Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.solchen Speiseirrgarten und hören jemand ein Fricandeau verlangen, und In neuester Zeit sind die englischen Tavernen aufgekommen. Diese em¬ Die Tables tHote in den Gasthäusern sind in der Regel schlecht -- nM solchen Speiseirrgarten und hören jemand ein Fricandeau verlangen, und In neuester Zeit sind die englischen Tavernen aufgekommen. Diese em¬ Die Tables tHote in den Gasthäusern sind in der Regel schlecht — nM <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0482" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/281633"/> <p xml:id="ID_1452" prev="#ID_1451"> solchen Speiseirrgarten und hören jemand ein Fricandeau verlangen, und<lb/> wäre es auch im reinsten Französisch, Sie können einen Eid darauf leisten,<lb/> daß sie es mit einem Provinzialisten zu thun haben. Was diese heillose<lb/> Wirthschaft vollends bezeichnet, ist, daß das obligate Trinkgeld, das Sie dem<lb/> Gar^vn geben, vom Eigenthümer getheilt wird. Sie können also nicht einmal<lb/> durch Bestechung zu einer leidlichen Speise gelangen. Der Garyon empfiehlt<lb/> alles und er hat recht, wer einmal in diese Falle gerathen, dem kann alles<lb/> gleich sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1453"> In neuester Zeit sind die englischen Tavernen aufgekommen. Diese em¬<lb/> pfehlen sich von vielen Seiten — aber man steigere seine Anforderungen nicht<lb/> so hoch, ein Stück Fleisch wie in einem englischen Speisehause zu erwarten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1454" next="#ID_1455"> Die Tables tHote in den Gasthäusern sind in der Regel schlecht — nM<lb/> die zu fünf Franken können sich mit den deutschen messen. Doch gibt es<lb/> einige wenige zu drei Franken, wie das im Hotel Mirabeau in der Rue de<lb/> la Pair, die empfehlenswerih sind. Nach diesen flüchtigen Andeutungen wird<lb/> der Leser beurtheilen können, welches Verdienst um die hungrige Menschheit<lb/> sich Girardin und seine aastronomische Gesellschaft erwerben, wenn sie ihr<lb/> Programm redlich einHallen. Das Diner de Paris und das Diner europie»,<lb/> wo man für drei und viertehalb Franken speist, sind wol leidlich, aber die<lb/> Einrichtung ist unerquicklich. Es hat etwas Eiliges, wie das Ostermahl der<lb/> Juren vor dem Unfuge von Aegypten. ES erinnert zu sehr an die Mahl¬<lb/> zeiten während der Eisenl ahnpausen. In so mancher Beziehung verdient Paris<lb/> den stolzen Titel der Capitale ve la Civilisation, den es sich anmaßt, aber es g>^<lb/> doch vielleicht keine große Stadt, in der soviele Leute für verhältnißmäßig viel<lb/> Geld schlechter äßen als in Paris. Um hier sehr gut zu essen, muß man auch<lb/> sehr theuer essen oder Girardinö Plan muß eine Wahrheit werden. Für de»<lb/> Fremden hat das Treiben in den Speisehäusern an und für sich Interesse<lb/> und läßt ihn mant)eS vergessen. Die Schnelligkeit, mit der die complicirtesten<lb/> Speisen fertig werden, die (äußerlich) geschmackvolle Zubereitung, die verfüh¬<lb/> rerischen Cabinets particuliers, alles das hat seinen Reiz, vorzüglich für die<lb/> Paul de Kock gesättigte Einbildungskraft der Bewohner jenseits des Rheins<lb/> Wer aber in ein Cabinet particulier tritt, das wieder nicht zu verwechseln ist<lb/> mit dem Cabinet de Sonett, ter verzichte auf allzuscharfe Kritik. Ins Cabiin't<lb/> particulier gehören blos die Omelettes truffies, jene Pirouetten der französisch^,<lb/> Kochkunst, die getrüffelten Speisen jeder Sorte, die gewürzten Schüsseln, d>e<lb/> prickelnden Weine und all das Zubehör, welches dem guten Willen zu H>^'<lb/> kommt, denn hier ist der Divan der einzige plat 6« veritunolz. Wir wolle»<lb/> unsre gastronomische Orientirung nicht schließen, ohne dem deutschen Reisenden<lb/> einen guten Rath zu geben. Sowie man in den Restaurant tritt, muß jede<lb/> Scheu vor Sprechfehlern abgelegt werden. Man bekenne seine Unwissenheit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0482]
solchen Speiseirrgarten und hören jemand ein Fricandeau verlangen, und
wäre es auch im reinsten Französisch, Sie können einen Eid darauf leisten,
daß sie es mit einem Provinzialisten zu thun haben. Was diese heillose
Wirthschaft vollends bezeichnet, ist, daß das obligate Trinkgeld, das Sie dem
Gar^vn geben, vom Eigenthümer getheilt wird. Sie können also nicht einmal
durch Bestechung zu einer leidlichen Speise gelangen. Der Garyon empfiehlt
alles und er hat recht, wer einmal in diese Falle gerathen, dem kann alles
gleich sein.
In neuester Zeit sind die englischen Tavernen aufgekommen. Diese em¬
pfehlen sich von vielen Seiten — aber man steigere seine Anforderungen nicht
so hoch, ein Stück Fleisch wie in einem englischen Speisehause zu erwarten.
Die Tables tHote in den Gasthäusern sind in der Regel schlecht — nM
die zu fünf Franken können sich mit den deutschen messen. Doch gibt es
einige wenige zu drei Franken, wie das im Hotel Mirabeau in der Rue de
la Pair, die empfehlenswerih sind. Nach diesen flüchtigen Andeutungen wird
der Leser beurtheilen können, welches Verdienst um die hungrige Menschheit
sich Girardin und seine aastronomische Gesellschaft erwerben, wenn sie ihr
Programm redlich einHallen. Das Diner de Paris und das Diner europie»,
wo man für drei und viertehalb Franken speist, sind wol leidlich, aber die
Einrichtung ist unerquicklich. Es hat etwas Eiliges, wie das Ostermahl der
Juren vor dem Unfuge von Aegypten. ES erinnert zu sehr an die Mahl¬
zeiten während der Eisenl ahnpausen. In so mancher Beziehung verdient Paris
den stolzen Titel der Capitale ve la Civilisation, den es sich anmaßt, aber es g>^
doch vielleicht keine große Stadt, in der soviele Leute für verhältnißmäßig viel
Geld schlechter äßen als in Paris. Um hier sehr gut zu essen, muß man auch
sehr theuer essen oder Girardinö Plan muß eine Wahrheit werden. Für de»
Fremden hat das Treiben in den Speisehäusern an und für sich Interesse
und läßt ihn mant)eS vergessen. Die Schnelligkeit, mit der die complicirtesten
Speisen fertig werden, die (äußerlich) geschmackvolle Zubereitung, die verfüh¬
rerischen Cabinets particuliers, alles das hat seinen Reiz, vorzüglich für die
Paul de Kock gesättigte Einbildungskraft der Bewohner jenseits des Rheins
Wer aber in ein Cabinet particulier tritt, das wieder nicht zu verwechseln ist
mit dem Cabinet de Sonett, ter verzichte auf allzuscharfe Kritik. Ins Cabiin't
particulier gehören blos die Omelettes truffies, jene Pirouetten der französisch^,
Kochkunst, die getrüffelten Speisen jeder Sorte, die gewürzten Schüsseln, d>e
prickelnden Weine und all das Zubehör, welches dem guten Willen zu H>^'
kommt, denn hier ist der Divan der einzige plat 6« veritunolz. Wir wolle»
unsre gastronomische Orientirung nicht schließen, ohne dem deutschen Reisenden
einen guten Rath zu geben. Sowie man in den Restaurant tritt, muß jede
Scheu vor Sprechfehlern abgelegt werden. Man bekenne seine Unwissenheit
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