Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.man gehörig erbaut davon. Herr Bucharen hatte schon lange vor der Aus¬ Man hat auch, und vielleicht ebenfalls nicht ohne ,allen Grund, behaup¬ Als eine Ironie auf alles, was sich jetzt in der Welt zuträgt, als ein Unsre nichtpolitischen Zustande werden von den politischen stark beeinflußt, Gcenzdvle", IV. lUSt. 33
man gehörig erbaut davon. Herr Bucharen hatte schon lange vor der Aus¬ Man hat auch, und vielleicht ebenfalls nicht ohne ,allen Grund, behaup¬ Als eine Ironie auf alles, was sich jetzt in der Welt zuträgt, als ein Unsre nichtpolitischen Zustande werden von den politischen stark beeinflußt, Gcenzdvle», IV. lUSt. 33
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0281" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98595"/> <p xml:id="ID_898" prev="#ID_897"> man gehörig erbaut davon. Herr Bucharen hatte schon lange vor der Aus¬<lb/> weisung dem englischen Cabinet angekündigt, daß er eine Urlaubsreise nach<lb/> seinem Vaterlande antreten wolle und er machte auch kein Hehl daraus, daß<lb/> es sich hierbei nicht um eine bloße Vergnügungsreise handle. Daß England<lb/> wirklich incognito die Hauptrolle in diesem polirischen Zwischendrama spiele,<lb/> scheint aus dem Umstände hervorzugehen, daß Frankreich die Beleidigung sei¬<lb/> nes Consuls in San Francisco nicht zum Anlaß eines Conflicts genom¬<lb/> men hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_899"> Man hat auch, und vielleicht ebenfalls nicht ohne ,allen Grund, behaup¬<lb/> ten wollen, daß England aus den Vorgängen in Spanien und aus der Hal¬<lb/> tung Esparteros Anlaß zu Mißvergnügen mit der amerikanischen ebensogut<lb/> wie mit der spanischen Negierung geschöpft habe. Espartero scheint in der<lb/> That ein unabhängigeres Betragen angenommen zu haben, als in England<lb/> gewünscht wird. Die Aussöhnung des Marschall Narvaez mit der Königin<lb/> Christine hat die gegenwärtige Regierung in Spanien gestärkt, und, gleichviel<lb/> ob mit Recht oder Unrecht, der Königin Jsabella viele Feinde geschaffen, wäh¬<lb/> rend Espartero und sein Anhang im Ministerium, um größere Gewalt in die<lb/> Hände zu bekommen, den Entschluß gefaßt haben, sich den Cortes anscheinend<lb/> ganz unterzuordnen und diesen ihre Aufgabe als Constituante durch keine<lb/> Schranke zu vermindern. ÖDonnel ist durch die Freundschaft Narvaez mit<lb/> Christinen dem Herzog von Vittoria natürlich näher gebracht, und man fragt<lb/> sich mit Recht, ob uns nicht wieder eine neue Ueberraschung bevorstehe. Es<lb/> ist auch nfcht unwahrscheinlich, daß das Lager im Süden Frankreichs, welches<lb/> nun als ein permanentes organisirt werden soll, in Voraussicht gewisser Even¬<lb/> tualitäten über den Winter beisammcnbkibt. Der Zusammenhang der spani¬<lb/> schen Zustände, des amerikanisch-europäischen Conflictes mit der großen eu¬<lb/> ropäischen Krise mag vorderhand noch nicht eristiien, allein es kann kaum<lb/> bezweifelt werden, daß ein solcher leicht herzustellen wäre. , '</p><lb/> <p xml:id="ID_900"> Als eine Ironie auf alles, was sich jetzt in der Welt zuträgt, als ein<lb/> rührendes Idyll mitten im blutigen Drama erscheint uns das nach Rom be¬<lb/> rufene Concilium zur Feststellung des Dogmas von der unbefleckten Con¬<lb/> ception der Jungfrau Maria. Welche Grundsätze den päpstlichen Stuhl<lb/> leiten, konnten wir dabei aus dem.Umstände erkennen, daß der Erzoischvf von<lb/> Paris keine Einladung zu dieser Bischofsversammlung erhallen halte. Die<lb/> Partei des Univers, die katholische Kreuzzeitungspartei, halt dort die Zügel<lb/> fest in ihrer Hand, und selbst die sranzösiiche Regierung konnte unter den<lb/> großen politischen Vorgängen, die im Vorgrunde stehen, nicht ganz das Be¬<lb/> deutsame dieser Verhältnisse, übersehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_901" next="#ID_902"> Unsre nichtpolitischen Zustande werden von den politischen stark beeinflußt,<lb/> weil sich .die Minister in allen nichtpolitischen Beziehungen so ziemlich selbst</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Gcenzdvle», IV. lUSt. 33</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0281]
man gehörig erbaut davon. Herr Bucharen hatte schon lange vor der Aus¬
weisung dem englischen Cabinet angekündigt, daß er eine Urlaubsreise nach
seinem Vaterlande antreten wolle und er machte auch kein Hehl daraus, daß
es sich hierbei nicht um eine bloße Vergnügungsreise handle. Daß England
wirklich incognito die Hauptrolle in diesem polirischen Zwischendrama spiele,
scheint aus dem Umstände hervorzugehen, daß Frankreich die Beleidigung sei¬
nes Consuls in San Francisco nicht zum Anlaß eines Conflicts genom¬
men hat.
Man hat auch, und vielleicht ebenfalls nicht ohne ,allen Grund, behaup¬
ten wollen, daß England aus den Vorgängen in Spanien und aus der Hal¬
tung Esparteros Anlaß zu Mißvergnügen mit der amerikanischen ebensogut
wie mit der spanischen Negierung geschöpft habe. Espartero scheint in der
That ein unabhängigeres Betragen angenommen zu haben, als in England
gewünscht wird. Die Aussöhnung des Marschall Narvaez mit der Königin
Christine hat die gegenwärtige Regierung in Spanien gestärkt, und, gleichviel
ob mit Recht oder Unrecht, der Königin Jsabella viele Feinde geschaffen, wäh¬
rend Espartero und sein Anhang im Ministerium, um größere Gewalt in die
Hände zu bekommen, den Entschluß gefaßt haben, sich den Cortes anscheinend
ganz unterzuordnen und diesen ihre Aufgabe als Constituante durch keine
Schranke zu vermindern. ÖDonnel ist durch die Freundschaft Narvaez mit
Christinen dem Herzog von Vittoria natürlich näher gebracht, und man fragt
sich mit Recht, ob uns nicht wieder eine neue Ueberraschung bevorstehe. Es
ist auch nfcht unwahrscheinlich, daß das Lager im Süden Frankreichs, welches
nun als ein permanentes organisirt werden soll, in Voraussicht gewisser Even¬
tualitäten über den Winter beisammcnbkibt. Der Zusammenhang der spani¬
schen Zustände, des amerikanisch-europäischen Conflictes mit der großen eu¬
ropäischen Krise mag vorderhand noch nicht eristiien, allein es kann kaum
bezweifelt werden, daß ein solcher leicht herzustellen wäre. , '
Als eine Ironie auf alles, was sich jetzt in der Welt zuträgt, als ein
rührendes Idyll mitten im blutigen Drama erscheint uns das nach Rom be¬
rufene Concilium zur Feststellung des Dogmas von der unbefleckten Con¬
ception der Jungfrau Maria. Welche Grundsätze den päpstlichen Stuhl
leiten, konnten wir dabei aus dem.Umstände erkennen, daß der Erzoischvf von
Paris keine Einladung zu dieser Bischofsversammlung erhallen halte. Die
Partei des Univers, die katholische Kreuzzeitungspartei, halt dort die Zügel
fest in ihrer Hand, und selbst die sranzösiiche Regierung konnte unter den
großen politischen Vorgängen, die im Vorgrunde stehen, nicht ganz das Be¬
deutsame dieser Verhältnisse, übersehen.
Unsre nichtpolitischen Zustande werden von den politischen stark beeinflußt,
weil sich .die Minister in allen nichtpolitischen Beziehungen so ziemlich selbst
Gcenzdvle», IV. lUSt. 33
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