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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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scrshelfer des Schetann (Teufels), Reschid als den Mann, der als er saber
Asam war (vom 3, August bis 7. October 1832) die Pforte tief durch den
französischen Gesandten Lavalette demüthigen ließ, und rechnet ihm nach, was
er bei andern übersehen wird, daß man an seinem Tische Wein trinkt und
mit Messern und Gabeln ißt.

Ich will hier nicht auf eine Darstellung der Lausbahnen von Reschid und
Aali Pascha eingehen, sondern mir einfach zur Aufgabe stellen: beide Männer
hier kurz zu charakterisiren. Von beiden gilt, daß sie nicht durchweg Farbe
gehalten haben, was überhaupt wenige Minister im Orient von sich rühmen
können, eben weil der Begriff von.Partei hier sehlt, oder mindestens nicht so
schroff hingestellt wird wie bei uns. Im ganzen und großen sind sie aber der
Richtung, für welche sie sich rücksichtlich der Leitung des Staates entschieden,
treu geblieben, was unter den hiesigen Verhältnissen, wie sie nun einmal sind,
immerhin Anerkennung verdient.

In ihrer äußeren Erscheinung sind beide Minister einander wenig ähnlich.
Reschid Pascha ist von kleiner und schon ziemlich gebeugter Gestalt, sein Haar
ist grau, das Gesicht trägt den echt türkischen Ausdruck und wird von einer
langen, gebogenen Nase und hochgewölbten Augenbrauen beherrscht. Seine
Augen sind, wenn ich mich entsinne, grau und in ihrem Blick spricht sich, ich
möchte sagen, Schlauheit gepaart mit rückhaltender Bescheidenheit aus, ohne
daß die ganze Physiognomie den Eindruck höherer Begabung macht.

Aali Pascha ist viel jünger als Reschid, vielleicht erst ein hoher Drei¬
ßiger, und man dürfte ihn, im Gegensatz zu diesem, der nichts weniger als
schön ist, einen hübschen Mann nennen. Sein Profil ist ziemlich fein geschnit¬
ten, das Auge lebhaft, und seine Mienen drücken Wohlwollen und jene höhere
Klugheit aus, die man in den Zügen Reschids unvertreten findet. Er ist Dich¬
ter, was, wie ich höre, hier grabe nicht viel zu sagen hat, und gehört zu den
wenigen Osmanen, die sich eine fließende französische Aussprache angeeignet
haben. Auch Englisch liest er, ohne es zu sprechen. Außerdem soll er Italienisch
lesen, sprechen und schreiben.

Mir ist nicht bekannt, von welcher Herkunft Reschid Pascha ist; sein College
Aali schreibt seinen Ursprung aus der Hütte eines Schissskalfatererö, seines
Pflegevaters her, der während seiner Jugend für ihn Sorge trug, und von ihm
nicht vergessen wurde, als er später in das Serail und zu den höchsten Aem¬
tern gelangte. Dieser Zug ist liebenswürdig, aber er verdient hier im Orient
vielleicht noch ein größeres Lob, als bei uns. Die Dragomans der englischen,
französischen und östreichischen Gesandtschaft trafen oft den Alten auf dem
Divan, neben dem Minister sitzend und den Tschibuck "trinkend".

Wie Sie wissen, ist Aali Pascha, gleichzeitig mit der Erhebung Reschids
zum saber Asam, Minister der auswärtigen Angelegenheiten geworden. Man


scrshelfer des Schetann (Teufels), Reschid als den Mann, der als er saber
Asam war (vom 3, August bis 7. October 1832) die Pforte tief durch den
französischen Gesandten Lavalette demüthigen ließ, und rechnet ihm nach, was
er bei andern übersehen wird, daß man an seinem Tische Wein trinkt und
mit Messern und Gabeln ißt.

Ich will hier nicht auf eine Darstellung der Lausbahnen von Reschid und
Aali Pascha eingehen, sondern mir einfach zur Aufgabe stellen: beide Männer
hier kurz zu charakterisiren. Von beiden gilt, daß sie nicht durchweg Farbe
gehalten haben, was überhaupt wenige Minister im Orient von sich rühmen
können, eben weil der Begriff von.Partei hier sehlt, oder mindestens nicht so
schroff hingestellt wird wie bei uns. Im ganzen und großen sind sie aber der
Richtung, für welche sie sich rücksichtlich der Leitung des Staates entschieden,
treu geblieben, was unter den hiesigen Verhältnissen, wie sie nun einmal sind,
immerhin Anerkennung verdient.

In ihrer äußeren Erscheinung sind beide Minister einander wenig ähnlich.
Reschid Pascha ist von kleiner und schon ziemlich gebeugter Gestalt, sein Haar
ist grau, das Gesicht trägt den echt türkischen Ausdruck und wird von einer
langen, gebogenen Nase und hochgewölbten Augenbrauen beherrscht. Seine
Augen sind, wenn ich mich entsinne, grau und in ihrem Blick spricht sich, ich
möchte sagen, Schlauheit gepaart mit rückhaltender Bescheidenheit aus, ohne
daß die ganze Physiognomie den Eindruck höherer Begabung macht.

Aali Pascha ist viel jünger als Reschid, vielleicht erst ein hoher Drei¬
ßiger, und man dürfte ihn, im Gegensatz zu diesem, der nichts weniger als
schön ist, einen hübschen Mann nennen. Sein Profil ist ziemlich fein geschnit¬
ten, das Auge lebhaft, und seine Mienen drücken Wohlwollen und jene höhere
Klugheit aus, die man in den Zügen Reschids unvertreten findet. Er ist Dich¬
ter, was, wie ich höre, hier grabe nicht viel zu sagen hat, und gehört zu den
wenigen Osmanen, die sich eine fließende französische Aussprache angeeignet
haben. Auch Englisch liest er, ohne es zu sprechen. Außerdem soll er Italienisch
lesen, sprechen und schreiben.

Mir ist nicht bekannt, von welcher Herkunft Reschid Pascha ist; sein College
Aali schreibt seinen Ursprung aus der Hütte eines Schissskalfatererö, seines
Pflegevaters her, der während seiner Jugend für ihn Sorge trug, und von ihm
nicht vergessen wurde, als er später in das Serail und zu den höchsten Aem¬
tern gelangte. Dieser Zug ist liebenswürdig, aber er verdient hier im Orient
vielleicht noch ein größeres Lob, als bei uns. Die Dragomans der englischen,
französischen und östreichischen Gesandtschaft trafen oft den Alten auf dem
Divan, neben dem Minister sitzend und den Tschibuck „trinkend".

Wie Sie wissen, ist Aali Pascha, gleichzeitig mit der Erhebung Reschids
zum saber Asam, Minister der auswärtigen Angelegenheiten geworden. Man


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/470>, abgerufen am 24.08.2024.