Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.entzieht und da in der Billigung wie iii der Mißbilligung ein kritisches Was zu wünschen ist, ihr unten fiihll es; Herausgegeben von Gustav ssreytag und Julian Schmidt. Ale verantwort". Redacteur legitimirt: F. W. Grnnow. -- Verlag von F. L. Herbig >n Leipzig. Druck von C. V. Elbert in Leipzig. entzieht und da in der Billigung wie iii der Mißbilligung ein kritisches Was zu wünschen ist, ihr unten fiihll es; Herausgegeben von Gustav ssreytag und Julian Schmidt. Ale verantwort«. Redacteur legitimirt: F. W. Grnnow. — Verlag von F. L. Herbig >n Leipzig. Druck von C. V. Elbert in Leipzig. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0328" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/281479"/> <p xml:id="ID_990" prev="#ID_989"> entzieht und da in der Billigung wie iii der Mißbilligung ein kritisches<lb/> Moment enthalten ist. Aber in diesem Fall fordert das erschütternde Ereigniß, das<lb/> uns so herbe an die Vergänglichkeit alles Irdischen erinnert, nothwendig zu einer<lb/> Betrachtung aus, bei der ein Eingehen auf die Persönlichkeit des Königs nicht ver¬<lb/> mieden werden kann. In den letzten Jahren geriethen die Leidenschaften in eine<lb/> so gewaltsame Aufregung, daß sie jedes Maß im Urtheil auszuschließen schienen.<lb/> Ans allen Seiten war man geneigt, dem politischen Mißverhältniß eine moralische<lb/> Grundlage zu geben, und als böse zu verurtheilen, was dem augenblicklichen Ideal<lb/> widerstrebte. Und doch hat in dieser Zeit der blinden Aufregung kein Feind des<lb/> Königthums es gewagt, auf den Ruf dieses Königs einen Makel zu werfen. Die<lb/> Bezeichnungen, die wir ihm gegeben haben, sind durch die Stimme des gesammten<lb/> Volkes bekräftigt. Nehmen wir hinzu, daß er zur Regierung eines Staats berufen<lb/> war, der, in seinem Innern festgefügt und geordnet, nach außen hin geachtet und<lb/> ohne Feinde und Neider, was in seinen Einrichtungen etwa noch unzweckmäßig<lb/> war, in naturgemäßer Entwicklung zu beseitigen hoffen durste; eines Volks, das<lb/> seit den ältesten Zeiten sich des guten Nuss der Mäßigung und Besonnenheit erfreut<lb/> hat: — wer hätte einer solchen Regierung nicht den segensreichsten Erfolg, die un¬<lb/> getrübteste Befriedigung verheißen ? Und doch waltet über dem Loose der Menschen<lb/> noch eine dunkle Macht, die über das planvolle Wirken des einzelnen hinausgeht,<lb/> die sich dem Verständniß entzieht. Die friedliche Hauptstadt von Sachsen wurde in<lb/> den Tagen der Entscheidung der Schauplatz eines blutigen Bürgerkriegs, an dessen<lb/> Nachwehen wir noch immer leiden. An wem lag die Schuld? War das sächsische<lb/> Volt böswilliger als die andern deutschen Stämme? Hatte die sächsische Regierung<lb/> sich schroffer den Anforderungen des Volks entgegengestellt als eine andere? Oder<lb/> hatte sie umgekehrt in blinder Furcht dem augenblicklichen Wellenschlag der öffent¬<lb/> lichen Meinung Folge geleistet, uneingedenk der Zukunft? — Keines von allen<lb/> dreien war der Fall. Es kamen Umstände in das Spiel, über welche der gute<lb/> Wille des Einzelnen nicht gebot. — Wir wollen hoffen, daß die neue Negierung<lb/> sich eines glücklichern Sternes erfreuen wird; aber an Parteiungen wird es auch<lb/> hier nicht schien, und so mochten wir denn allen Parteien zurufen: daß, so ernst<lb/> es ihnen um ihre Zwecke ist, so heilig ihnen ihre Bestrebungen scheinen, sie doch<lb/> niemals jeuer verborgenen Macht vergessen sollen, die ihnen alles unbedingte<lb/> Streben untersagt, die auch der Leidenschaft des Idealismus Maß und Scheu<lb/> gebietet.</p><lb/> <quote> Was zu wünschen ist, ihr unten fiihll es;<lb/> Was zu geben sei, die wissen's droben.<lb/> Groß beginnet ihr Titanen; aber leiten<lb/> Zu dem ewig Gute», ewig Schonen,<lb/> Ist der Götter Wert; die laßt gewähren.</quote><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Herausgegeben von Gustav ssreytag und Julian Schmidt.<lb/> Ale verantwort«. Redacteur legitimirt: F. W. Grnnow. — Verlag von F. L. Herbig<lb/> >n Leipzig.<lb/> Druck von C. V. Elbert in Leipzig.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0328]
entzieht und da in der Billigung wie iii der Mißbilligung ein kritisches
Moment enthalten ist. Aber in diesem Fall fordert das erschütternde Ereigniß, das
uns so herbe an die Vergänglichkeit alles Irdischen erinnert, nothwendig zu einer
Betrachtung aus, bei der ein Eingehen auf die Persönlichkeit des Königs nicht ver¬
mieden werden kann. In den letzten Jahren geriethen die Leidenschaften in eine
so gewaltsame Aufregung, daß sie jedes Maß im Urtheil auszuschließen schienen.
Ans allen Seiten war man geneigt, dem politischen Mißverhältniß eine moralische
Grundlage zu geben, und als böse zu verurtheilen, was dem augenblicklichen Ideal
widerstrebte. Und doch hat in dieser Zeit der blinden Aufregung kein Feind des
Königthums es gewagt, auf den Ruf dieses Königs einen Makel zu werfen. Die
Bezeichnungen, die wir ihm gegeben haben, sind durch die Stimme des gesammten
Volkes bekräftigt. Nehmen wir hinzu, daß er zur Regierung eines Staats berufen
war, der, in seinem Innern festgefügt und geordnet, nach außen hin geachtet und
ohne Feinde und Neider, was in seinen Einrichtungen etwa noch unzweckmäßig
war, in naturgemäßer Entwicklung zu beseitigen hoffen durste; eines Volks, das
seit den ältesten Zeiten sich des guten Nuss der Mäßigung und Besonnenheit erfreut
hat: — wer hätte einer solchen Regierung nicht den segensreichsten Erfolg, die un¬
getrübteste Befriedigung verheißen ? Und doch waltet über dem Loose der Menschen
noch eine dunkle Macht, die über das planvolle Wirken des einzelnen hinausgeht,
die sich dem Verständniß entzieht. Die friedliche Hauptstadt von Sachsen wurde in
den Tagen der Entscheidung der Schauplatz eines blutigen Bürgerkriegs, an dessen
Nachwehen wir noch immer leiden. An wem lag die Schuld? War das sächsische
Volt böswilliger als die andern deutschen Stämme? Hatte die sächsische Regierung
sich schroffer den Anforderungen des Volks entgegengestellt als eine andere? Oder
hatte sie umgekehrt in blinder Furcht dem augenblicklichen Wellenschlag der öffent¬
lichen Meinung Folge geleistet, uneingedenk der Zukunft? — Keines von allen
dreien war der Fall. Es kamen Umstände in das Spiel, über welche der gute
Wille des Einzelnen nicht gebot. — Wir wollen hoffen, daß die neue Negierung
sich eines glücklichern Sternes erfreuen wird; aber an Parteiungen wird es auch
hier nicht schien, und so mochten wir denn allen Parteien zurufen: daß, so ernst
es ihnen um ihre Zwecke ist, so heilig ihnen ihre Bestrebungen scheinen, sie doch
niemals jeuer verborgenen Macht vergessen sollen, die ihnen alles unbedingte
Streben untersagt, die auch der Leidenschaft des Idealismus Maß und Scheu
gebietet.
Was zu wünschen ist, ihr unten fiihll es;
Was zu geben sei, die wissen's droben.
Groß beginnet ihr Titanen; aber leiten
Zu dem ewig Gute», ewig Schonen,
Ist der Götter Wert; die laßt gewähren.
Herausgegeben von Gustav ssreytag und Julian Schmidt.
Ale verantwort«. Redacteur legitimirt: F. W. Grnnow. — Verlag von F. L. Herbig
>n Leipzig.
Druck von C. V. Elbert in Leipzig.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |