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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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würden ausgesehen haben. Vollends in der fünften Romanze wird man darüber
klar, daß der Dichter nicht ein römischer ist; er läßt den Papst Leo X. folgende
Rede an seine Kardinäle halten:


O ihr geliebten Söhne
Wie ist das Herz mir schwer,
Ich schwor's bet Christi Thräne
Mein Seckel. der ist leer.
Ja, leer ist nun der Seckel,
Kein Scudi blieb darin,
Das arge "Mene kekek",
DaS liegt mir schwer im Sir".
Das böse "Mene kekek"
Raubt alle Ruh mir schier.
Wie füllen wir den Seckel?
Ihr Söhne rathet mir. >

Als nun die Söhne keinen Rath wissen, fährt der heilige Vater folgender¬
maßen fort:


Daß ich der Sunde Steuer',
Das ist mein heilig Amt.
Und hab' ich nicht zum Feuer
Sie redlich stets verdammt?
Ihr Steuer" nicht alleine,
Wie ich bisher gethan,
Besteuern allgemeine
Will ich sie nun fortan!
Ja, wißt, die Sünder will ich
Belegen all' mit Zoll,
Das ist nicht mehr denn billig,
So wird der Seckel voll!

und so wird denn noch weiter die römische Klerisei zu Ehren der Reformation und
mit der schicklichen Begeisterung für die Vorläufer derselben aufs tapferste gegeißelt.--

Zwei Rosen oder das hohe Lied der Liebe. Von Julius Sturm/ Leipzig,
Brockhaus. -- Gedichte von Julius Sturm. Zweite Auflage. Leipzig, Brock¬
haus. -- Die Gedichte des Herrn Sturm haben, wie schon die zweite Auflage bezeugt,
im Publicum einen großen Anklang gefunden, vor allem wol wegen der anspruchs¬
losen Haltung und der Gemüthlichkeit, die sich nie verleugnet. Die neue Samm¬
lung, die ihren Stoff aus dem hohen Lied nimmt, ihn aber frei verarbeitet, zeich¬
net sich dnrch Innigkeit der Empfindung, durch melodischen Wohlklang und durch
Beschndenhett in den Bildern aus; was hier um so anerkennenswerter ist. da das
Vorhut le,ehe zu Uebertreibungen führt. Ein eigentlicher Schwung ist in diesen
Gedichten nicht zu suchen. -- ^ / / u ,

Gedichte von Hermann Kette. Berlin. Schneider. - Die Gedichte sind
recht anmuthig und anspruchslos. Es klingen wol allerlei Tonweisen früherer Dich¬
ter durch, aber der Versasser hat doch Inhalt genug, undankbare Leser harmlos zu
beschäftigen. --

Album aus dem Wupperthale. Herausgegeben vom Maler I. Richard
Seel. Barmer. Langewieschc. -- Beiträge zu dieser Sammlung haben folgende Dichter
geliefert: Adolph Schnees. G. Reinhart. Emil Ritterhaus. Carl Georg. Carl
Sichel. L. Wiese. Friedrich Roeber. Der Herausgeber selbst hat einige musika¬
lische Beiträge geliefert. Die Gedichte sind sehr gemischten Inhalts. Ein eigentlich


10*

würden ausgesehen haben. Vollends in der fünften Romanze wird man darüber
klar, daß der Dichter nicht ein römischer ist; er läßt den Papst Leo X. folgende
Rede an seine Kardinäle halten:


O ihr geliebten Söhne
Wie ist das Herz mir schwer,
Ich schwor's bet Christi Thräne
Mein Seckel. der ist leer.
Ja, leer ist nun der Seckel,
Kein Scudi blieb darin,
Das arge „Mene kekek",
DaS liegt mir schwer im Sir».
Das böse „Mene kekek"
Raubt alle Ruh mir schier.
Wie füllen wir den Seckel?
Ihr Söhne rathet mir. >

Als nun die Söhne keinen Rath wissen, fährt der heilige Vater folgender¬
maßen fort:


Daß ich der Sunde Steuer',
Das ist mein heilig Amt.
Und hab' ich nicht zum Feuer
Sie redlich stets verdammt?
Ihr Steuer» nicht alleine,
Wie ich bisher gethan,
Besteuern allgemeine
Will ich sie nun fortan!
Ja, wißt, die Sünder will ich
Belegen all' mit Zoll,
Das ist nicht mehr denn billig,
So wird der Seckel voll!

und so wird denn noch weiter die römische Klerisei zu Ehren der Reformation und
mit der schicklichen Begeisterung für die Vorläufer derselben aufs tapferste gegeißelt.—

Zwei Rosen oder das hohe Lied der Liebe. Von Julius Sturm/ Leipzig,
Brockhaus. — Gedichte von Julius Sturm. Zweite Auflage. Leipzig, Brock¬
haus. — Die Gedichte des Herrn Sturm haben, wie schon die zweite Auflage bezeugt,
im Publicum einen großen Anklang gefunden, vor allem wol wegen der anspruchs¬
losen Haltung und der Gemüthlichkeit, die sich nie verleugnet. Die neue Samm¬
lung, die ihren Stoff aus dem hohen Lied nimmt, ihn aber frei verarbeitet, zeich¬
net sich dnrch Innigkeit der Empfindung, durch melodischen Wohlklang und durch
Beschndenhett in den Bildern aus; was hier um so anerkennenswerter ist. da das
Vorhut le,ehe zu Uebertreibungen führt. Ein eigentlicher Schwung ist in diesen
Gedichten nicht zu suchen. — ^ / / u ,

Gedichte von Hermann Kette. Berlin. Schneider. - Die Gedichte sind
recht anmuthig und anspruchslos. Es klingen wol allerlei Tonweisen früherer Dich¬
ter durch, aber der Versasser hat doch Inhalt genug, undankbare Leser harmlos zu
beschäftigen. —

Album aus dem Wupperthale. Herausgegeben vom Maler I. Richard
Seel. Barmer. Langewieschc. — Beiträge zu dieser Sammlung haben folgende Dichter
geliefert: Adolph Schnees. G. Reinhart. Emil Ritterhaus. Carl Georg. Carl
Sichel. L. Wiese. Friedrich Roeber. Der Herausgeber selbst hat einige musika¬
lische Beiträge geliefert. Die Gedichte sind sehr gemischten Inhalts. Ein eigentlich


10*
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/83>, abgerufen am 09.11.2024.