Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.Berg mit einem senkrecht aufgesetzten steinernen Kranze schließt. Omer Pascha Der Arabadschi oder Kutscher des Wagens, in welchem ich fuhr, war ein Das Verhältniß der Sklaven zu den Herrn ist in der ganzen Türkei ein Berg mit einem senkrecht aufgesetzten steinernen Kranze schließt. Omer Pascha Der Arabadschi oder Kutscher des Wagens, in welchem ich fuhr, war ein Das Verhältniß der Sklaven zu den Herrn ist in der ganzen Türkei ein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0200" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/281351"/> <p xml:id="ID_628" prev="#ID_627"> Berg mit einem senkrecht aufgesetzten steinernen Kranze schließt. Omer Pascha<lb/> hat daher ganz recht, wenn er behauptet: dieses Gebirge wäre dasjenige in<lb/> Europa, welches die bei weitem meisten Positionen bietet. Um eins der be¬<lb/> schriebenen Plateaus zu einer großen, haltbaren Naturfestung umzuwandeln,<lb/> bedarf es nur einer geringen Nachhilfe seitens der Befestigungskunst; indeß<lb/> ist dabei nicht zu vergessen, daß man auf diesen Höhen zwar defensiv stark, weit<lb/> weniger aber für die Offensive befähigt ist, weil der Feind, wenn es wenige<lb/> Pfade für ihn gibt, um hinaufzukommen, auch geringere Mühe haben wird,<lb/> um das Herabkommen des Vertheidigers von oben in die Tiefe zu hindern.<lb/> Die einzige unter den von mir besichtigten Stellungen, welche die Möglichkeit<lb/> einer zähen Vertheidigung mit der eines raschen Ueberganges in die Offensive<lb/> verbindet, ist Schumla, aber es muß eingestanden werden, daß es andere gibt,<lb/> die in rein defensiver Hinsicht unbestritten mehr leisten.</p><lb/> <p xml:id="ID_629"> Der Arabadschi oder Kutscher des Wagens, in welchem ich fuhr, war ein<lb/> Mohr und gehörte dem Hause in Schumla an, wo wir während unsres<lb/> Aufenthaltes daselbst gewohnt hatten. Nicht eine Viertelstunde verging, wo<lb/> nicht ein Stück am Geschirr der Pferde zerriß, oder irgend etwas am Wagen<lb/> zerbrach. Jedesmal sprang der Schwarze behend vom Bock herunter, hielt die<lb/> Pferde an und band oder zimmerte mit Hammer und Beil einige Minuten<lb/> lang, worauf die Reise ihren weitem Fortgang nahm. Seine Muttersprache<lb/> war, wie er sagte, arabisch; er hatte aber das Türkische bei seinem Herrn, dem<lb/> er als Sklave diente, und dessen Lob er, in allen Tonarten sang, gelernt.</p><lb/> <p xml:id="ID_630" next="#ID_631"> Das Verhältniß der Sklaven zu den Herrn ist in der ganzen Türkei ein<lb/> bei weitem humaneres, als man bei uns meistens voraussetzt. Der Ausdruck<lb/> Aba (Sklave) kann ebensowol Diener heißen. Der Sultan selbst führt ihn<lb/> in seinem Namen. (Abd-ni-Medschid, d. h. Sklave oder Diener der Andacht).<lb/> Soweit meine Beobachtungen reichen, werden die Sklaven von den Besitzern<lb/> im allgemeinen wie Glieder ihrer Familie behandelt. Dieses gibt sich in dem<lb/> Namen kund, die man ihnen gibt, und unter denen Idris und Mardjan<lb/> (die Perle, das Kleinod) am meisten vorkommen. Im Koran finden sich<lb/> mancherlei Stellen, in denen dem Muselmann ausdrücklich anempfohlen wird,<lb/> ihre Sklaven gut und wie Kinder des Hauses zu halten. Größer als die<lb/> Anzahl der männlichen Sklaven ist die Zahl der Sklavinnen. Eine Hausfrau<lb/> pflegt deren vier zu haben, wenn anders sie irgend im Stande ist, ihren<lb/> Unterhalt zu bestreiten. Es ist zumeist ihre Sache, die Wäsche zu besorgen,<lb/> die Speisen zu bereiten, Kleider anzufertigen und zu reinigen, das Haus zu<lb/> fegen. Der Familienvater rechnet sie seinem Harem zu, und steht zu ihnen<lb/> ganz in dem Verhältniß eines Ehemanns, mit dem einzigen Unterschied, daß<lb/> sie den Namen Frau (Hannum) nicht führen, im Gegentheil dieser dienstbar<lb/> sind. Bemerkenswerth ist dabei, daß, im Fall der Hausherr in kein Verhältniß</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0200]
Berg mit einem senkrecht aufgesetzten steinernen Kranze schließt. Omer Pascha
hat daher ganz recht, wenn er behauptet: dieses Gebirge wäre dasjenige in
Europa, welches die bei weitem meisten Positionen bietet. Um eins der be¬
schriebenen Plateaus zu einer großen, haltbaren Naturfestung umzuwandeln,
bedarf es nur einer geringen Nachhilfe seitens der Befestigungskunst; indeß
ist dabei nicht zu vergessen, daß man auf diesen Höhen zwar defensiv stark, weit
weniger aber für die Offensive befähigt ist, weil der Feind, wenn es wenige
Pfade für ihn gibt, um hinaufzukommen, auch geringere Mühe haben wird,
um das Herabkommen des Vertheidigers von oben in die Tiefe zu hindern.
Die einzige unter den von mir besichtigten Stellungen, welche die Möglichkeit
einer zähen Vertheidigung mit der eines raschen Ueberganges in die Offensive
verbindet, ist Schumla, aber es muß eingestanden werden, daß es andere gibt,
die in rein defensiver Hinsicht unbestritten mehr leisten.
Der Arabadschi oder Kutscher des Wagens, in welchem ich fuhr, war ein
Mohr und gehörte dem Hause in Schumla an, wo wir während unsres
Aufenthaltes daselbst gewohnt hatten. Nicht eine Viertelstunde verging, wo
nicht ein Stück am Geschirr der Pferde zerriß, oder irgend etwas am Wagen
zerbrach. Jedesmal sprang der Schwarze behend vom Bock herunter, hielt die
Pferde an und band oder zimmerte mit Hammer und Beil einige Minuten
lang, worauf die Reise ihren weitem Fortgang nahm. Seine Muttersprache
war, wie er sagte, arabisch; er hatte aber das Türkische bei seinem Herrn, dem
er als Sklave diente, und dessen Lob er, in allen Tonarten sang, gelernt.
Das Verhältniß der Sklaven zu den Herrn ist in der ganzen Türkei ein
bei weitem humaneres, als man bei uns meistens voraussetzt. Der Ausdruck
Aba (Sklave) kann ebensowol Diener heißen. Der Sultan selbst führt ihn
in seinem Namen. (Abd-ni-Medschid, d. h. Sklave oder Diener der Andacht).
Soweit meine Beobachtungen reichen, werden die Sklaven von den Besitzern
im allgemeinen wie Glieder ihrer Familie behandelt. Dieses gibt sich in dem
Namen kund, die man ihnen gibt, und unter denen Idris und Mardjan
(die Perle, das Kleinod) am meisten vorkommen. Im Koran finden sich
mancherlei Stellen, in denen dem Muselmann ausdrücklich anempfohlen wird,
ihre Sklaven gut und wie Kinder des Hauses zu halten. Größer als die
Anzahl der männlichen Sklaven ist die Zahl der Sklavinnen. Eine Hausfrau
pflegt deren vier zu haben, wenn anders sie irgend im Stande ist, ihren
Unterhalt zu bestreiten. Es ist zumeist ihre Sache, die Wäsche zu besorgen,
die Speisen zu bereiten, Kleider anzufertigen und zu reinigen, das Haus zu
fegen. Der Familienvater rechnet sie seinem Harem zu, und steht zu ihnen
ganz in dem Verhältniß eines Ehemanns, mit dem einzigen Unterschied, daß
sie den Namen Frau (Hannum) nicht führen, im Gegentheil dieser dienstbar
sind. Bemerkenswerth ist dabei, daß, im Fall der Hausherr in kein Verhältniß
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