Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

seit fünfzehn Jahren in Asien Afrika und Amerika gereist war, kommt mit der
Entdeckung einer unbekannten Menschengattung, die zwischen d<in Menschen
und dem Affen stände. Der Reisende will in Aethiopien Geschöpfe entdeckt
haben, welche dem Affenthum mit dem Rücken und dem Menschengeschlechte
mit der vorderen Seite angehören, Thiere, welche eine Sprache haben (arabisch)
und einen Schwanz von einer halben Elle wie die Affen. Herr Or. Couret
hat seine Beschreibung der Akademie vorgelegt und die Presse hat auch be¬
gonnen, sich dieses interessanten Gegenstandes zu bemächtigen. Was uns Mi߬
trauen gegen den Reisenden einflößt, ist, baß La Presse und die Mousquetiere
von Alerander Dumas allein, die Vertheidigung der neuen Menschen über¬
nommen haben: -- die Presse, welche uns die Entdeckung des sympathischen
Schneckentclegraphen als eine Wirklichkeit aufbinden wollte und Alexander
Dumas, der Großmogul der französischen Blagueurs, der uns or. Courer als
seinen Freund aufführt. Nach der Behauptung deS Herrn Dr, Couret handelte
es sich bei seinen sprechenden Affen oder beschwatzten Menschen nicht um einen
jener krankhaften Auswüchse, welche die Aerzte mit Höllenstein curiren -- es
wäre vielmehr ein natürlicher Bestandtheil, ein normales Gewächs wie bei den
vierfüßigen Thieren und wie bei den Affen. Die Fourrieristen sind natürlich ganz
außer sich über diese Entdeckung und sehen die Phantasie ihres Lehrers und
Propheten gerechtfertigt -- es fehlt l)r. Courets Menschen zwar noch etwas
an der Länge ihres Zubehörs und auch hat sich noch kein Auge aufgethan, das
dem Idealmenschen gestattet, nach allen Seiten zu sehen, ohne sich umzukehren
-- aber das kann doch auch noch gefunden werden. Die Hauptsache ist ge¬
wonnen, es gibt Menschen mit Schwänzen.

Der Herbst beginnt und Paris athmet wieder auf -- es fängt an sich
heimisch zu fühlen, die Prvvinzialgesichter verlieren sich, man sieht auf den
Boulevards wieder seine Bekannten. -- -- Der verhaßte Monat August, der
dies Mal sich bis Ende September verspätet hatte, ist vorüber, die Theater-
directvren, die Clubleure, die Feuilletonisten, die Künstler, alles, was dem
eigentlichen Paris angehört, tritt in seine Rechte ein, und wenn auch die Jagd-
sreuden mit den Boulevards, und was damit zusammenhängt, Concurren; machen
-- Paris wird wieder Paris. Die Klagen über den Monat August, die Sie
regelmäßig jedes Jahr in allen Feuilletons, in allen Berichten über die Pariser
Gesellschaft wiederholt finden, sind aufrichtig gemeint und ganz besonders von
Seiten der Theaterdirectoren. Diese müssen ihren Privilegien nach ihre An¬
stalten während des ganzen Jahres offen halten (mit Ausnahme der großen
Oper, des italienischen Theaters und des Odeontheaters, denen Ferien ge¬
stattet sind) und im Monate Juli, besonders August, sowie die ersten Tage des
Septembers, können sie es mit den interessantesten Vorstellungen (die übrigens
zu den Seltenheiten gehören) nicht auf die Kosten bringen. Die Regierung


seit fünfzehn Jahren in Asien Afrika und Amerika gereist war, kommt mit der
Entdeckung einer unbekannten Menschengattung, die zwischen d<in Menschen
und dem Affen stände. Der Reisende will in Aethiopien Geschöpfe entdeckt
haben, welche dem Affenthum mit dem Rücken und dem Menschengeschlechte
mit der vorderen Seite angehören, Thiere, welche eine Sprache haben (arabisch)
und einen Schwanz von einer halben Elle wie die Affen. Herr Or. Couret
hat seine Beschreibung der Akademie vorgelegt und die Presse hat auch be¬
gonnen, sich dieses interessanten Gegenstandes zu bemächtigen. Was uns Mi߬
trauen gegen den Reisenden einflößt, ist, baß La Presse und die Mousquetiere
von Alerander Dumas allein, die Vertheidigung der neuen Menschen über¬
nommen haben: — die Presse, welche uns die Entdeckung des sympathischen
Schneckentclegraphen als eine Wirklichkeit aufbinden wollte und Alexander
Dumas, der Großmogul der französischen Blagueurs, der uns or. Courer als
seinen Freund aufführt. Nach der Behauptung deS Herrn Dr, Couret handelte
es sich bei seinen sprechenden Affen oder beschwatzten Menschen nicht um einen
jener krankhaften Auswüchse, welche die Aerzte mit Höllenstein curiren — es
wäre vielmehr ein natürlicher Bestandtheil, ein normales Gewächs wie bei den
vierfüßigen Thieren und wie bei den Affen. Die Fourrieristen sind natürlich ganz
außer sich über diese Entdeckung und sehen die Phantasie ihres Lehrers und
Propheten gerechtfertigt — es fehlt l)r. Courets Menschen zwar noch etwas
an der Länge ihres Zubehörs und auch hat sich noch kein Auge aufgethan, das
dem Idealmenschen gestattet, nach allen Seiten zu sehen, ohne sich umzukehren
— aber das kann doch auch noch gefunden werden. Die Hauptsache ist ge¬
wonnen, es gibt Menschen mit Schwänzen.

Der Herbst beginnt und Paris athmet wieder auf — es fängt an sich
heimisch zu fühlen, die Prvvinzialgesichter verlieren sich, man sieht auf den
Boulevards wieder seine Bekannten. — — Der verhaßte Monat August, der
dies Mal sich bis Ende September verspätet hatte, ist vorüber, die Theater-
directvren, die Clubleure, die Feuilletonisten, die Künstler, alles, was dem
eigentlichen Paris angehört, tritt in seine Rechte ein, und wenn auch die Jagd-
sreuden mit den Boulevards, und was damit zusammenhängt, Concurren; machen
— Paris wird wieder Paris. Die Klagen über den Monat August, die Sie
regelmäßig jedes Jahr in allen Feuilletons, in allen Berichten über die Pariser
Gesellschaft wiederholt finden, sind aufrichtig gemeint und ganz besonders von
Seiten der Theaterdirectoren. Diese müssen ihren Privilegien nach ihre An¬
stalten während des ganzen Jahres offen halten (mit Ausnahme der großen
Oper, des italienischen Theaters und des Odeontheaters, denen Ferien ge¬
stattet sind) und im Monate Juli, besonders August, sowie die ersten Tage des
Septembers, können sie es mit den interessantesten Vorstellungen (die übrigens
zu den Seltenheiten gehören) nicht auf die Kosten bringen. Die Regierung


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0045" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98359"/>
          <p xml:id="ID_121" prev="#ID_120"> seit fünfzehn Jahren in Asien Afrika und Amerika gereist war, kommt mit der<lb/>
Entdeckung einer unbekannten Menschengattung, die zwischen d&lt;in Menschen<lb/>
und dem Affen stände. Der Reisende will in Aethiopien Geschöpfe entdeckt<lb/>
haben, welche dem Affenthum mit dem Rücken und dem Menschengeschlechte<lb/>
mit der vorderen Seite angehören, Thiere, welche eine Sprache haben (arabisch)<lb/>
und einen Schwanz von einer halben Elle wie die Affen. Herr Or. Couret<lb/>
hat seine Beschreibung der Akademie vorgelegt und die Presse hat auch be¬<lb/>
gonnen, sich dieses interessanten Gegenstandes zu bemächtigen. Was uns Mi߬<lb/>
trauen gegen den Reisenden einflößt, ist, baß La Presse und die Mousquetiere<lb/>
von Alerander Dumas allein, die Vertheidigung der neuen Menschen über¬<lb/>
nommen haben: &#x2014; die Presse, welche uns die Entdeckung des sympathischen<lb/>
Schneckentclegraphen als eine Wirklichkeit aufbinden wollte und Alexander<lb/>
Dumas, der Großmogul der französischen Blagueurs, der uns or. Courer als<lb/>
seinen Freund aufführt. Nach der Behauptung deS Herrn Dr, Couret handelte<lb/>
es sich bei seinen sprechenden Affen oder beschwatzten Menschen nicht um einen<lb/>
jener krankhaften Auswüchse, welche die Aerzte mit Höllenstein curiren &#x2014; es<lb/>
wäre vielmehr ein natürlicher Bestandtheil, ein normales Gewächs wie bei den<lb/>
vierfüßigen Thieren und wie bei den Affen. Die Fourrieristen sind natürlich ganz<lb/>
außer sich über diese Entdeckung und sehen die Phantasie ihres Lehrers und<lb/>
Propheten gerechtfertigt &#x2014; es fehlt l)r. Courets Menschen zwar noch etwas<lb/>
an der Länge ihres Zubehörs und auch hat sich noch kein Auge aufgethan, das<lb/>
dem Idealmenschen gestattet, nach allen Seiten zu sehen, ohne sich umzukehren<lb/>
&#x2014; aber das kann doch auch noch gefunden werden. Die Hauptsache ist ge¬<lb/>
wonnen, es gibt Menschen mit Schwänzen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_122" next="#ID_123"> Der Herbst beginnt und Paris athmet wieder auf &#x2014; es fängt an sich<lb/>
heimisch zu fühlen, die Prvvinzialgesichter verlieren sich, man sieht auf den<lb/>
Boulevards wieder seine Bekannten. &#x2014; &#x2014; Der verhaßte Monat August, der<lb/>
dies Mal sich bis Ende September verspätet hatte, ist vorüber, die Theater-<lb/>
directvren, die Clubleure, die Feuilletonisten, die Künstler, alles, was dem<lb/>
eigentlichen Paris angehört, tritt in seine Rechte ein, und wenn auch die Jagd-<lb/>
sreuden mit den Boulevards, und was damit zusammenhängt, Concurren; machen<lb/>
&#x2014; Paris wird wieder Paris. Die Klagen über den Monat August, die Sie<lb/>
regelmäßig jedes Jahr in allen Feuilletons, in allen Berichten über die Pariser<lb/>
Gesellschaft wiederholt finden, sind aufrichtig gemeint und ganz besonders von<lb/>
Seiten der Theaterdirectoren. Diese müssen ihren Privilegien nach ihre An¬<lb/>
stalten während des ganzen Jahres offen halten (mit Ausnahme der großen<lb/>
Oper, des italienischen Theaters und des Odeontheaters, denen Ferien ge¬<lb/>
stattet sind) und im Monate Juli, besonders August, sowie die ersten Tage des<lb/>
Septembers, können sie es mit den interessantesten Vorstellungen (die übrigens<lb/>
zu den Seltenheiten gehören) nicht auf die Kosten bringen.  Die Regierung</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0045] seit fünfzehn Jahren in Asien Afrika und Amerika gereist war, kommt mit der Entdeckung einer unbekannten Menschengattung, die zwischen d<in Menschen und dem Affen stände. Der Reisende will in Aethiopien Geschöpfe entdeckt haben, welche dem Affenthum mit dem Rücken und dem Menschengeschlechte mit der vorderen Seite angehören, Thiere, welche eine Sprache haben (arabisch) und einen Schwanz von einer halben Elle wie die Affen. Herr Or. Couret hat seine Beschreibung der Akademie vorgelegt und die Presse hat auch be¬ gonnen, sich dieses interessanten Gegenstandes zu bemächtigen. Was uns Mi߬ trauen gegen den Reisenden einflößt, ist, baß La Presse und die Mousquetiere von Alerander Dumas allein, die Vertheidigung der neuen Menschen über¬ nommen haben: — die Presse, welche uns die Entdeckung des sympathischen Schneckentclegraphen als eine Wirklichkeit aufbinden wollte und Alexander Dumas, der Großmogul der französischen Blagueurs, der uns or. Courer als seinen Freund aufführt. Nach der Behauptung deS Herrn Dr, Couret handelte es sich bei seinen sprechenden Affen oder beschwatzten Menschen nicht um einen jener krankhaften Auswüchse, welche die Aerzte mit Höllenstein curiren — es wäre vielmehr ein natürlicher Bestandtheil, ein normales Gewächs wie bei den vierfüßigen Thieren und wie bei den Affen. Die Fourrieristen sind natürlich ganz außer sich über diese Entdeckung und sehen die Phantasie ihres Lehrers und Propheten gerechtfertigt — es fehlt l)r. Courets Menschen zwar noch etwas an der Länge ihres Zubehörs und auch hat sich noch kein Auge aufgethan, das dem Idealmenschen gestattet, nach allen Seiten zu sehen, ohne sich umzukehren — aber das kann doch auch noch gefunden werden. Die Hauptsache ist ge¬ wonnen, es gibt Menschen mit Schwänzen. Der Herbst beginnt und Paris athmet wieder auf — es fängt an sich heimisch zu fühlen, die Prvvinzialgesichter verlieren sich, man sieht auf den Boulevards wieder seine Bekannten. — — Der verhaßte Monat August, der dies Mal sich bis Ende September verspätet hatte, ist vorüber, die Theater- directvren, die Clubleure, die Feuilletonisten, die Künstler, alles, was dem eigentlichen Paris angehört, tritt in seine Rechte ein, und wenn auch die Jagd- sreuden mit den Boulevards, und was damit zusammenhängt, Concurren; machen — Paris wird wieder Paris. Die Klagen über den Monat August, die Sie regelmäßig jedes Jahr in allen Feuilletons, in allen Berichten über die Pariser Gesellschaft wiederholt finden, sind aufrichtig gemeint und ganz besonders von Seiten der Theaterdirectoren. Diese müssen ihren Privilegien nach ihre An¬ stalten während des ganzen Jahres offen halten (mit Ausnahme der großen Oper, des italienischen Theaters und des Odeontheaters, denen Ferien ge¬ stattet sind) und im Monate Juli, besonders August, sowie die ersten Tage des Septembers, können sie es mit den interessantesten Vorstellungen (die übrigens zu den Seltenheiten gehören) nicht auf die Kosten bringen. Die Regierung

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/45
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/45>, abgerufen am 22.07.2024.