur Zeit vorgenommen werden. Im wesentlichen beruhen sie auf Ersetzung<lb/> der gewöhnlichen Dielenfußbödeu durch Parquets. Der Anfang mit dieser Neue¬<lb/> rung wurde im Palais von Bcschiktasch gemacht, und zwar wurden daselbst vorerst<lb/> sechs Zimmer parqucttirt, die der Monarch so ausgezeichnet fand, daß er auch in<lb/> Tschiraghan mit der Arbeit sofort beginnen ließ.</p><lb/> <p xml:id="ID_1670" next="#ID_1671"> Die Wohnzimmer des Sultans in seinen Bospornspalästcn sind ziemlich ein¬<lb/> fach eingerichtet. Vordem lag im Winter einer jener köstlichen Smyrnäer Teppiche<lb/> durch das ganze Gemach hin, die man hier mit enormen Summen bezahlt, und<lb/> deren unverwüstliches, in den hellsten Farben schimmerndes Gewebe die Dicke eines<lb/> Daumens hat. Aber im Somntcr war ein solcher Fußboden zu warm, und wurde<lb/> dann durch Matten aus Cham (Syrien) ,vou der feinsten Arbeit ersetzt. ' Nunmehr<lb/> ist dies abgeändert, und der Großherr schreitet auf Parquets einher und hat über<lb/> diese hin im Winter englische Teppiche gebreitet. Die Möbeln bestehen aus zwölf<lb/> Lehnstühlen und zwei oder vier modernen Sophas. Aus dem Kaminsims, oder in<lb/> der Mitte eines den Hintergrund des Zimmers einnehmenden Tisches stehen Spicl-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzvotcn, IV. lLöi. <jg</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0521]
Artillericsalven klingt mir noch in den Ohren. Man kann, behaupten, daß kaum
in einer anderen Hauptstadt der Welt, auch in der Umgegend Berlins nicht, wenn
die Garden im Herbst im Feuer zu manövriren pflegen, eine solche Verschwendung
mit Schießpulver getrieben wird. Und dennoch ist seit Ausbruch des Krieges dieser
Luxus, — was sehr rühmlich erscheinen muß — im Abnehmen.
Den Türken galt es als eine gute Vorbedeutung und als eine Kundgebung
der Gunst des Himmels — an der übrigens der echte Muselmann keinen Augen¬
blick lang zweifelt, denn die Bekenner des Islam sind ihm, den anderen Völkern
gegenüber, die Erstcrwahlten und Bevorzugten Gottes — daß am Schluß einer
Woche voll Sturm und Nebel und sündflutlicher Regengüsse das Wetter sich gestern
aufgeklärt hatte und den ganzen Tag lang ziemlich heiter verblieb. Heute weht
wieder ein vrkauähnlichcr Südwind, und dann und wann offnen die blaugrauen Wol¬
ken .ihre Schleußen, um, freilich nur für Augenblicke, das Terrain mit rie¬
selnden Rcgcubächeu zu durchfurchen. An solchen Tagen sieht das goldene Horn,
der weite Hafen von Stambul, lehmbraun aus; die Fluten des Bosporus, die
sonst so azurblau leuchten, sind durch einen weitgedehnten breiten Schaumgürtel
vom User, diesseits wie jenseits, geschieden, und am Leanderthurm, wie bei Moda
Burnu, und an der Harcmkucllc, nahe der großen Kaserne von Skutari. erhebt
sich eine beinahe haushohe Brandung.
Nachdem der Besuch und Gegenbesuch zwischen dem Sultan und dem Prinzen
Napoleon ausgetauscht worden, hat weiter keine Berührung zwischen dem osmani-
schen Souverän und dem Vetter seines hohen Verbündeten stattgefunden. Dagegen
war der Herzog von Cambridge jüngst im Palais von Tschiraghan, und, wie nicht
zu bezweifeln steht, wird der Padischah diese Visite erwiedern. Man ergötzt sich
hier an dem Zusammentreffen der Abreise der beiden Prinzen Napoleon und Cam¬
bridge nach Konstantinopel mit der Rückkehr' der beiden Großfürsten Nikolaus und
Michael aus der Krim nach Se. Petersburg.-
Abdul Medschid legte in den letztvergangenen Wochen ein großes Interesse an
den Vcrschönerungsbauteu an den Tag, die in verschiedenen seiner.Paläste an den
Gestaden des Bosporus (zu Tschiraghan, Bcschiktasch, Dolma Bagdsche und Beg-
lcrlcg) zur Zeit vorgenommen werden. Im wesentlichen beruhen sie auf Ersetzung
der gewöhnlichen Dielenfußbödeu durch Parquets. Der Anfang mit dieser Neue¬
rung wurde im Palais von Bcschiktasch gemacht, und zwar wurden daselbst vorerst
sechs Zimmer parqucttirt, die der Monarch so ausgezeichnet fand, daß er auch in
Tschiraghan mit der Arbeit sofort beginnen ließ.
Die Wohnzimmer des Sultans in seinen Bospornspalästcn sind ziemlich ein¬
fach eingerichtet. Vordem lag im Winter einer jener köstlichen Smyrnäer Teppiche
durch das ganze Gemach hin, die man hier mit enormen Summen bezahlt, und
deren unverwüstliches, in den hellsten Farben schimmerndes Gewebe die Dicke eines
Daumens hat. Aber im Somntcr war ein solcher Fußboden zu warm, und wurde
dann durch Matten aus Cham (Syrien) ,vou der feinsten Arbeit ersetzt. ' Nunmehr
ist dies abgeändert, und der Großherr schreitet auf Parquets einher und hat über
diese hin im Winter englische Teppiche gebreitet. Die Möbeln bestehen aus zwölf
Lehnstühlen und zwei oder vier modernen Sophas. Aus dem Kaminsims, oder in
der Mitte eines den Hintergrund des Zimmers einnehmenden Tisches stehen Spicl-
Grenzvotcn, IV. lLöi. <jg
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |