Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.diese? Wir glauben nicht. -- Die Garantien, die Rußland bietet, müssen mate¬ Literatur.
diese? Wir glauben nicht. — Die Garantien, die Rußland bietet, müssen mate¬ Literatur.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0472" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98786"/> <p xml:id="ID_1506" prev="#ID_1505"> diese? Wir glauben nicht. — Die Garantien, die Rußland bietet, müssen mate¬<lb/> rieller Art sein, Verträge werden solange gehalten, als die Konstellation dauert,<lb/> die sie herbeigeführt hat. Und die gegenwärtige Konstellation dauert vielleicht nicht<lb/> lange. Gelingt es Rußland, sich durch blos moralische Garantien der gegen¬<lb/> wärtigen Noth zu entziehen, so wird es sehr bald Gelegenheit finden, dem Nachbar¬<lb/> staat, der seinen Wünschen und Voraussetzungen sowenig entsprochen hat, seinen<lb/> Dank abzustatten. — Oestreich muß vor allem daran liegen, daß der Friede unter<lb/> seiner andern Bedingung zustandekommt, als mit materieller Schwächung<lb/> Rußlands. — Schleifung von Sebastopol. Reduction der Flotte, Zahlung der<lb/> Kriegskosten, Uebertragung des Donanprotectorats an Oestreich — wenn Nußland<lb/> selbst daraus eingeht, dann sei der Herr der Heerscharen gepriesen, der Europa<lb/> einen blutigen Krieg erspart! — Wenn aber nicht — dann werden es die edlen<lb/> Herzen der Franzosen und Engländer nicht zugeben, daß die Leichen ihrer Braven<lb/> ohne Frucht die Felder der Krim düngen. — Und sollte dann noch ein Feldzug<lb/> nöthig sein, dann werden auch die Bedingungen sich ändern.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="2"> <head> Literatur.</head> <p xml:id="ID_1507"><lb/> — Der Sundzoll und die Vereinigten Staaten von<lb/> Amerika. Bremen, 1854. E. Schünemann. Die vortreffliche Schrift, der<lb/> Sundzoll und der Welthandel, (Leipzig, Gustav Mayer) ist ftüher in diesen<lb/> Blättern angezeigt. Die vorliegende ist eine Fortsetzung derselben, sie enthält die<lb/> Verhandlungen der Regierung der Vereinigten Staaten über die Sundzollfrage nebst<lb/> den betreffenden Ackerstücken. Es ist bekannt, in welch energischer Weise dieser<lb/> außereuropäische Staat durch die bloße Erklärung seines festen Willens die Dänen<lb/> zur Nachgiebigkeit gezwungen hat. Und lehrreich auch sür uns sind die Verhand¬<lb/> lungen zu Washington, die kurze Weise, in welcher die Amerikaner über den „Ue-<lb/> berrest des Piratcnwcsens," wie sie den Sundzoll nennen, aburtheilen, und die<lb/> kalte Energie, mit welcher sie den Ausflüchten Dänemarks begegnen. Von den<lb/> preußischen Handelskammern sind in diesen Monaten aufs neue der preußischen<lb/> Regierung dringende Vorstellungen über den großen Druck gemacht worden, welchen<lb/> der Sundzoll ans den Handel der Ostseehäfen ausübt. Kaum steht zu hoffen, daß<lb/> dieselben grade jetzt Erfolg haben werden, selbst das Gerücht von einem desfallsigen<lb/> Antrage Preußens in Kopenhagen oder London bedarf noch der Bestätigung. Auch<lb/> ist zu befürchten, daß selbst eine resignirte Offerte Preußens, der Vorschlag, den<lb/> Sundzoll mit Geld abzulösen, noch in diesem Augenblick nnr laue Aufnahme bei<lb/> den Seemächten finden würde. Es ist die Zeit gekommen, wo man nur dem<lb/> Starken etwas bewilligt. Dennoch ist den preußischen Industriellen der dringende<lb/> Wunsch auszusprechen, daß ihre Agitation sür diese Lebensfrage des preußischen<lb/> Handels uicht nachlassen möge, und es wird gut sein, wenn in Preußen allgemein<lb/> bekannt wird, welche Summen Dänemark unter russischem Schutz bis jetzt von<lb/> dem preußischen Handel erhoben hat, denn wenn der Tag kommt, an welchem über<lb/> einen neuen Frieden in der europäischen-Staatenfamilie berathen wird, dann wird<lb/> auch diese Frage ihre Erledigung finden müssen. Dem Herausgeber der ange¬<lb/> zeigten Broschüre aber ist man Dank schuldig sür seine klare und dringliche Dar¬<lb/> stellung des Sachverhältnisses.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0472]
diese? Wir glauben nicht. — Die Garantien, die Rußland bietet, müssen mate¬
rieller Art sein, Verträge werden solange gehalten, als die Konstellation dauert,
die sie herbeigeführt hat. Und die gegenwärtige Konstellation dauert vielleicht nicht
lange. Gelingt es Rußland, sich durch blos moralische Garantien der gegen¬
wärtigen Noth zu entziehen, so wird es sehr bald Gelegenheit finden, dem Nachbar¬
staat, der seinen Wünschen und Voraussetzungen sowenig entsprochen hat, seinen
Dank abzustatten. — Oestreich muß vor allem daran liegen, daß der Friede unter
seiner andern Bedingung zustandekommt, als mit materieller Schwächung
Rußlands. — Schleifung von Sebastopol. Reduction der Flotte, Zahlung der
Kriegskosten, Uebertragung des Donanprotectorats an Oestreich — wenn Nußland
selbst daraus eingeht, dann sei der Herr der Heerscharen gepriesen, der Europa
einen blutigen Krieg erspart! — Wenn aber nicht — dann werden es die edlen
Herzen der Franzosen und Engländer nicht zugeben, daß die Leichen ihrer Braven
ohne Frucht die Felder der Krim düngen. — Und sollte dann noch ein Feldzug
nöthig sein, dann werden auch die Bedingungen sich ändern.
Literatur.
— Der Sundzoll und die Vereinigten Staaten von
Amerika. Bremen, 1854. E. Schünemann. Die vortreffliche Schrift, der
Sundzoll und der Welthandel, (Leipzig, Gustav Mayer) ist ftüher in diesen
Blättern angezeigt. Die vorliegende ist eine Fortsetzung derselben, sie enthält die
Verhandlungen der Regierung der Vereinigten Staaten über die Sundzollfrage nebst
den betreffenden Ackerstücken. Es ist bekannt, in welch energischer Weise dieser
außereuropäische Staat durch die bloße Erklärung seines festen Willens die Dänen
zur Nachgiebigkeit gezwungen hat. Und lehrreich auch sür uns sind die Verhand¬
lungen zu Washington, die kurze Weise, in welcher die Amerikaner über den „Ue-
berrest des Piratcnwcsens," wie sie den Sundzoll nennen, aburtheilen, und die
kalte Energie, mit welcher sie den Ausflüchten Dänemarks begegnen. Von den
preußischen Handelskammern sind in diesen Monaten aufs neue der preußischen
Regierung dringende Vorstellungen über den großen Druck gemacht worden, welchen
der Sundzoll ans den Handel der Ostseehäfen ausübt. Kaum steht zu hoffen, daß
dieselben grade jetzt Erfolg haben werden, selbst das Gerücht von einem desfallsigen
Antrage Preußens in Kopenhagen oder London bedarf noch der Bestätigung. Auch
ist zu befürchten, daß selbst eine resignirte Offerte Preußens, der Vorschlag, den
Sundzoll mit Geld abzulösen, noch in diesem Augenblick nnr laue Aufnahme bei
den Seemächten finden würde. Es ist die Zeit gekommen, wo man nur dem
Starken etwas bewilligt. Dennoch ist den preußischen Industriellen der dringende
Wunsch auszusprechen, daß ihre Agitation sür diese Lebensfrage des preußischen
Handels uicht nachlassen möge, und es wird gut sein, wenn in Preußen allgemein
bekannt wird, welche Summen Dänemark unter russischem Schutz bis jetzt von
dem preußischen Handel erhoben hat, denn wenn der Tag kommt, an welchem über
einen neuen Frieden in der europäischen-Staatenfamilie berathen wird, dann wird
auch diese Frage ihre Erledigung finden müssen. Dem Herausgeber der ange¬
zeigten Broschüre aber ist man Dank schuldig sür seine klare und dringliche Dar¬
stellung des Sachverhältnisses.
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